Zinssenkungen: Vieles spricht für September
Auf ihrer Julisitzung hat die EZB ihre Leitzinsen wie erwartet nicht verändert. Der Tonfall fiel ausgewogen aus. Weitere Zinssenkungen im Herbst sind zu erwarten und September bleibt der wahrscheinlichste Termin für den nächsten Schritt. Denn die Inflation dürfte bis dahin weiter sinken.
Auf ihrer heutigen Sitzung hat die EZB ihre Leitzinsen wie erwartet noch nicht weiter gesenkt und sich explizit nicht auf weitere Schritte vorfestgelegt. Damit liegt der für den Finanzmarkt relevante Einlagenzins unverändert bei 3,75%. Das Statement und die Äußerungen von EZB-Präsidentin Lagarde zu Konjunktur und Inflation sind ausgewogen ausgefallen. Die Inflationserwartungen seien weiter fest verankert. Die konjunkturellen Abwärtsrisiken seien gestiegen. Der aktuelle Preisauftrieb sei aber vor allem bei den Dienstleistungen nach wie vor zu hoch. Allerdings werde der Lohnkostendruck schrittweise abnehmen und zunehmend von den Unternehmen durch einen Margenrückgang kompensiert und nicht in vollem Umfang in die Verbraucherpreise weitergegeben. Die Finanzierungskonditionen für die Privatwirtschaft werden weiterhin als restriktiv eingeschätzt. Mit Blick auf die kommende Sitzung bezeichnete Lagarde die Entscheidung als datenabhängig und „sehr offen“.
Aussichten für Anleger
Die EZB dürfte die Zinsen im Herbst schrittweise weiter senken, denn die Konjunktur bleibt schwach. Für einen nächsten Schritt bereits im September spricht, dass dem Rat dann neue Inflationsprognosen vorliegen. Zudem dürfte die Inflationsrate im Vorfeld zumindest temporär in die Nähe des 2%-Ziels sinken. Eine Vorfestlegung wollte die EZB heute dennoch nicht treffen. Dabei dürften die jüngsten Erfahrungen vor der Zinssenkung im Juni eine Rolle gespielt haben, als die Inflation unerwartet wieder angestiegen war. Zudem scheint die Zuversicht etwas abgenommen zu haben, auch die kommenden Zinsentscheidungen ohne große Rücksicht auf globale Entwicklungen treffen und sich bei Bedarf auch deutlich vom Kurs der FED absetzen zu können. Wer möchte, kann hier schon die ersten Folgen eines möglichen Wahlsiegs von Donald Trump für Europa erkennen.
Eyb & Wallwitz/SJ