Unsicherheit belastet Börsen
Unsicherheit ist Gift für die Börsen – das ist die einhellige Meinung von Finanzmarktexperten. Wie sehr sie recht haben, zeigten die vergangenen Tage. Die Handelspolitik von US-Präsident Donald Trump schickte die Märkte auf Talfahrt.
Erst vor ein paar Wochen hatten die Börsen mit dem chinesischen KI-Startup „Deepseek“ einen Brocken zu verdauen. Nun sind weitere Verunsicherungen auf der Zollseite wenig hilfreich. Doch ebenso wie Unsicherheit ist auch Angst an den Börsen ein schlechter Ratgeber, meinen die Experten des Steiermärkische Sparkasse Private Banking – Karl Freidl und Alexander Eberan: „Während die Risiken einer protektionistischen Wirtschaftspolitik zunehmen werden, können immer wieder zusätzliche Chancen entstehen. Für den Anleger bedeutet dies, wachsam und flexibel zu bleiben. Vor allem aber gilt weiterhin die Devise, möglichst breit aufgestellt zu sein und den Fokus auf die langfristigen Wachstumsmöglichkeiten der Märkte zu lenken. Hierfür sind vor allem breit aufgestellte Investmentfonds das Mittel der Wahl.“
Krieg der Zölle
Die Experten weiter: „Zölle haben auf den ersten Blick Vorteile für ein Land wie die USA, da sie Importe aus dem Ausland teurer machen und den Absatz heimischer Produkte bevorzugen. Die heimische Industrie wird geschützt und die höhere Nachfrage generiert Arbeitsplätze oder sichert bestehende ab. Auch wird das Wirtschaftswachstum im eigenen Land gefördert und schafft weiteren Wohlstand. Aber es gibt auch eine Kehrseite dieser Medaille.
Die Einführung neuer Zölle führt bei aggressiver Vorgangsweise zu Vergeltungsmaßnahmen in Form von Gegenzöllen, die bis zu einem regelrechten Handelskrieg ausarten können. Auch können Produkte, die in den USA produziert werden, möglicherweise teurer werden, wenn die Vorleistungen größtenteils importiert werden müssen und somit das Gesamtprodukt teurer wird. In der heutigen Wirtschaftswelt sind die Produktionsketten und Lieferketten derart verschachtelt und komplex, dass Unternehmen oft selbst nicht genau wissen, wie hoch der zu verzollende Anteil eines Produktes wäre. Die Verunsicherung in der Wirtschaft wird somit massiv gefördert. Die Erhöhung der Produktionskosten und die Steigerung der Preise können trotz theoretischer Einmaleffekte solcher Zölle zu einem Ansteigen der Inflationsrate führen.
So ist es nicht verwunderlich, dass die US-Notenbank FED in den letzten Wochen die Hoffnung auf weitere Zinssenkungen deutlich zurückschraubte. Die FED kündigte eine Zinssenkungspause an und will nun abwarten, welche Implikationen die von Trump angekündigten Zölle haben werden. Wenngleich die letzten Konsumentenvertrauensdaten in den USA enttäuschten, so läuft die Wirtschaft in den USA robust und somit ist die Position des Abwartens der FED durchaus nachvollziehbar.“
Neue Chancen an den Börsen
„Ein zusätzlicher Aspekt von Trumps Politik ist sein Streben nach einem Ende des Krieges in der Ukraine, das er mit teils brachialen Methoden erreichen möchte. Trump wäre wohl nicht Trump, wenn er bei einem „Deal“ nicht auch die wirtschaftliche Seite im Auge hätte. Aus einem Friedens- oder Waffenstillstandsabkommen und dem damit in Fahrt kommenden Wiederaufbau in der Ukraine mit geschätzten Kosten von 500 Milliarden US-Dollar würde eine riesige Nachfrage generiert, von der auch viele börsennotierte Unternehmen profitieren würden. Gelingt dieser Prozess nicht und ist Europa mit der Situation in der Ukraine weitgehend auf sich alleine gestellt, sind gewaltige Investitionssummen in Europa notwendig. Diese würden eine hohe Nachfrage und Beschäftigung generieren, erhöhen aber auch den Kapitalbedarf der führenden europäischen Länder, was wiederum die Kapitalzinsen mittelfristig nach oben treiben könnte.“
Steiermärkische Sparkasse/HK