Tourismus: Der Preis ist heiß
Die Zahl der Übernachtungen in Österreich lag in den ersten acht Monaten 2023 noch um 1,5 Prozent unter dem Ergebnis 2019. Die Tourismusumsätze haben hingegen schon im ersten Halbjahr mit 16,2 Milliarden Euro nominell das Vorkrisenniveau wieder erreicht. Angetrieben von hohen Preisen.
Die Leistungen der Gaststätten und Beherbergungsbetriebe in Österreich verteuerten sich bis August 2023 gegenüber dem Vorjahr um 12,6 Prozent. „Bis Jahresende werden die hohen Lebenshaltungskosten und die weitere Konjunkturabkühlung in zentralen Zielmärkten die Reisebereitschaft und die Reiseausgaben der Konsumenten bremsen. Voraussichtlich wird die Branche ihren Rekord von 153 Millionen Nächtigungen aus 2019 erreichen und die Einnahmen von rund 30 Milliarden Euro sogar übertreffen. Preisbereinigt werden die Tourismusumsätze das Vorkrisenniveau aber deutlich verfehlen“, so UniCredit Bank Austria Ökonom Günter Wolf.
Rekord verfehlt
Die Ergebnisse aus 2023 sind eine Fortsetzung der Entwicklung der vergangenen fünfzehn Jahre als Österreichs Tourismus, unterbrochen von den Pandemiejahren, fast kontinuierlich Nachfragerekorde verbuchte. Damit konnten die preisbereinigten Einnahmenzuwächse nicht Schritt halten, die pro Übernachtung seit 2008 sogar gesunken sind. Auch nominell sind die Tourismuseinnahmen pro Übernachtung von 2008 bis 2022 nur um durchschnittlich 1,1 Prozent im Jahr gestiegen, deutlich langsamer als in den zehn Jahren davor mit 2,9 Prozent im Jahr.
Die Entwicklung zeigt, dass es in der Branche in den vergangenen Jahren nur kurzfristig gelungen ist, die schwächeren Einnahmenzuwächse – vor allem infolge kürzerer Aufenthalte und der stärkeren Nachfrage nach Ferienwohnungen – mit der Ansprache neuer, weniger preissensibler Gästesegmente und mit höheren Preisen zu kompensieren. Bis 2008 sind die Einnahmen pro Übernachtung auch preisbereinigt in etwa stabil geblieben, also ein Hinweis darauf, dass damals die Nachfrage erfolgreich in teurere Angebotssegmente umgelenkt werden konnte.
Marktanteile verloren
Der Tourismusstandort Österreich hat weiters weltweit wie in Europa Marktanteile verloren. Die Anteile an den internationalen Gästeankünften im Euroraum sind von 8,7 Prozent 2008 auf 7,7 Prozent 2022 und die Anteile an den nominellen Einnahmen von 6,5 Prozent auf 5,9 Prozent gesunken. Zum Teil sind die Anteilsverluste sicher auch die Folge der Verteuerung des touristischen Angebots in Österreich, das heißt dem Verlust an preislicher Wettbewerbsfähigkeit, der nicht mit Qualitätssteigerungen ausgeglichen werden konnte. Letztendlich wird die Entscheidung, wohin und mit welchem Verkehrsmittel Reisen unternommen werden, noch immer wesentlich von den Preisrelationen der Angebote beeinflusst.
Von 2008 bis 2022 sind die Leistungen der Gaststätten und Beherbergungsbetriebe in Österreich um durchschnittlich 3,2 Prozent und im Euroraum um 2,1 Prozent im Jahr teurer geworden. Trotz der starken Verteuerung des Angebots lag das Preisniveau des heimischen Tourismus 2022 noch im europäischen Mittelfeld beziehungsweise nur um 6 Prozent über dem EU-Durchschnitt. In allen größeren Destinationen mit mehr Nächtigungen als in Österreich wurden die Tourismusdienstleistungen im Vorjahr nur in Spanien und Griechenland, jeweils um rund 20 Prozent, und in der Türkei um fast 60 Prozent billiger als hierzulande angeboten.
Luft nach oben
Die Analyse der Preisentwicklung zeigt, dass der wesentliche Teil des Preisanstiegs im Tourismussektor vom Gastgewerbe stammt. Die Branche trägt 75 Prozent zum gesamten Sektorpreisniveau bei und die Preise im Gastgewerbe sind von 2008 bis 2022 mit durchschnittlich 3,4 Prozent im Jahr auch rascher als im Beherbergungsgewerbe gestiegen. Insofern haben die Beherbergungsbetriebe im Branchendurchschnitt vermutlich noch Spielraum für Preiserhöhungen, ohne ihre Konkurrenzfähigkeit längerfristig zu schädigen.
UniCredit Bank Austria/HK
Fotocredit: pixabay, UniCredit Bank Austria