Schwellenländer: Die Favoriten
Welche Schwellenländer sind aktuell die interessantesten? Comgest-Portfoliomanager Slabbert van Zyl nennt Vietnam und Mexiko als seine Favoriten. China hat noch mit Problemen zu kämpfen und ist langfristig zu betrachten.
Slabbert van Zyl fungiert als Analyst und Portfoliomanager bei Comgest, wo er auf globale Schwellenländeraktien spezialisiert ist. Das GELD-Magazin sprach mit ihm in Wien. Comgest ist ein international agierender Asset Manager, der einen ausgeprägten QualityGrowth-Ansatz verfolgt.
Vor der Trendwende?
Rückblickend haben Wachstumsaktien aus Schwellenländern in den letzten Jahren eine Underperformance geliefert – was sind die Gründe dafür? Slabbert van Zyl: „In den vergangenen drei Kalenderjahren waren Value-Titel in den Emerging Markets am stärksten, was mehrere Ursachen hat: Sie wurden von der Geldpolitik und niedrigen Zinsen in den aufstrebenden Volkswirtschaften unterstützt. Growth-Aktien hatten hingegen mit Gegenwind zu kämpfen, als sie die Covid-Phase mit hohen Bewertungen verließen. Die Bewertungen sind mittlerweile aber wieder gesunken.“
Der Experte weist außerdem darauf hin, dass volatile und zyklische Asset-Klassen sich in langen Zyklen bewegen, die 12 bis 15 Jahre andauern können: „Schwellenländer scheinen nicht weit weg vom Wendepunkt der Abwärtsphase entfernt zu sein, und Investoren sind wieder bereit, mehr für den Growth-Bereich auszugeben. Gemächliches, aber kontinuierliches Wirtschaftswachstum und ein Softlanding in den USA würden umso mehr unterstützend wirken.“
Exotisch: Vietnam
Was sind nun die Länder-Favoriten des Comgest-Spezialisten? Slabbert van Zyl: „Sehr interessant ist Vietnam, das von wirtschaftsfreundlichen strukturellen Reformen im Land und von Änderungen in der globalen Lieferkette profitiert. Denn viele multinationale Konzerne wenden China den Rücken zu und produzieren vermehrt in Schwellenländern, so wie in Vietnam.“ Dazu passt, dass das Land über eine junge Bevölkerung und gut ausgebildete Arbeitskräfte verfügt. Alles in allem wächst die Wirtschaft des Landes kräftig.
Als attraktives Unternehmen nennt der Experte FPT, ein IT-Serviceprovider, der auch über ein Business-Agreement mit Nvidia verfügt. FPT sei sozusagen ein kleineres Abbild von großen indischen IT-Konzernen, allerdings mit deutlich höherem Umsatzwachstum und gleichzeitig aus Bewertungssicht um rund 25 Prozent günstiger.
Portfoliowürze: Mexiko
Ebenfalls spannend sei Mexiko, das mit starker Konsumenten-Story und niedrigen Arbeitslosenraten eine attraktive langfristige Investitionsdestination bildet. Ähnlich wie Vietnam, profitiert das Land, von einer Verschiebung der Lieferketten in die Nähe der Endmärkte, im Fall von Mexiko also Richtung USA. Außerdem ist Mexikos neue Präsidentin Claudia Sheinbaum eine authentische Politikerin und Technokratin, die einen unternehmensfreundlichen Kurs verfolgen wird.
Slabbert van Zyl nennt dabei auf der Unternehmensseite Fomento Económico Mexicano (FEMSA), gegründet bereits vor 100 Jahren! Als Bierbrauer gestartet, ist FEMSA heute ein Lebensmittel-Konglomerat mit dem Asset, die größte Convenience-Food-Kette in ganz Lateinamerika zu besitzen. Gut für Aktionäre: Das Unternehmen verzeichnet weiterhin ein jährliches Gewinnwachstum von rund 15 Prozent, während das Management vor kurzem damit begonnen hat, die Vermögensbasis zu straffen, sich auf Kerngeschäftsfelder zu konzentrieren und Ausschüttungen an die Aktionäre deutlich zu erhöhen.
Die Riesen: China und Indien
Vergessen sollte man aber auch nicht China, die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt. Bekanntlich hat die Volksrepublik mit Problemen zu kämpfen, genannt sei hier nur der Immobiliensektor. Der Comgest-Experte: „Im nahen Zeithorizont betrachtet, sind wir im Reich der Mitte vorsichtig. Sehr langfristig gesehen, ist China für angemessenes Wachstum gut, wobei chinesische Aktien im Schnitt um ca. 50 Prozent günstiger sind als noch vor zehn Jahren.“
Indien ist wiederum stärker von der Binnenwirtschaft getrieben als das Reich der Mitte. Im Subkontinent wird viel in Infrastruktur, das Energiewesen, aber auch in das Sozialsystem investiert. Slabbert van Zyl: „In Indien muss man die Aktienbewertungen im Auge behalten, allerdings ist der Gewinn pro Aktie in den vergangenen zehn Jahren durchschnittlich um neun Prozent per anno gestiegen. In den letzten drei Jahren war es sogar ein Plus von bis zu 20 Prozent jährlich.“