fbpx
9. Oktober 2024

Österreich: Reformbedarf!

Die angespannte Budgetsituation macht es notwendig, Reformen im öffentlichen Sektor umzusetzen. Christoph Badelt vom Fiskalrat, Karoline Mitterer vom KDZ und Margit Schratzenstaller vom WIFO haben das zum Anlass genommen, Empfehlungen für Effizienzsteigerungen in Österreich zu geben.

em. o. Univ.-Prof. Dr. Christoph Badelt, Vorsitzender des Produktivitätsrates
em. o. Univ.-Prof. Dr. Christoph Badelt, Präsident des Fiskalrates

„Derzeitige Prognosen weisen auf ein deutliches Verfehlen der durch die EU-Fiskalregeln vorgegebenen Rückführung der Staatsverschuldung hin. Die in den letzten Krisenjahren umgesetzten Entlastungen der Bevölkerung bedeuten gleichzeitig weniger dynamische Steuereinnahmen für den Staat und hohe Ausgaben für Unterstützungsmaßnahmen. Da die staatlichen Ausgaben außerdem u. a. inflationsbedingt weiter gestiegen sind, zeigt sich eine Finanzierungslücke.“

Klaffende Lücke

„Diese Lücke schließt sich nicht automatisch. Im Gegenteil: die schwache Konjunktur, zusätzliche Anforderungen etwa durch die grüne und digitale Transformation oder die Alterung der Bevölkerung verdeutlichen eindringlich die Notwendigkeit, Reformen im bestehenden System vorzunehmen. Grundsätzliche Strukturprobleme lösen Unterschiedliche Kompetenzen und Finanzierungsverantwortungen erschweren oftmals grundsätzliche Strukturreformen. Diese sind insbesondere in den demografieabhängigen Ausgabenbereichen Pflege, Gesundheit und Pensionen notwendig. Zentral ist hierbei eine Weiterentwicklung der Multi-Level-Governance. So bedarf es einer verbesserten Koordination und Kooperation zwischen den drei Ebenen Bund, Ländern und Gemeinden – teilweise noch ergänzt um die Sozialversicherungsträger. Dies betrifft auch den Bereich des Förderwesens, wo eine Erhöhung der Effizienz und Effektivität möglich ist.“

Treffsicherheit statt Gießkanne

„Der seit vielen Jahrzehnten bestehende Reformstau im Finanzausgleich führt zu komplexen, teils widersprüchlichen und ineffizienten Strukturen im Fiskalföderalismus. Treffsicherheit statt Gießkanne sowie Nachvollziehbarkeit statt Intransparenz sollten die Zielrichtung vorgeben. Ein wichtiger Schritt ist die Stärkung der Aufgabenorientierung. Die derzeit starren Schlüssel der Verteilung zwischen den Ebenen sowie auch zwischen den Ländern bzw. Gemeinden wären zu evaluieren und an die Aufgabenerfordernisse anzupassen. Dies ermöglicht gleichzeitig eine Entflechtung der als intransparent und ineffizient einzuschätzenden Transferbeziehungen. Auch die Stärkung der Abgabenautonomie der Länder und Gemeinden wäre zu forcieren.

In den nächsten Jahren kommt ein hoher Investitionsbedarf auf Österreich zu. Allen voran sind der Klimaschutz, die Klimawandelanpassung und der digitale Wandel, aber auch Investitionen in den Ausbau der Kinderbetreuung zu nennen. Damit dies gelingen kann, müssen die Finanzierungsspielräume erweitert werden. Dies umfasst etwa ein effizientes Fördersystem, aber auch Verwaltungsreformen. Im Klimabereich braucht es den Aufbau einer Klimagovernance, um die Koordination zwischen Bund, Ländern und Gemeinden abzusichern. Dadurch ist ein Abbau klimaschädlicher Förderungen – unter Bedachtnahme auf andere Zieldimensionen wie z. B. Soziales – sowie eine gute Abstimmung der grünen Förderungen möglich. Ebenfalls notwendig ist ein Mechanismus zur Verteilung und Finanzierung von Klimainvestitionen.“

Reform bei Daseinsvorsorge

„Aktuelle Prognosen zeigen, dass die Finanzierbarkeit der kommunalen Daseinsvorsoge mittelfristig nicht mehr abgesichert ist. Steigende Aufgaben der Gemeinden einerseits und geringere Mittel aus dem Finanzausgleich andererseits führen zu einer Finanzierungslücke, welche die Gemeinden aus eigener Kraft nicht mehr schließen können. Es braucht hier grundsätzliche Reformen anstatt einer Aneinanderreihung von kurzfristigen Hilfspaketen, wie es derzeit der Fall ist. Einerseits werden Gemeinden einen Konsolidierungsbeitrag leisten müssen, andererseits braucht es nachhaltige Reformen zur Stärkung der Gemeindefinanzen, etwa durch die Umsetzung einer Grundsteuerreform und eine Transferentflechtung. Durch eine stärkere Förderung von Gemeindekooperationen sowie die Umsetzung eines aufgabenorientierten Finanzausgleichs können hier weitere Effizienzpotentiale gehoben werden.“

Fiskalrat/HK

Zum Newsletter anmelden

Bestellen Sie kostenfrei und unverbindlich den GELD-Magazin Newsletter, als optimale Ergänzung zur Print-Ausgabe von GELD-Magazin!
Zwei Mal im Monat versenden wir den Newsletter mit Themen rund um den Finanzmarkt und Wirtschaft.

Sie haben sich erfolgreich eingetragen.