Leerstandsabgabe: Rezept gegen Wohnungsnot?
Tausende leere Wohnungen beeinflussen die zum Teil massiven Preissteigerungen am österreichischen Wohnungsmarkt. Eine Leerstandsabgabe wurde daher bereits in mehreren Bundesländern beschlossen. Anwalt Dr. Roland Weinrauch erklärt, wie sich die Gesetzeslage entwickelt.
Laut Schätzungen bleiben allein in Wien mindestens 30.000 Wohnungen länger als sechs Monate unbewohnt, 10.000 Wohnungen sogar länger als zweieinhalb Jahre. Aber nicht nur in Wien ist das der Fall, auch in anderen Bundesländern und hier besonders in den Ballungszentren und Tourismusorten stehen viele Wohnimmobilien leer.
Steiermark als Vorreiter
Werden Wohnungseigentümer deshalb in naher Zukunft Abgaben für ihre leerstehenden Wohnungen bezahlen müssen? In der Steiermark ist bereits das Steiermärkische Zweitwohnsitz- und Wohnungsleerstands-Abgabegesetz kundgemacht worden, das mit 1.10.2022 in Kraft tritt. Darin steht folgendes: „Gegenstand der Abgabe bilden Wohnungen, an denen nach den Daten des Zentralen Melderegisters mehr als 26 Kalenderwochen im Jahr weder eine Meldung als Hauptwohnsitz noch als sonstiger Wohnsitz vorliegt.“
Abgabepflichtige sind die Eigentümer der Wohnung, im Fall eines Baurechts, jedoch die Baurechtsberechtigten. Die Abgabe ist nach der Nutzfläche der Wohnung und den Kalenderwochen im Jahr ohne Wohnsitz zu bemessen. Der Abgabensatz ist durch Verordnung des Gemeinderates festzulegen, wobei auf den Verkehrswert der Liegenschaften in der Gemeinde Bedacht zu nehmen ist. Die Höhe der Abgabe für eine Wohnung mit 100 m² Nutzfläche darf im Kalenderjahr 1.000 Euro nicht überschreiten.
Bundesländer gegen Leerstand
Roland Weinrauch, Gründer von Weinrauch Rechtsanwälte, kommentiert: „Die Steiermark ist zwar Vorreiter bei der gesetzlichen Regelung des Leerstandes, allerdings bestehen auch zahlreiche Ausnahmen, beispielsweise wenn die Wohnung als Vorsorgewohnung für das eigene Kind verwendet wird, es sich um eine Dienstwohnung handelt oder nachweislich Gründe bestehen, warum sie unvermietbar ist.” In Salzburg und Tirol wurden gleichartige Gesetze beschlossen, die mit 1.1.2023 in Kraft treten.
Bereits in den 80er Jahren wurde eine Leerstandsabgabe in Wien im Alleingang erhoben, die dann allerdings mit Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom 12.03.1985 als verfassungswidrig aufgehoben wurde. Unter anderem mit der Begründung, dass die Gesetzgebungskompetenz betreffend einer Leerstandsabgabe nicht ausschließlich bei den Ländern liegt.
Wird wohnen günstiger?
Daher fordern die Landeshauptleute nun auch die Kompetenzen des „Volkswohnwesens“ des Bundes in diesem Teilbereich auf die Länder zu übertragen, um entsprechende Regelungen auf Landesebene zu ermöglichen. Weinrauch: „Man kann davon ausgehen, dass es derartige Regelungen in Zukunft in der einen oder anderen Form in jedem Bundesland geben wird. Allerdings ist noch unklar, wie diese ausgestaltet sein werden. Zudem sind die Realeffekte auf den Wohnungsmarkt – also ob tatsächlich mehr Wohnungen (günstiger) auf dem Markt sein werden – nicht absehbar. Ich persönlich glaube, dass man diese Effekte nicht überschätzen sollte und halte daher andere Lenkungsmaßnahmen für insgesamt geeigneter.”
Weinrauch Rechtsanwälte/HK
Fotocredit: Kanzlei Weinrauch Rechtsanwälte
Lesen dazu in der GELD-Magazin September 2022 Ausgabe: Immobilien-kaum zu leisten.