11. August 2023

Heißes Eisen: Vermögenssteuer

Harald Kolerus 2-e1666618640728
Mag. Harald Kolerus GELD-Magazin / Redakteur

In Österreich wird die Wiedereinführung einer Vermögenssteuer heiß diskutiert. Was sagen Experten und Expertinnen zum Thema? Das GELD-Magazin hat bei Margit Schratzenstaller, Ökonomin am WIFO, nachgefragt.

Dr. Margit Schratzenstaller, Senior Economist bei WIFO
Dr. Margit Schratzenstaller, Senior Economist bei WIFO

Die Expertin meint: „Grundsätzlich sollten vermögensbezogene Steuern in Österreich stärker genutzt werden: Sie können die Chancengleichheit erhöhen, sie verursachen weniger Ausweichreaktionen als andere Steuern, und aufgrund der steigenden Bestände und Konzentration von Vermögen haben sie ein beträchtliches und langfristig steigendes Aufkommenspotenzial. Vor allem die Wiedereinführung einer Steuer auf hohe Erbschaften sowie die Stärkung der Grundsteuer sind gute Optionen, um im Rahmen einer aufkommensneutralen Abgabenstrukturreform vor allem die hohen Abgaben auf die Arbeit zu senken.“

Gegner der Vermögenssteuer meinen aber, dass die Abgabenlast in Österreich bereits sehr hoch sei. Und dass das Einkommen ohnedies bereits besteuert wird, bevor es angespart, investiert etc. wird. Sind das stichhaltige Argumente?

Dieses Argument ist bei einer entsprechenden Ausgestaltung der Besteuerung von Vermögen nicht stichhaltig. Eine Erbschaftssteuer beispielsweise führt, wenn sie bei den Erb:innen erhoben wird, nicht zu einer Doppelbesteuerung, weil sie aus Sicht der Erb:innen einen neuen Zufluss an Leistungsfähigkeit darstellt, der von den Erb:innen noch nicht besteuert werden musste. Zudem steigt insgesamt die Abgabenbelastung nicht, wenn vermögensbezogene Steuern im Rahmen einer aufkommensneutralen Abgabenstrukturreform erhöht werden, die mit den zusätzlichen Einnahmen andere Abgaben reduziert.

Weiteres Argument gegen Vermögensbesteuerung: Sie würde für Steuerflucht sorgen. Ist das stimmig?

Studien zeigen, dass bei einer allgemeinen Vermögensteuer die Gefahr von Ausweichreaktionen relativ hoch ist. Bei einer Erbschaftssteuer ist Steuervermeidung und Steuerflucht dagegen weniger stark ausgeprägt. Das liegt an besseren Kontrollmöglichkeiten, beispielsweise gibt es bei Erbschaften notarielle Meldepflichten. Aber auch der mangelnde Wille von potenziellen Erblasser:innen, sich mit Möglichkeiten zur Vermeidung der Erbschaftssteuer auseinanderzusetzen, weil sie nicht an ihre Sterblichkeit erinnert werden wollen, spielt wohl eine Rolle. 

Auch heißt es, eine Vermögenssteuer würde nur wenig fürs Budget bringen (oft wird die hohe Bandbreite von 1,5 bis 5 Mrd. Euro genannt). Wie sehen Sie das?

Das Aufkommenspotenzial hängt natürlich von der konkreten Ausgestaltung der Vermögensbesteuerung ab. Grundsätzlich dürfte die Besteuerung von Vermögen eine langfristig ergiebige Einnahmenquelle für den Staat darstellen, da sowohl die Vermögensbestände als auch ihre Konzentration zunehmen. Die Besteuerung von hohen Erbschaften sowie Grund- und Immobilienvermögen kann daher ein Baustein für Strukturreformen sein, die das Abgabensystem zukunftsfähiger machen. Aber natürlich sind für die erforderliche fundamentale Umgestaltung des österreichischen Abgabensystems, die die Arbeit substanziell entlastet, noch weitere alternative Besteuerungsoptionen erforderlich: vor allem die stärkere Nutzung von Emissions- und Umweltsteuern sowie der Abbau von (auch ökologisch schädlichen) Steuerausnahmen. 

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Mag. Harald Kolerus GELD-Magazin / Redakteur

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