Die USA spielten an den Börsen zuletzt eindeutig die erste Geige. Jetzt könnte Europa aber wieder in Schwung kommen. Was Aktien aus Industrieländern angeht, ist Max Macmillan von abrdn weiterhin positiv gestimmt: „Wir sind jedoch der Ansicht, dass die Bewertungen von US-Aktien überzogen sind, wobei die Bewertungsdifferenz zwischen US-amerikanischen und europäischen Titeln ein Rekordhoch erreicht hat. Wir glauben, dass diese Bewertungsdifferenz ein erhebliches relatives Aufwärtspotenzial für europäische Aktien bietet.“ Wobei: „Zwar sind die Bewertungen von US-Aktien hoch, doch wir sind der Ansicht, dass sich die Entwicklung der Technologieaktien durch hohe Margen, eine hohe Generierung von freiem Cashflow und starke Bilanzen von früheren Blasen unterscheiden. Unser Aktienteam erwartet für die nähere Zukunft allerdings eine Ausweitung des Gewinnerfeldes aus den Bereichen Technologie und KI über die Magnificent 7 hinaus.“ Die Aussichten für das Gewinnwachstum in den USA seien laut dem Experten aber jedenfalls gut und die Entwicklungen in den Bereichen Technologie und KI böten eine solide Grundlage für die weitere Performance der Aktienmärkte: „Die jüngste Gewinnsaison brachte bereits positive Korrekturen, und eine Ausweitung des Gewinnwachstums auf zyklische Sektoren dürfte die Kurse stützen. Wir haben inzwischen auch wieder eine leicht positive Einschätzung für Aktien aus den Schwellenländern eingenommen. Die chinesische Politik hat ihre Lockerung deutlich verstärkt, was zu einer deutlichen Neubewertung chinesischer Aktien führen könnte. Natürlich gilt es hier jedoch auch mögliche negative Auswirkungen der neuerlich verhängten Zölle durch die USAdministration im Auge zu behalten.“ Und welche Chancen bieten sich Anleiheinvestoren? Macmillan: „Wir erwarten einen anhaltenden weltweiten Zinssenkungszyklus und gehen weiterhin davon aus, dass die globalen Gleichgewichtszinsen relativ niedrig bleiben, nominal bei etwa zwei bis drei Prozent. Die Dynamik begünstigt derzeit weiter Aktien gegenüber Anleihen. Dies ist charakteristisch für ein spätzyklisches Umfeld. Wir sind allerdings der Ansicht, dass Anleihen für die potenzielle Diversifizierung, die sie bieten, derzeit sehr gut bewertet sind, falls wir einen Abwärtsschock für das Wachstum erleben sollten.“ Wichtig sei, dass Anleger ein gesundes Maß an systemischer Diversifizierung beibehalten. KI ist gekommen, um zu bleiben. Aber auch Branchen wie die Bauindustrie und der Finanzsektor zeigen sich attraktiv. Bitcoin dürfte Rückenwind erhalten. „Die großen Technologiewerte waren 2024 ein entscheidender Faktor für die Marktperformance. Die Marktbreite und die Gewinnentwicklung in den USA könnten sich verbessern. 2025 und 2026 sollten auch die Gewinne der übrigen 493 S&P 500-Unternehmen stärker wachsen und nicht nur die ,MAG7‘, die in den vergangenen Jahren dominierten“, so die Bestandsaufnahme des ResearchTeams von DJE (DJE Kapital AG). Wobei Künstliche Intelligenz „das beherrschende Thema im Technologiesektor bleibt“, wie es Hagen Ernst aus dem Portfoliomanagement des Unternehmens in einem Kommentar auf den Punkt bringt. Investitionen in Datenzentren könnten 2025 bis zu ein Prozent des US-BIPs ausmachen, wovon verschiedene Unternehmen profitieren dürften. Perspektivisch günstigere LLMs (Large Language Models) könnten insbesondere Softwareunternehmen zugutekommen. Neben KI und Technologie spielt laut DJE-Research-Team der Bausektor eine zentrale Rolle: „In den USA besteht eine volle Pipeline an Infrastrukturprojekten, und zusätzliche Impulse könnten durch den Wiederaufbau der Ukraine entstehen, falls es zu einem Waffenstillstand oder Frieden kommt. Der Finanzsektor bleibt ebenfalls attraktiv, da die US-Zinsen strukturell höher notieren. Eine geringere Regulierung könnte sich ebenso positiv auswirken wie eine mögliche Zunahme der M&A-Aktivitäten. Auch Krypto-Investments dürften unter der Trump-Administration Rückenwind erhalten.“ Ebenso bleibe Japan interessant, da es eine der besten Marktrisikoprämien biete. DJE-Research: „Steigende Aktienrückkäufe und die geringe Abhängigkeit von US-Zöllen sprechen für japanische Werte. In Europa bieten Unternehmen mit Kostensenkungspotenzial und geringer Konjunkturabhängigkeit Chancen. Das Risiko neuer USZölle auf Exporte bleibt jedoch ein Unsicherheitsfaktor. Volatilität und Unsicherheit durch Trump-Maßnahmen wird uns 2025 stärker begleiten als 2024.“ Für den USDollar würden Zölle, Zinsdifferenzen und geopolitische Faktoren mittelfristig unterstützend bleiben, wobei vieles bereits eingepreist sein könnte. In den USA seien zwei bis drei Zinssenkungen in 2025 möglich, sofern die Inflation unter Kontrolle bleibt. EUROPA . Aufwärtspotenzial KÜNSTLICHE INTELLIGENZ . Kein Ende der Geschichte „Die Bewertungsdifferenz zwischen US-amerikanischen und europäischen Aktien hat ein Rekordhoch erreicht.“ Max Macmillan, Head of Macro Investments - Multi Asset, abrdn „Künstliche Intelligenz bleibt das beherrschende Thema im Technologiesektor.“ Hagen Ernst, Stellvertretender Leiter Research und Portfoliomanagement bei DJE Kapital AG Ausgabe Nr. 1/2025 – GELD-MAGAZIN . 31
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