Die Wirtschaft in den Vereinigten Staaten ist stärker binnenorientiert als in der Europäischen Union. Deshalb treffen höhere Zölle Europa stärker als die USA. Ob es beim Spiel aufgezogener Handelsschranken aber wirkliche Gewinner gibt, ist mehr als fraglich. sogar für Trumps Verhältnisse zu absurd. Allerdings: Wenn seinen Drohungen nie Taten folgen, verpuffen all diese Gebärden auf kurz oder lang. Hoffen wir das Beste. Auch bezüglich der Ambitionen Trumps in Sachen Gazastreifen, die nicht ganz durchdacht erscheinen – um es einmal sehr vorsichtig auszudrücken. Kampf gegen Illegale Ernst macht der 45. und 47. Präsident der USA jedenfalls bereits in Sachen Immigration. Besser gesagt: Remigration. Versprochen wird die „größte Massenabschiebung der Geschichte“. Und wirklich wurden medienwirksam gleich nach der Amtseinführung etliche „Illegale“ via Flugzeug über die Grenze transportiert. Goodbye, American Dream. Wobei Trumps Vorgänger auch nicht gerade zimperlich waren: 2023 wurden unter Joe Biden mehr als 142.000 Einwanderer abgeschoben, eine Zunahme von 97,5 Prozent gegenüber 2022. Zum Vergleich: 185.000 Abschiebungen waren es im letzten Jahr der vergangenen Trump-Regierung. Wenig bekannt ist, dass während Barack Obamas Amtszeit mehr als 2,4 Millionen Menschen das Land unfreiwillig verlassen mussten (laut Heinrich Böll Stiftung). Obama musste sich daraufhin spöttisch als „Deporter in Chief“ bezeichnen lassen. Trump wird sich schon anstrengen müssen, um diesen zweifelhaften Rekord zu brechen, wahrscheinlich wird er etwas zurückrudern, weil die Illegalen günstige Arbeitskräfte stellen, die nicht mit einem Federstrich so einfach ersetzt werden können. Lieblingswort: Zölle Außenpolitisch setzt Trump wiederum polternd auf eine Erhöhung der Zölle. Der Schuss könnte allerdings nach hinten losgehen. In einer Analyse des WIFO heißt es dazu: „Die von der Trump-Regierung verhängten neuen Handelszölle gegen China, Kanada und Mexiko führen zu signifikanten wirtschaftlichen Belastungen in Nordamerika und globalen Wachstumsdämpfern. Simulationen zeigen, dass die kurzfristigen Auswirkungen dieser Maßnahmen insbesondere Mexiko und Kanada hart treffen, aber auch die Wirtschaft der USA spürbar belasten.“ Die nicht gerade erfreulichen Zahlen: Den Berechnungen zufolge wird Mexiko mit einem Rückgang des realen BIP von 4,6 Prozent am stärksten betroffen sein, aber auch Kanada verzeichnet mit minus 2,97 Prozent deutliche Einbußen. Die USA selbst erleben einen signifikanten Rückgang von 0,45 Prozent, da höhere Importkosten die Produktion verteuern und Konsumentenpreise anfeuern. Das entspricht einem Verlust von immerhin rund 131 Milliarden Dollar – so viel wie das BIP der Slowakei. Weltweit könnte das Produktionsniveau um 0,24 Prozent sinken. Steven Bell, Ökonom bei Im falschen Film Gedankensammlung für ein apokalyptisches B-Movie: Ein notorischer Lügner wird zum mächtigsten Mann der Welt gewählt; er begnadigt einen Lynch-Mob, der die Wiege der US-Demokratie kurz und klein schlagen wollte; er stellt Gebietsansprüche, wo er will (beispielsweise in Kanada, Grönland und Panama); er droht mit den größten Massenabschiebungen aller Zeiten; er stellt internationale Organisationen wie die NATO und somit die Weltordnung in Frage. Letztlich zettelt unser Antiheld einen Handelskrieg an, der die Wirtschaft rund um den Globus ins Schlingern bringt. Happy End? Dieser Plot würde zurecht von jedem Regisseur abgelehnt werden – zu unrealistisch, wer soll so etwas abkaufen? Aber weil der „Drehbuchautor“ Donald Trump heißt, ist die Weltöffentlichkeit gezwungen, live zuzusehen, wobei das alles nicht auf ein Happy End hinauszulaufen droht. So zündelt Trump auch immer wieder mit der Möglichkeit seiner „dritten Amtszeit“. Die Verfassung der USA und sogenannte Checks and Balances sollten das verhindern. Oder auch nicht. Denn Trump versucht gerade, diese Institutionen sturmreif zu schießen. Wie das ausgeht? Spannung ist angesagt. Dennoch würde man gerne den Kinosaal fluchtartig verlassen. [email protected] KOMMENTAR Harald Kolerus, leitender Redakteur, GELD-Magazin Ausgabe Nr. 1/2025 – GELD-MAGAZIN . 11 Exporte sind für Europa wichtiger als für die USA Quellen: Bloomberg, DWS Export von Gütern und Dienstleistungen (in % des BIP) Europäische Union USA 2002 2003 2004 2005 2006 2008 2007 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2017 2016 2018 2019 2020 2022 2021 2023 10% 20% 30% 40% 50% 0% 60%
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