GELD-Magazin, Nr. 4/2024

Globalisierung: Doch nicht abgesagt Die Grafik oben verdeutlicht, dass die im Zuge von Covid heraufbeschworene De-Globalisierung doch nicht stattfindet. Stattdessen kann man davon sprechen, dass die Globalisierung etwas Dampf abgelassen hat. Dafür ist vor allem die geringere Exportquote Chinas verantwortlich. den. Es handelt sich dabei um eine Alternative zum de facto lahmgelegten Schiedsgericht der WTO (Genaueres, siehe Bericht gleich rechts). Aber auch vor dem MPIA würde ein Prozess wohl eine halbe Ewigkeit dauern. Die Zwistigkeiten werden damit prolongiert. Weniger martialisch Es geht also rund auf der Weltbühne, aber ist das Grund genug, um von einem Handelskrieg zu sprechen? „Es existiert keine Definition eines Handelskrieges“, sagte einmal Gabriel Felbermayr, heute Direktor des Wifo. Auch Harald Oberhofer, Ökonom am Wifo, bevorzugt den Begriff Handelskonflikt: „Davon spricht die Wirtschaftswissenschaft, wenn Vorwürfe erhoben werden, dass sich ein Marktteilnehmer nicht an die Regeln des freien Handels hält.“ Auf den Elektro-Auto-Konflikt angesprochen, sagt der Experte zum GELD-Magazin: „Die Vorgehensweise der EU unterscheidet sich fundamental von jener Joe Bidens. Während die EU von unfairen Subventionen ausgeht, hat Biden die Zölle auf E-Autos einfach auf 100 Prozent erhöht.“ Was einer Vervierfachung des gegenwärtigen Niveaus entspricht und die doch radikale Vorgehensweise der USA zeigt. Oberhofer: „Auch Biden hat eine ,America-First-Politik‘ vertreten, der Weg von Harris ist noch nicht so bekannt. Sowohl Demokraten als auch Republikaner begreifen China jedenfalls als einen Systemrivalen, den es geopolitisch sowie ökonomisch auf Distanz zu halten gilt.“ Neu ist dieser Konflikt freilich nicht. Bereits 2018 analysierte das Mercator Institute for China Studies (MERCIS): „Das wachsende Handelsdefizit mit China ist bereits seit Jahrzehnten ein heiß debattiertes Thema in den Vereinigten Staaten.“ (Als Präsident warf Trump China auch vor, den Amerikanern ihre Jobs zu stehlen. Natürlich eine der bekannten trumpschen Übertreibungen.) MERCIS weiter: „Der Handelskonflikt zwischen China und den USA fällt in eine Zeit, in der zahlreiche westliche Länder Nervosität zeigen, weil sie die chinesischen Handels-Praktiken als unfair erachten. Es häufen sich die Klagen europäischer Staats- und Regierungschefs darüber, dass China noch immer seinen Markt gegenüber ausländischen Wettbewerbern abschirme. Darüber hinaus betrachten sowohl die USA als auch Europa Chinas staatlich geförderte Investitionen in ausländische Hochtechnologieunternehmen mit großer Sorge. Sie sind sich bewusst, dass China auf diese Weise die heimische Industrie technologisch aufrüsten und fit für den Wettbewerb machen will.“ Eine transatlantische, gegen China gerichtete Kooperation sei laut den Experten dennoch keine Option für Europa: „Denn Trump hat auch einzelne europäische Länder zu Handelsfeinden erklärt. Unternehmer und Ökonomen warnen davor, dass Trumps unilaterales und aggressives Verhalten auf Quellen: Haver Analytics, Int. Währungsfonds, Niederl. Büro für Wirtschaftspolitikanalyse in Prozent, basierend auf 2018 = 100 0% 50 60 70 80 90 100 110 4% 8% 12% 16% 1990 1995 2000 2005 2010 2015 2020 Anteil Chinas an den Weltexporten (links) Verhältnis des Welthandels (in Waren) zur Industrieproduktion (rechts) Ausgabe Nr. 4/2024 – GELD-MAGAZIN . 9 Russland: BIP hält sich Russland wurde wegen des Ukraine-Kriegs mit harten Sanktionen belegt. Der Wirtschaft geht es aber besser als ursprünglich erwartet. Lahme WTO Es ist vielen Menschen gar nicht bewusst: Der Streitschlichtungsmechanismus der WTO ist nur noch eingeschränkt handlungsfähig, da die USA die Benennung von Mitgliedern in das Berufungsgremium verhindern. Dadurch fehlt die zentrale Entscheidungsinstanz zur Lösung von Handelskonflikten, wie zum Beispiel zwischen der EU und China zu E-Autos. „Koalition der Willigen“ Die EU hat darauf mit der Bildung einer „Koalition der Willigen“ reagiert. Geschaffen wurde das „Multi Party Interim Appeal Arbitration Arrangement“ (MPIA). Die EU hat hier gemeinsam mit rund 30 weiteren WTO-Mitgliedern vereinbart, vorübergehend eine schiedsgerichtliche zweite Instanz für Handelsstreitigkeiten vorzusehen. Als Grundlage gilt das WTORecht. (Quellen: Bundesverband der Deutschen Industrie; BMWK) Quellen: Haver Analytics, Int. Währungsfonds indexiert auf 2021 = 100 Aktuelle Prognose des IWF Prognose des IWF vom April 2022 75,0 2010 82,5 90,0 97,5 105,5 112,5 2015 2020 2025

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