GELD-Magazin, Nr. 3/2024

Bei Anleihen ist weiterhin Vorsicht geboten! Nach der Senkung der Leitzinsen im Frühjahr/Sommer 2022 durch die Zentralbanken, waren Investoren die festverzinsliche Wertpapiere bevorzugen, zumindest kurzfristig erfreut. Denn eine Änderung der Zinspolitik bedeutet, dass sie bald wieder auskömmliche Zinsen für Anleihen bekommen würden. Allerdings wurden in der Folge einige Anleger von dem Ausmaß der Kursverluste, der von ihnen gehaltenen Anleihen, während der Phase der Zinserhöhungen überrascht. Mit dem Rückgang der Inflation und dem Ausklingen der Zinserhöhungen haben Anleger dann im Sommer 2023 begonnen, auf mögliche Zinssenkungen zu spekulieren, indem sie mittel- und langlaufende Anleihen kauften. Aus den Kursentwicklungen von Zinsderivaten auf den amerikanischen Anleihemarkt konnte man im Oktober 2023 ablesen, dass Anleger zu diesem Zeitpunkt für das Jahr 2024 bis zu sechs Zinssenkungen in den USA erwarteten. Die trotz der gesunkenen Inflationsraten weiterhin falkenhaften Kommentare der FED haben diese Erwartungen dann aber Schritt für Schritt zunichte gemacht, wodurch nicht wenige Investoren, die diese Anleihen gekauft hatten, auf dem falschen Fuß erwischt wurden. Gleichzeitig erfreuten sich Investoren in Geldmarktpapieren, aufgrund der invertierten Zinsstruktur, über hohe Zinsen, ohne Kursschwankungen. Vorsicht ist weiterhin geboten Doch kann es an den Zinsmärkten so weitergehen? Diese Frage ist in der derzeitigen Situation nur sehr schwierig zu beantworten. Obwohl die EZB, als erste der wichtigen Zentralbanken, begonnen hat, die Zinsen zu senken, sollten Anleger an den Anleihemärkten weiterhin vorsichtig agieren da die Inflation in den meisten Ländern hartnäckiger zu sein scheint als viele Marktbeobachter angenommen haben. Dies zeigt sich in den weiterhin falkenhaften Kommentaren der Federal Reserve (Fed) in den USA und der Bank of England. Im Ergebnis haben beide Zentralbanken eine mögliche Zinssenkung nach hinten verschoben, um abzuwarten, wie sich das derzeitige Zinsumfeld auf die anhaltend höheren Inflationsraten auswirkt. Auch die EZB hat sich nach dem ersten Zinsschritt mit klaren Aussagen zu weiteren Zinssenkungen zurückgehalten. Aus den Kommentaren der Zentralbanker geht hervor, dass die großen Zentralbanken mögliche Zinssenkungen an verschiedenste Bedingungen und Szenarien hinsichtlich der Inflations- und Wirtschaftsentwicklung knüpfen. Letztendlich bedeuten die Aussagen der Zentralbanken, dass sie theoretisch zu Zinssenkungen bereit sind, ob und wann diese tatsächlich vollzogen werden, ist aber derzeit noch unklar. Dementsprechend sollten sich Anleger so lange vorsichtig am Anleihemarkt positionieren, bis klar abzusehen ist, dass die Zentralbanken tatsächlich beginnen, die Zinsen zu senken. Hierbei ist davon auszugehen, dass der Beginn der Zinssenkungen, im Rahmen der üblichen Zentralbankrhetorik, mehr oder weniger klar angekündigt wird. www.lipperleaders.com Detlef Glow, Head of Lipper EMEA Research, Refinitiv, London Stock Exchange Group GASTBEITRAG . Detlef Glow, Lipper Research FOTO: Archiv Disclaimer: Dieser Artikel dient nur der Information und stellt unter keinen Umständen eine Anlageempfehlung dar. Bitte kontaktieren Sie ihren Anlageberater bevor Sie Wertpapiere kaufen oder verkaufen. Für den Inhalt der Kolumne ist allein der Verfasser verantwortlich. Der Inhalt gibt ausschließlich die Meinung des Autors wieder, nicht die von der LSEG. Ausgabe Nr. 3/2024 – GELD-MAGAZIN . 47 Nach dem Zinserhöhungszyklus erwarteten die Anleger ab Mitte 2023 wieder sinkende Zinsen. Die Enttäuschung zeigt sich im Anstieg der Renditen seit Jahresbeginn 2024. 10-Jahresrenditen von Staatsanleihen Deutschland USA Großbritannien Quelle: Lenz & Partner 5% 4% 3% 2% 1% 0% 2021 2022 2023 2024

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