Die Lockdowns in der Pandemie waren schlecht für Einzelhandel und Gastronomie, was in Einkaufszentren zu vereinzelten Mietausfällen führte. Darüber hinaus war der verstärkte Homeoffice-Trend nicht gerade förderlich für den Büroimmobilien-Markt. Aktuell belasten hohe Zinsen: Der Dreimonats-Euribor stieg von -0,57 Prozent Anfang 2022 bis 2. Februar 2023 auf 3,90 Prozent. Gleichzeitig sinkt bei Festgeldzinsen von bis zu 3,50 Prozent auf 12 Monate und über drei Prozent Rendite bei einjährigen heimischen Bundesanleihen der Anreiz in Immobilien zu investieren. Preisrückgänge erstrecken sich somit über alle Segmente und Nutzungsarten. Insolvenzen drücken die Stimmung Zuletzt kam die Insolvenz-Reihe innerhalb der Signa-Gruppe hinzu: Louis Obrowsky, Geschäftsführer der LLB Immo KAG, skizziert die Auswirkungen in Österreich und Deutschland: „Trotz der hohen Präsenz in der aktuellen medialen Berichterstattung ist der Einfluss auf die klassischen Veranlagungsimmobilien gering. Dies liegt darin begründet, dass es sich bei den Signa-Immobilien in hohem Maße um typische LiebhaberObjekte und eben nicht um klassische Renditeobjekte handelt. Darüber hinaus ist ein wesentlicher Teil der Objekte nicht oder noch nicht fertiggestellt und von einer Cashflow-Generierung noch weit entfernt. Was jedoch nicht zu leugnen ist, ist die Tatsache, dass derartige Insolvenzen das allgemeine Sentiment für Immobilienveranlagungen im Allgemeinen negativ beeinflussen.“ Und bezogen auf Österreich kommentiert Franz Pöltl, geschäftsführender Gesellschafter der auf Anlageimmobilien spezialisierten EHL Investment Consulting GmbH: „Die Zinserhöhungen haben auch bei vielen anderen Marktteilnehmern Stress ausgelöst und es ist damit zu rechnen, dass auch weitere Unternehmen in die Insolvenz schlittern bzw. restrukturiert werden müssen. Die Frage, welche Marktteilnehmer hier besonders gefährdet sind, hängt meines Erachtens weniger mit dem jeweiligen Nutzungssegment zusammen, sondern viel mehr mit den auf der Finanzierungsseite eingegangenen Risiken.“ Gewinner sind z.B. Fachmarktzentren Im Einzelhandel muss zwischen drei Kategorien differenziert werden. Klare Gewinner sind hier Fachmarktzentren. Dies begründet Obrowsky: „Einerseits, weil diese vornehmlich dem Versorgungscharakter – und nicht der bloßen Befriedigung der Lust am Einkaufen – dienen, gerade in Krisenzeiten ein ganz wichtiger Aspekt. Zum anderen werden dort vernünftige Mieten in der Größenordnung von monatlich zehn bis 15 Euro pro Quadratmeter verlangt. Dies kann sich ein Retailer auch leisten und verdienen.“ Die anderen Segmente sind mit Vorsicht zu genießen: „Einkaufszentren leiden vor allem unter den hohen Mieten von monatlich bis zu 50 bis 100 Euro pro Quadratmeter. Diese Kosten wollen Mieter vor dem Hintergrund steigender Onlineumsätze nicht mehr bezahlen. Innerstädtische Einkaufsstraßen haben eine hohe Abhängigkeit von ausländischen Touristen. Wenn diese aufgrund von Restriktionen, eingeschränktem Sicherheitsempfinden oder wirtschaftlichen Verschlechterungen teilweise ausbleiben, leidet diese Assetklasse besonders“, so Obrowsky. Im Bürobereich führen Trends wie Homeoffice und Shared Desk zwar quer durch Österreich und Deutschland zu einer VerschieIMMOBILIEN . Gewerbeimmobilienmarkt Gute Investmentchancen Aktuelle Mietrenditen: Österreich (Quelle: EHL/Pöltl): Gute Büroobjekte Wien (außerhalb erster Bezirk): 5 % und Aufschlag für Bundesländer von 50 bis 100 Basispunkten. Österreich/Deutschland (Quelle: LLB Immo KAG/Obrowsky): Hauptstädte (Ö) und Big 7 (D), andere Standorte Renditeaufschlag von 25 bis 75 Basispunkten. Spitzenrenditen (Top-Lage u. -Qualität): Büros: 4,25 bis 4,50 %; Logistikimmobilien: 4,75 %; Fachmarktzentren (FMZ): bereits stabile 5,5 %; Einkaufsstrassen: 4,0 %, Einkaufszentren: 5,25 %, Hotels ca. 5,0 %. Achtung: weitere moderate Renditeanstiege sind möglich (Ausnahme FMZ). Allen Unkenrufen zum Trotz bietet der Gewerbeimmobilienmarkt bei genauerem Hinsehen wieder vereinzelt selektive Chancen. Das GELD-Magazin befragte dazu zwei erfahrene Experten für Gewerbeimmobilien in Österreich und Deutschland. MICHAEL KORDOVSKY Credits: beigestellt/Archiv; Maksym Yemelyanov/stock.adobe.com „Insbesondere Privatinvestoren und Familiy-Offices, die in den letzten Jahren wenig aktiv waren, beginnen, den Markt wieder nach Opportunitäten zu sondieren.“ Franz Pöltl, geschäftsführender Gesellschafter bei EHL Investment Consulting 60 . GELD-MAGAZIN – Ausgabe Nr. 1/2024
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