GELD-Magazin, Nr. 1/2024

Credits: beigestellt/Archiv Das Zinsplateau dürfte dies- und jenseits des Atlantiks erreicht sein. Die Europäische Zentralbank (EZB) sollte den Leitzins im Abwärtszyklus um 1,5 Prozent senken. Probleme bereiten aber die Verschuldung. Ariel Bezalel glaubt, dass die EZB zu sehr über Inflation und Lohnkostendruck besorgt ist und die Ängste davor unberechtigt sind – sowohl in den USA wie auch in Europa. „Was die US-Notenbank betrifft, so kann man behaupten, dass die Märkte sehr weit gegangen sind und mehr als sechs Zinssenkungen eingepreist haben, wir glauben höchstens an fünf.“ Bei der Konjunktur sieht Bezalel ein Mittelding zwischen Soft und Hard Landing. Wenn China die Immobilienkrise nicht in den Griff bekommt, könnte sich das destabilisierend auf die Weltwirtschaft auswirken. „Auch Schieflagen bei US-Gewerbeimmobilien könnten in den nächsten Monaten zu einem großen Problem werden,“ so Bezalel. Im Jupiter Dynamic Bond hat er eine hohe Duration (Laufzeit) bei Staatsanleihen und eine kurze bei Unternehmensanleihen. Im High Yield-Bereich liegt sie bei rund zwei Jahren. „Wir bleiben in diesem Anleihesegment vorsichtig. Sorgen bereiten uns vor allem die Zykliker, Automobilhersteller sowie die Chemiekonzerne. Wir konzentrieren uns hier auf Telekommunikation, Einzelhandel sowie den Pharmasektor. Attraktiv sind für uns derzeit die Betreiber von Krankenhäusern. Hier können wir Renditen von bis zu 13 Prozent erzielen. Interessant sind auch europäische Immobilien. Viele Unternehmen sind überschaubar verschuldet und verfügen über ausreichend Liquidität. Nur von Gewerbeimmobilien würde ich abraten“, erläutert Bezalel. Er hat sein High Yield-Exposure von 40 auf 34 Prozent gesenkt. „Zuletzt haben wir die Duration insgesamt von sieben auf neun Jahre erhöht. Was den Ausblick anbelangt, macht ihm die hohe Verschuldung Sorgen. In den USA und in Europa liegt sie im Verhältnis zum BIP bei über 100 Prozent. Ich glaube aber, dass wir nicht die Schulden im Verhältnis zum BIP betrachten sollten, sondern die Zinsen auf die Schulden im Verhältnis zum BIP. Aus dieser Perspektive ergibt sich ein ganz anderes Bild, das in den meisten Ländern zwischen zwei und vier Prozent liegt. Im Moment ist das noch nicht besorgniserregend, auch wenn die Schuldenentwicklung nicht gut ist. Bis zu einer Krise wird es aber noch viele Jahre dauern.“ Anleger, die die folgenden Ausführungen lesen, werden gute Nerven benötigen. Denn Barnaby Wiener hat einige unangenehme Wahrheiten für sie auf Lager – zumindest, was die Aktienbewertungen anbelangt. „Prudent“, also vernünftig, ist die Anlagestrategie des MFS Meridian - Prudent Capital Fund (LU1442548993), tatsächlich. Der Fonds investiert in Aktien, Anleihen, Geldmarkt- und geldmarktnahe Instrumente. Barnaby Wiener, Mitglied im Managementteam, gesteht unverblümt ein, dass es nicht Ziel dieses Fonds ist, die Renditen in allen Marktphasen zu maximieren. Seine größte Stärke liegt in der konsequenten Verlustbegrenzung durch strikte Absicherung in Bärenmärkten. „Diese müssen wir uns aber durch eine schwächere Partizipation an Aufwärtsphasen erkaufen“, erklärt Wiener. So mindern die Positionen in Geldmarktanlagen den Ertrag. „Dazu kommt eine Absicherungsstrategie, die jedes Jahr ein bis zwei Prozent Performance kostet. Sie hat das Portfolio allerdings auch vor hohen Verlusten geschützt“, rechtfertigt Wiener den Ansatz. Trotzdem erreichte der Fonds zuletzt ein neues Allzeithoch. Dies dank der starken Gewichtung des Technologiesektors von fast 21 Prozent (z.B. Alphabet). Kapitalanlage ist harte, oft frustrierende Arbeit, erinnert sich Wiener: „Im Rückblick fällt mir auf, dass gerade die viel gepriesenen ‚Spitzenunternehmen‘ nicht wirklich erfolgreich waren: GE, Tyco (ging pleite) , IBM, Cisco, Nortel (ging pleite), Nokia, Ericsson, Vodafone, Pfizer, AOL Time Warner (Quasi-Pleite) oder AIG (Quasi-Pleite).“ Und Wiener warnt die Anleger: „Ich glaube, dass Aktien stark überbewertet sind. Gewinnmargen und KGVs sind höher als im langfristigen Durchschnitt. Die ‚Magnificent Seven‘ sind besonders anfällig. Ich möchte nicht darauf wetten, dass wir das ‚dauerhaft höhere Niveau‘ erreicht haben, das Irving Fisher im Oktober 1929 kurz vor dem historischen Börsencrash sah. Gemessen an konjunkturbereinigten Kennziffern wie dem Shiller-KGV scheinen Verluste von 50 Prozent möglich. Ein Anleger, der sich nicht darauf vorbereitet, kommt mir vor, wie ein Motorradfahrer ohne Helm.“ Und so ist er eben nicht voll investiert, um genügend Cash zu haben, um bei einem jederzeit möglichen Crash zu günstigen Kursen einzusteigen. Last but not least: Die hohen geopolitischen Risiken. Die Friedensdividende ist leider für viele Jahre nicht mehr zu haben. AKTIENMÄRKTE . Das „hohe Plateau“ wird nicht halten ZINSTRENDS . Anleihemärkte in der Trendwende MÄRKTE & FONDS . Experten-Umfrage 2024 „Ich möchte nicht darauf wetten, dass wir das ‚dauerhaft höhere Niveau‘ erreicht haben, das Irving Fisher im Oktober 1929 kurz vor dem historischen Börsencrash sah.“ Barnaby Wiener, Portfoliomanager, MFS Prudential „Wegen der hohen Verschuldung glauben wir, dass die Wahr- scheinlichkeit einer harten Rezession in den USA zunimmt.“ Ariel Bezalel, Fondsmanager, Jupiter Dynamic Bond 26 . GELD-MAGAZIN – Ausgabe Nr. 1/2024

RkJQdWJsaXNoZXIy MzgxOTU=