GELD-Magazin, Nr. 6/2023

IM JAHR SINKENDER ZINSEN Die attraktivsten Aktien- und Anleihenmärkte! Österreichische Post AG | MZ 03Z035262 M | 4profit Verlag GmbH, Rotenturmstraße 19/1/29 B, 1010 Wien | Ausgabe Nr. 6/2023 | 6,90 Euro Finanzpolitik + Volkswirtschaft + Länder- und Branchenanalysen + Banking + Investmentfonds + Aktien + Immobilien + Rohstoffe + Blockchain + Alternative Investments + Versicherungen DAS MAGAZIN FÜR WIRTSCHAFT, POLITIK & INVESTMENTPRODUKTE Stefan Bruckbauer Der Chefökonom der UniCredit Bank Austria über die Aussichten für die Wirtschaft in Österreich. Börse Wien Was Analysten im Jahr 2024 erwarten. Alle Unternehmen mit den höchsten Kurszielen und den größten Kurschancen. Nachhaltigkeit Die Gewinner der FNG-Siegel und warum sich ESG-Kriterien bei der Geldveranlagung immer mehr auszahlen. AUSBLICK Peter Brezinschek Der Head of Research a. D. der Raiffeisen Bank International über die Erkenntnisse von 40 Jahren Börsengeschichte.

Nachhaltigkeit ist keine Modeerscheinung. Sie ist das Herz unserer Anlageentscheide.

Ausgabe Nr. 6/2023 – GELD-MAGAZIN . 3 Auf ihren Dezember-Sitzungen ließen sowohl die US-Notenbank Fed als auch die EZB neuerlich die Leitzinsen unverändert. Der Zinsgipfel dürfte erreicht sein, auch weil die Prognosen für Konjunktur und Inflation weiter gesenkt wurden. Einen Überraschungsmoment bot Fed-Chef Jerome Powell, indem er andeutete, dass er bereits begonnen hat, über Zinssenkungen nachzudenken. EZB-Präsidentin Christine Lagarde ließ hingegen die Rute im Fenster und nützte die Markteuphorie, um das geplante Abschmelzen der Anleihenbestände aus dem PEPP auf Mitte 2024 vorzuziehen. In jedem Fall feiern die Märkte bereits seit Anfang November die Zinswende. Dabei wirft sich aber ein anderes Problem auf: In Erwartung niedrigerer Zinsen, die aufgrund von Zweitrundeneffekten bei der Inflation voraussichtlich noch etwa ein halbes Jahr auf sich warten lassen werden, könnte es zur Aufschiebung von Investitionen kommen – die Auftragseingänge sind derzeit bekanntlich schwach. Trotz dieses Gefahren-Momentums für die Wirtschaftsentwicklung ist der generelle Trend sowohl bei Aktien wie auch bei Anleihen weiterhin nach oben vorgezeichnet, in den Börsenkursen aber bereits zum Teil verarbeitet. Mit zwischenzeitlichen Korrekturen sollte man 2024 jedenfalls rechnen – z.B., wenn die Inflation wieder etwas anziehen sollte und die Zinsen doch nicht so rasch wie erwartet gesenkt werden. Auch könnte die Nachrichtenlage beim Ukrainekrieg oder im Taiwan-Konflikt kippen. Weiters stehen die Präsidentschaftswahlen in den USA am Plan, wo sich bislang kein wirklich geeigneter Kandidat abzeichnet (s. Seite 10). Was für die wichtigsten Anlageregionen und -branchen im Jahr 2024 erwartet wird – plus die besten Anlageprodukte dazu, finden Sie in unserer umfangreichen Story ab Seite 24. Und nicht zuletzt wurde dem Thema Nachhaltigkeit durch die jüngste Verleihung der FNG-Siegel (FNG = Forum Nachhaltige Geldanlage; Bericht ab Seite 54), dessen wichtige Rolle im Anlagebereich unter Beweis gestellt. Auch wenn durch den enttäuschenden Abschlussbericht der Klimakonferenz in Dubai, COP28, den Neuen Energien etwas Wind aus den Segeln genommen wurde – auch hier dürfte es 2024 wieder zu lukrativen Anlagechancen kommen. Mario Franzin, Chefredakteur GELD-Magazin Zinsgipfel editorial impressum MEDIENEIGENTÜMER UND HERAUSGEBER 4profit Verlag GmbH · MEDIENEIGENTÜMER-, HERAUSGEBER- UND REDAKTIONSADRESSE Rotenturmstraße 19/1/29B, 1010 Wien · T: +43/676/570 95 10 · E: [email protected] · GESCHÄFTSFÜHRUNG Snezana Jovic, Mario Franzin · CHEFREDAKTEUR Mario Franzin REDAKTION Mario Franzin, Mag. Harald Kolerus, Michael Kordovsky, Wolfgang Regner, Moritz Schuh MSc, Mag. Christian Sec · LEKTORAT Mag. Rudolf Preyer · GRAFISCHE LEITUNG Noura El-Kordy · COVERFOTO Creative Nation/stock.adobe.com · DATENANBIETER Lipper Thomson Reuters*, Morningstar · VERLAGSLEITUNG Snezana Jovic · BACKOFFICE & ONLINE REDAKTION Ivana Jovic · MARKETING & ANZEIGENVERKAUF Anita Tenic · IT-MANAGEMENT Oliver Uhlir · DRUCK Berger Druck, 3580 Horn, Wiener Str. 80 · VERTRIEB PGV Austria, 5412 Puch, Urstein Süd 13. www.geld-magazin.at ABO-HOTLINE: +43/699/1922 0326 · [email protected] * Weder Lipper noch andere Mitglieder der Reuters-Gruppe oder ihre Datenanbieter haften für Fehler, die den Inhalt betreffen. Performance-Ranglisten verwenden die zur Zeit der Kalkulation verfügbaren Daten. Die Beistellung der Performance-Daten stellt kein Angebot zum Kauf von Anteilen der genannten Fonds dar, noch gilt sie als Kaufempfehlung für Investmentfonds. Für Investoren gilt es zu beachten, dass die vergangenen Performancewerte keine Garantie für zukünftige Ergebnisse darstellen. FOTO: ivanashoots.com

BRENNPUNKT 06 Kurzmeldungen Österreicher: Die glücklichsten Europäer + Autobranche: Schnelles Wachstum. 08 Interview Stefan Bruckbauer Die Rezession ist in Österreich angekommen. Der Chefökonom der UniCredit Bank Austria sieht 2024 aber eine wirtschaftliche Aufhellung am Horizont. 10 US-Wahlen Wird Joe Biden oder doch wieder Donald Trump der nächste Präsident? Beide Möglichkeiten stimmen unbehaglich. WIRTSCHAFT 14 Kurzmeldungen OeNB: Konsum stützt Wirtschaft + Fiskalrat: Mahnung zu Budget-Disziplin. 16 Pleitewelle Immer mehr Unternehmen müssen Insolvenz anmelden und die Zahlungsmoral sinkt. Keine guten Vorzeichen. BANKING 18 Kurzmeldungen Zinsausblick: Tauben in der Überzahl + Raiffeisen: von schwarzer Liste gestrichen. MÄRKTE & FONDS 22 Kurzmeldungen Luxusmarken: Nicht nur zu Weihnachten gefragt + Klimagipfel: Licht und Schatten. 24 Interview Peter Brezinschek Der Finanzmarktexperte lässt 40 Jahre Börsengeschehen Revue passieren. 26 Ausblick Regionen 2024 wird volatil, Anlagechancen sind aber rund um den Globus vorhanden. 28 Europa Nur verstaubt und altmodisch? Nein, der Kontinent hat viel mehr zu bieten. 32 USA An der größten Börse der Welt kommt kein Aktieninvestor vorbei. 34 Asien Hier sind Wachstum und immer mehr innovative Unternehmen beheimatet. 36 Ausblick Branchen Spannende Sektoren sorgen für die richtige Würze in jedem Portfolio. 38 Technologie Künstliche Intelligenz sorgte für einen riesigen Hype – so geht es jetzt weiter. 42 Healthcare Gesundheit hat immer Saison. Ausgabe Nr. 6/2023 inhalt Regionen-Fokus Asien, USA und Europa: Wo 2024 die höchsten Renditen locken Seite 26 Credits: beigestellt; Muhammad Shoaib & Creative Nation & metamorworks/stock.adobe.com Der bekannte Volkswirt Stefan Bruckbauer über den zögerlichen Aufschwung in Österreich Seite 08 4 . GELD-MAGAZIN – Ausgabe Nr. 6/2023

44 Gold Das Edelmetall glänzt als Diversifikator und steht für soliden Werterhalt. 46 Zinn Ein oftmals unterschätzter Rohstoff: Die Nachfrage nach Zinn steigt, die Produktion geht hingegen zurück. 48 Anleihen Die Zinsen sind zurück, und mit ihnen wieder attraktive Bonds-Renditen. 52 Institutional Investors Congress Ausgewiesene Experten werfen einen Blick auf die Megatrends von heute und morgen. 56 Nachhaltigkeit Das FNG-Gütesigel sorgt für Orientierung unter verantwortungsvollen Investoren. AKTIEN 64 Anlagetipps Visa: Digitaler Euro + Applied Materials: KIProfiteur + Schneider Electric: Rekordhoch. 66 Aktien Deutschland Der DAX erreichte einen neuen Höchststand, kann das so weiter gehen? 68 Aktien Wien Manche Wiener AGs haben ihr Potenzial schon ausgereizt, andere legen erst los. BLOCKCHAIN 72 Kurzmeldungen SEC: Sinneswandel bei Regulierungen + Binance: CEO tritt zurück. 74 Bitcoin Der Krypto-Markt steht vor wesentlichen Veränderungen und könnte bald einen neuen Frühling erleben. IMMOBILIEN 76 Kurzmeldungen Neue Gebühren: Wohnen wird noch teurer + UBM: Spatenstich zu „Timber Peak“. 78 Wohnen Nach einem Preisrückgang bei Wohnimmobilien ist jetzt Stabilisierung angesagt. VERSICHERUNG & VORSORGE 80 Kurzmeldungen Gut versichert? Zimmerbrände drohen + Pensionen: Dringender Handlungsbedarf. 81 FLV-Listing Der monatliche Überblick zu Fondsgebundenen Lebensversicherungen. 82 Buchtipps Henry Kissinger: China + Kai Spriesterbach: Richtig Texten mit Künstlicher Intelligenz + Christoph Zulehner: MESH. AUSBLICK Das GELD-Magazin widmet sich dem neuen Jahr aus Investment-Sicht. Peter Brezinschek, graue Eminenz der heimischen Finanzszene, über 40 Jahre an der Börse. Seite 24 Top-Branchen Mit der richtigen Sektorenauswahl von starken Trends profitieren. Seite 36 Ausgabe Nr. 6/2023 – GELD-MAGAZIN . 5

BRENNPUNKT . Kurzmeldungen Credits: beigestellt/Archiv; pixabay; J S/stock.adobe.com Geothermie Schlüssel zur Energiewende Warm anziehen. Mehr als die Hälfte des Endenergieverbrauchs in der EU entfällt auf Wärmeerzeugung, die vor allem in Gebäuden, in der Industrie und für Dienstleistungen gebraucht wird. Vor dem Hintergrund der angestrebten Dekarbonisierung – mit dem Ziel der österreichweiten Wärmeversorgung durch erneuerbare Energien bis 2040 – ist es daher wichtig, kohlenstoffarme Alternativen für die Wärmeerzeugung zu erschließen. Das besagt eine aktuelle Studie von PwC, die Kernergebnisse: Geothermie kann als fester Bestandteil der Energiewende dazu beitragen, Emissionen nachhaltig zu reduzieren und die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern zu verringern. Insbesondere für Gemeinden, Industriebetriebe und Energieversorgungsunternehmen bietet Geothermie ein großes Potenzial. 6 . GELD-MAGAZIN – Ausgabe Nr. 6/2023 Freie Fahrt für Innovation. Die Beratungsgesellschaften Roland Berger und Lazard zeigen sich zuversichtlich für Unternehmen in der Automobilzuliefererbranche, die vor allem die Themen Batterien, Halbleiter und Software besetzen. Denn diese hochprofitablen Firmen wachsen stark und erzielen über alle Geschäftsfelder hinweg sehr hohe EBIT-Margen. Waren es 2022 im Batteriesegment noch in etwa zehn Prozent, erzielten Unternehmen im Halbleiter-Geschäft rund 30 Prozent und bei Software sogar circa 35 Prozent EBIT-Marge. Auf der anderen Seite stehen die traditionellen Automobilzulieferer. Die Rekordergebnisse aus dem letzten Jahrzehnt sind hier passé. Die neue Normalität sind EBIT-Margen von fünf Prozent oder weniger (4,6 % in 2022). Insgesamt bleibt der Zulieferermarkt aber ein Wachstumsgeschäft, jedoch mit anderen Komponenten, bei anderen Kunden und für andere Zulieferer als heute. Bis 2030 wird er um mehr als 30 Prozent auf insgesamt 1,3 Billionen Dollar zulegen, was einem jährlichen Wachstum von vier Prozent entspricht. Zu scharfen Konkurrenten zählen übrigens zunehmend asiatische Zulieferer, sie gehören momentan zu den Gewinnern im heiß umkämpften Markt. Sie wachsen zum einen mit ihren Automobilherstellern aus Fernost durch den Anstieg lokaler Produktionszahlen. Zum anderen profitieren sie stark von der Elektrifizierung des Antriebsstrangs sowie der Digitalisierung. Automarkt: Attraktive Margen Prosit! Claudia Figl, Vorstandsvorsitzende vom Österreichischen Verband Financial Planners, hat drei „Geld-Vorsätze“ für 2024 parat: Erstens, den Schritt an den Kapitalmarkt zu wagen. Denn obwohl die Zinsen auf Sparbüchern und Festgeldkonten attraktiv erscheinen, ist das höhere Zinsniveau nicht von Dauer. Anleger sollten über das unmittelbare wirtschaftliche Umfeld hinausblicken und unterschiedliche Faktoren bei der Wahl der geeigneten Anlageform berücksichtigen. Zweitens: Insbesondere Frauen sollten sich verstärkt darum bemühen, ihre eigenen Finanzen zu managen, und sollten sich nicht ausschließlich auf andere verlassen. Der dritte Vorschlag mag überraschen: „Den letzten Willen besser heute als morgen festhalten. Es ist äußerst sinnvoll, ein Testament zu verfassen, das den individuellen Wünschen des Erblassers entspricht. Schieben Sie es nicht unnötig vor sich her, sondern nützen Sie das neue Jahr.“ 2024: Gute Vorsätze Claudia Figl, Vorstandsvorsitzende, Verband Financial Planners 01234567 DIE ZAHL DES MONATS 100 Milliarden Für das Klima. Die Ziele der UNO für soziale Entwicklung (Social Development Goals, SDG) sind noch nicht in Reichweite, zumindest werden aber in einigen Bereichen Fortschritte gemacht. Das geht aus einem Bericht von M&G hervor. Der Vermögensverwalter beobachtet die SDG regelmäßig. Aus der Analyse geht hervor, dass nur die Ziele „Keine Armut“ und „Klimaschutz“ ihre Werte verbessert haben. Erfreulich: Das UN-Ziel, jährlich mit 100 Milliarden Dollar den Klimaschutz zu finanzieren, ist 2022 endlich erreicht worden. Die Fortschritte bei verantwortungsvollem Konsum und verantwortungsvoller Produktion, Frieden, Gerechtigkeit und starken Institutionen sind hingegen zurückgegangen.

FONDS SUPERMARKT Erklimmen Sie jetzt die Fondsgipfel! Profitieren Sie von den günstigen Konditionen des FondsSuperMarkt in Österreich Einfach und günstig Investmentfonds kaufen 100% Rabatt 0 € Ausgabeaufschlag beim Kauf von mehr als 3.900 Fonds 0 € Orderspesen Sie zahlen keine Spesen beim Kauf oder Verkauf 1 € pro Monat Es fallen lediglich geringe Kosten für die Kontoführung an Steuereinfach und sicher verwahrt bei einer österreichischen Bank Mehr erfahren und Depot eröffnen! www.fonds-super-markt.at/geldmagazin Verbesserungen gefordert. Auch wenn sich viele Österreicherinnen und Österreicher inzwischen an Aktien und Investmentfonds heranwagen: Der Nachholbedarf von Kapitalmarktinvestments gegenüber Sparbuch oder Festgeld bleibt sehr hoch. So flossen im Jahr 2023 erneut Rekordsummen in die Sparanlagen – schließlich locken die in den letzten 18 Monaten deutlich gestiegenen Zinsen. Die Gründe, warum zahlreiche Österreicherinnen und Österreicher sich nicht so richtig an Aktien, Fonds, ETFs & Co. herantrauen, sind zahlreich. Wie das „Finanzbarometer 2023 – Österreich“, eine repräsentative Befragung von 1.000 Frauen und Männern in Österreich durch J.P. Morgan Asset Management, zeigt, beruhen die meisten Gründe, warum die Österreicher sich nicht am Kapitalmarkt engagieren, auf fehlendem Finanzwissen. Die meisten Befragten sehen Schule und Eltern in der Pflicht, um das Finanzwissen zu verbessern. Doch auch „Learning by doing“ ist für viele eine wichtige Option. Wirtschaftsmedien zu verfolgen, kann auch nicht schaden. Finanzwissen: Mehr ist mehr Meilenstein. Mitte Dezember konnte in den Trilog-Verhandlungen zum EU-Lieferkettengesetz eine Einigung erzielt werden. Die neue Richtlinie wird dazu führen, dass große Unternehmen menschenrechtliche und umweltbezogene Sorgfaltspflichten umsetzen müssen. Anders als beim deutschen Lieferkettengesetz ist auch eine zivilrechtliche Haftung vorgesehen. Das bedeutet, Betroffene können Entschädigungen einklagen und Unternehmen müssen somit Verantwortung übernehmen. „Der erzielte Kompromiss stellt einen Meilenstein dar, doch der Kampf für eine Welt ohne Ausbeutung ist noch lange nicht vorbei. Das Fehlen echter Klimaverpflichtungen sowie weitreichende Ausnahmen für den Finanzsektor gefährden die Effektivität des EU-Lieferkettengesetzes“, sagt Bettina Rosenberger, Koordinatorin der Kampagne „Menschenrechte brauchen Gesetze“. Die EU-Richtlinie soll nach letzten Detailverhandlungen in Österreich innerhalb von zwei Jahren in nationales Recht umgesetzt werden. Lieferkettengesetz: Einigung Geld ist nicht alles. Das war sogar dem britischen „Independent“ einen Bericht wert: Neue Zahlen der Statistikbehörde der Europäischen Union bescheinigen Österreich, das glücklichste Land in der EU zu sein. In der jährlichen Veröffentlichung der „Lebensqualitätsindikatoren“ von Eurostat erreichte Österreich insgesamt 7,9 von 10 Punkten. Polen, Finnland und Rumänien belegten gemeinsam den zweiten Platz und erzielten jeweils 7,7 von 10 Punkten. Womit materieller Wohlstand nicht alleine ausschlaggebend für das Glücksgefühl sein dürfte. Denn Rumänien und Polen zählen nicht zu den reichsten Staaten innerhalb der EU, Österreich hingegen schon. Das Glück ist eben ein Vogerl. Österreich: Wir sind glücklich!

Erholung in Sicht Das GELD-Magazin berichtet online und in Print natürlich regelmäßig über die Entwicklung der heimischen Wirtschaft. Für aufmerksame Leserinnen und Leser ist hierbei der „UniCredit Bank Austria Konjunkturindikator“ ein ständiger Begleiter, wobei sich diese Analyse in den vergangenen Monaten nicht erfreulich gelesen hat. Da dominierten Überschriften wie „Konjunkturlage in Österreich bleibt angespannt“, „Talfahrt weiter fortgesetzt“ oder Ähnliches. Zuletzt sind aber doch Silberstreifen am Horizont aufgetaucht, so verbessert sich etwa der heimische Einkaufsmanagerindex zusehends. Eine Bodenbildung zeichnet sich ab, was auch Stefan Bruckbauer in seiner Funktion als Chefvolkswirt der UniCredit Bank Austria im ausführlichen Interview bestätigt. Harte Landung, weiche Landung – man verliert den Überblick. Wie groß ist die Rezessionsgefahr für die Welt, Europa und Österreich? Es gilt natürlich, regional zu differenzieren: Die Vereinigten Staaten performen aus wirtschaftlicher Sicht gut, im dritten Quartal 2023 sogar erstaunlich gut. Die Vorlaufindikatoren deuten jetzt auf ein „Soft Landing“ hin, zuvor war allgemein eine harte Landung erwartet worden. Wir gehen aktuell in den USA im Jahresverlauf 2024 von einer Stagnation aus. Für Europa ist man bereits im Voraus nicht besonders euphorisch gewesen, wir haben dann auch eine weitere Abkühlung gesehen. Das gilt vor allem für große Volkswirtschaften wie Deutschland. Europa und auch Österreich fielen wegen schwächerer Einkommensentwicklung bisher beim Wirtschaftswachstum hinter die USA zurück. 2024 werden wir nur bescheidenes Wachstum im Euroraum erreichen können – und eine Erholung mit unterdurchschnittlichem Tempo in 2025. Können Sie noch näher auf die Situation in Österreich eingehen? Österreichs Wirtschaft ist bereits im zweiten Quartal 2023 in die Rezession abgeglitten, zuvor waren wir besser unterwegs. Auf das Gesamtjahr gerechnet, werden wir voraussichtlich einen Rückgang des BIP um 0,5 Prozent hinnehmen müssen. Wobei nicht nur die Realeinkommensentwicklung belastet, auch die zusätzlichen Ersparnisse aus der Pandemie wurden bisher nicht abgebaut. Im Gegenteil, die Sparquote liegt noch immer höher als vor der Corona-Zeit. Zum Ausblick: Eine Konsumbelebung und die Wende im Lagerzyklus lassen einen BIP-Anstieg um 0,3 Prozent 2024 und, unterstützt durch die Zinswende, ein moderates Wachstum von 1,5 Prozent im Jahr 2025 in Österreich erwarten. Man könnte jetzt sagen, dass man sich von einer Rezession härtere Auswirkungen erwartet. Zu spüren war aber nicht sehr viel ... Bei der Arbeitslosigkeit sehen wir seit rund zwei, drei Monaten einen Anstieg, allerdings auf geringem Niveau. Der Arbeitsmarkt wächst noch und es ist eine große Nachfrage in bestimmten Bereichen zu beobachten. Wo man die Konjunkturschwäche zu spüren beginnt, ist in den zyklischen Sektoren, etwa in der Baubranche, Industrie, Leiharbeit etc. Natürlich hat die Wirtschaft viel Unterstützung erlebt, vor allem durch die Kurzarbeit, aber auch die internationale An einer Rezession kommen wir nicht vorbei, allzu dramatisch dürfte sie allerdings nicht ausfallen. Außerdem zeichnet sich laut Volkswirt Stefan Bruckbauer auch schon wieder der Aufschwung am Horizont ab. HARALD KOLERUS Credits: ivanashoots ZUR PERSON Geboren in Ried im Innkreis studierte Stefan Bruckbauer Volkswirtschaftslehre an der Universität Linz. Er war lange Jahre als Lektor für Volkswirtschaftstheorie an der Uni Linz und als Lektor an der Fachhochschule für Bank- & Finanzwirtschaft Wien tätig. Seit 2009 ist Bruckbauer Leiter der Abteilung Economics & Market Analysis Austria und Chefvolkswirt der UniCredit Bank Austria. Sein Arbeitsschwerpunkt sind die Wirtschaft Österreichs, der Finanzmarkt allgemein, CEE und die EU, der Euro, der Bankenmarkt in Österreich und in der EU. Er ist auch gerne als Vortragender gesehen, zuletzt beim IIC des GELD-Magazins. 8 . GELD-MAGAZIN – Ausgabe Nr. 6/2023 INTERVIEW . Stefan Bruckbauer, UniCredit Bank Austria

Geldpolitik ist als Erfolg zu bewerten und hat geholfen. Man sollte nicht immer alles schlecht reden, eben auch nicht die Wirtschaftspolitik. Ohne ihre Unterstützung würde der Arbeitsmarkt heute sicherlich anders aussehen. Auch eine riesige Insolvenzwelle ist nach dem starken Wirtschaftseinbruch von 2020 ausgeblieben. Wie wird es jetzt mit der Teuerung in Österreich weitergehen? Die Inflation befindet sich auch hierzulande weiter auf dem Rückzug, allerdings langsamer als im Euroraum: Für Österreich wird eine durchschnittliche Teuerung von 3,6 Prozent 2024 und 2,3 Prozent 2025 erwartet. Ich meine: Die sinkende Inflation und die steigende Kaufkraft führen die heimische Wirtschaft aus der Rezession. Warum ist die Inflation in Österreich höher als im EU-Schnitt ausgefallen? Die heimische Lage hat sich bereits gebessert und an die Inflationssituation in Deutschland angeglichen. Was Österreich nicht gelungen ist, war die Inflation im Kern abzufangen, also an der Wurzel zu packen. Man hätte früher bei den Energiekosten ansetzen können, anstatt erst im Nachklang mit Löhnen und Subventionen zu reagieren. Dann hätten wir auch nicht diese Delle beim Konsum gehabt. Ich glaube jetzt allerdings nicht, dass die Inflation der entscheidende Faktor für den Wirtschaftsstandort Österreich ist. Welche Faktoren wären das? Was für Österreich gilt, gilt auch für die EU. Wichtig für den Standortwettbewerb sind etwa die Anwendung von Künstlicher Intelligenz, die Bereitstellung von Risikokapital, der vernünftige Umgang mit Regulierungen und die Weichenstellungen in der Energiepolitik. Was aber nicht bedeutet, dass Österreich alleine nichts unternehmen kann. Jedes Land kann daran mitwirken, in welche Richtung die europäische Reise weitergeht. Apropos Europa: In welche Richtung entwickelt sich die EU? Es existieren im Wesentlichen zwei Strömungen. Die eine sagt: Wir wollen keine weitere Integration der EU, jedes Land soll möglichst seine eigenen Lösungen finden. Die andere meint: In der heutigen Welt braucht die EU mehr politische Weiterentwicklung und Einheit. Ein Zersplittern der EU wäre für Österreich jedenfalls katastrophal. Umfragen geben dabei Grund zur Hoffnung, dass sich die integrativen Kräfte durchsetzen werden. www.bankaustria.at Was Österreich nicht gelungen ist, war, die Inflation im Kern abzufangen, also an der Wurzel zu packen. Man hätte früher ansetzen können. Ausgabe Nr. 6/2023 – GELD-MAGAZIN . 9

Vor allem diesseits des Atlantiks fiel vielen Bürgern ein Stein vom Herzen, als Joe Biden zum neuen Präsidenten der USA gekürt wurde. Denn sein Vorgänger, Donald Trump, war für den europäischen Geschmack noch gruseliger als für den amerikanischen. Seine RabiatPolitik und Diplomatie mit ungeschärfter Klinge verstört. Das Fass zum Überlaufen bei demokratisch gesinnten Menschen brachte aber Trumps ziemlich unverhohlener Aufruf zum Sturm des Kapitols – und die standhafte Verweigerung, die legitimierte Wahl des Konkurrenten anzuerkennen. Das Comeback Eine breite Wählerschicht in den USA, die sich als ungerechtfertigte Verlierer der Gesellschaft und von „Eliten“ vernachlässigt sieht, nimmt Trump das allerdings nicht so krumm. Glaubt man Beobachtern, hat das Enfant terrible keine schlechten Chancen, der neue und alte Präsident der USA zu werden (siehe Bericht gleich links). Das mögliche Comeback löst mehr als Unbehagen aus, denn Trump liebäugelt öffentlich mit Autoritarismus. Dass er die Demokratie abschaffen will, sagt er natürlich nicht, aber mit zweideutiger Rhetorik will er offensichtlich Wähler vom rechten Rand abholen. So meinte Trump, im Falle seiner Amtseinführung wolle er Diktator für einen Tag werden, um die Grenzen nach Mexiko dicht zu machen. Diese und ähnliche Aussagen lassen einen ziemlich verwirrt zurück. Was ist wahr, was Übertreibung, was ein schlechter Witz? Trump lässt viele Deutungsmöglichkeiten offen und punktet gleichzeitig mit markigen Worten bei seiner Stammwählerschaft. Ein Populist der alten Schule. Im empfehlenswerten Buch „Die Präsidenten der USA“ fällt folgendes Urteil: „Beispiellos, präzedenzlos, unberechenbar: sind die Begriffe, die während der Amtszeit des 45. Präsidenten der USA sowohl bei Unterstützern als auch bei Gegnern Trumps zu hören waren.“ An dieser Polarisierung hat sich bis heute nichts geändert, ein Faktor, der Trump im aufgeheizten politischen Klima in den USA zugutekommen dürfte. Der Gegenspieler Auf der anderen Seite sehen wir sozusagen den Anti-Trump: Joe Biden. Tatsächlich dürfte sein bestes Wahlargument bei liberalen und gemäßigten Wählern sein, dass er nicht Donald Trump ist. Denn ansonsten mehren sich Bidens unglückliche Auftritte: Von peinlichen Versprechern, in denen er zum Beispiel die verstorbene Queen Elisabeth noch leben lässt, über das Ablesen von Regieanweisungen vom Teleprompter bis BRENNPUNKT . US-Wahljahr Duell zum Fürchten Donald Trump oder Joe Biden? Sozusagen eine Wahl der Qualen. Denn Trumps Programm könnte sogar die Demokratie in den USA gefährden. Der Amtsinhaber verblüfft hingegen durch bedenkliche Aussetzer. HARALD KOLERUS Credits: wikimedia/The White House; Gage Skidmore 10 . GELD-MAGAZIN – Ausgabe Nr. 6/2023 „God save the Queen, man.“ Joe Biden in einer Rede in Connecticut – lange, nachdem die britische Königin verstorben war. „Können Sie glauben, dass ich ein Politiker bin? Sogar ich kann es nicht.“ Donald Trump in seltener Selbsterkenntnis. Chancen und Umfragen Mit Meinungsumfragen in den USA ist es so eine Sache. Denn letztlich ist nicht die absolute Anzahl der Stimmen, die ein Kandidat auf sich vereint, für den Ausgang der Präsidentschaftswahl verantwortlich, sondern die Eroberung von sogenannten SwingStates. Dabei handelt es sich um USBundesstaaten, die sozusagen an der Kippe stehen, wo sowohl Republikaner als auch Demokraten gute Chancen auf den Sieg genießen. Trump in Führung Laut einer von Statista.com erfassten Umfrage hat Donald Trump derzeit in fünf der sechs besonders umkämpften „Battleground-States“ die Nase vorne. Nämlich: Nevada, Georgia, Arizona, Michigan und Pennsylvania. Der Vorsprung ist dabei zumeist ziemlich deutlich. Nur in Wisconsin werden Joe Biden die besseren Chancen zugesprochen.

C-QUADRAT ARTS Total Return Bond Diese Marketingmitteilung dient unverbindlichen Informationszwecken und stellt kein Angebot/Aufforderung zum Kauf/Verkauf von Fondsanteilen dar, noch ist sie als Aufforderung anzusehen, ein Angebot zum Abschluss eines Vertrages über eine Wertpapierdienstleistung/Nebenleistung abzugeben. Dieses Dokument kann eine Beratung durch Ihren persönlichen Anlageberater nicht ersetzen. Performanceergebnisse der Vergangenheit sind kein verlässlicher Indikator für die künftige Wertentwicklung. Jede Kapitalveranlagung ist mit einem Risiko verbunden. Kurse können sowohl steigen als auch fallen. Ausgabe- und Rücknahmespesen sind in der Berechnung der Performanceergebnisse nicht berücksichtigt. Die Performance wurde unter Anwendung der OeKB/BVI-Methode berechnet. Bei einem Anlagebetrag von 1.000,– EUR ist vom Anleger ein Ausgabeaufschlag iHv max. 30,– EUR zu bezahlen, welcher die Wertentwicklung seiner Anlage entsprechend mindert. Die dargestellte Wertentwicklung entspricht der Bruttoperformance, welche alle anfallenden Kosten auf Fondsebene beinhaltet und von einer Wiederanlage ev. Ausschüttungen ausgeht. Weitere, individuelle, auf Anlegerebene anfallende Kosten wie z.B. Transaktions-, Depotkosten und Steuern mindern den Ertrag des Anlegers zusätzlich. Grundlage für den Kauf von Fondsanteilen ist der gültige Verkaufsprospekt, das Basisinformationsblatt (PRIPPsKID) sowie der Jahresbericht und, falls älter als acht Monate, der Halbjahresbericht. Diese Unterlagen stehen dem Interessenten bei der Kapitalanlagegesellschaft Ampega Investment GmbH, Charles-de-Gaulle-Platz 1, D-50679 Köln, ARTS Asset Management GmbH, Schottenfeldgasse 20, A-1070 Wien, und am Sitz der Zahl- und Informationsstelle in Deutschland, Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank AG, Kaiserstraße 24, D-60311 Frankfurt am Main, sowie unter www.ampega.de, www.arts.co.at kostenlos in Deutsch zur Verfügung. Trends können sich ändern und negative Renditeentwicklungen nach sich ziehen. Ein trendfolgendes Handelssystem kann Trends über- oder untergewichten. Informationen über Bandbreiten für marktübliche Entgelte der Wertpapierfirmen sind unter www.fma.gv.at veröffentlicht. Stand Dezember 2023 Der C-QUADRAT ARTS Total Return Bond beobachtet laufend mehr als 1.000 Anleihefonds und -ETFs aus sämtlichen Kategorien (Regionen, Emittenten, Laufzeiten und Währungen) und überzeugt als chancenreicher Portfoliobaustein. Der Fonds besticht durch seinen hohen Grad an Flexibilität, nutzt Kurstrends und investiert über Zielfonds in die jeweils weltweit trendstärksten Anleihemärkte mit dem Ziel, in allen Marktphasen einen absoluten Wertzuwachs zu erwirtschaften. 220 200 180 160 140 120 100 2008 2011 2005 2014 2017 2020 2023 seit Auflage 24.11.2003 Berechnungsquelle: Cyberfinancials Datenkommunikation GmbH, Zeitraum 24.11.2003–15.12.2023 Wertentwicklung 108,43 % Gesamt 3,73 % Gesamt p. a. 7,84 % 5 Jahre 1,52 % 5 Jahre p. a. FLEXIBLER ANLEIHEFONDS Nähere Infos erhalten Sie bei Ihrem Anlageberater/Hausbank bzw. via QR-Code. ISIN: AT0000634720 (T) | WKN: A0B6WZ (T) ARTS Asset Management GmbH | Schottenfeldgasse 20 | A-1070 Wien [email protected] | www.arts.co.at | Tel: +43 1 955 95 96-0 Österreichischer Dachfonds Award 2023 des GELD-Magazins 1.Platz – über 5 Jahre 2.Platz – über 3 Jahre

Die Präsidenten der USA Christof Mauch (Hrsg.). Verlag: C.H.Beck. 621 Seiten. ISBN: 978-3-406-76733-3 12 . GELD-MAGAZIN – Ausgabe Nr. 6/2023 zum Sturz vor laufenden Kameras. Das macht kein gutes Bild für einen Mann der der stärksten Volkswirtschaft der Welt – und Atommacht Nummer eins – vorsteht. Im Rückspiegel Dabei würde die Bilanz seiner ersten Präsidentschaftsperiode gar nicht so schlecht ausfallen. Die Nachwehen der Corona-Pandemie konnten gut gemeistert werden, was durch massive staatliche Maßnahmen, wie Investitionen in Infrastruktur möglich wurden. Jetzt kann man natürlich sagen: Es ist keine Kunst, den Geldhahn voll aufzudrehen. Stimmt, entscheidend ist aber, wohin das Kapital fließt. Und hier hat Biden ein glückliches Händchen bewiesen: Im Sommer 2022 unterzeichnete er den „Inflation Reduction Act“ (IRA), der die Teuerung eindämmen und den Klimaschutz beflügeln soll. Das Paket umfasst die stolze Summe von 738 Milliarden Dollar – davon sollen 369 Milliarden in den Klimaschutz fließen, weitere 64 Milliarden Dollar sind für zusätzliche Investments in das staatliche Gesundheitssystem reserviert. Fazit: Man kann Geld auch viel sinnloser ausgeben. Wie mächtig das Instrument IRA zu sein scheint, zeigt nicht zuletzt die Reaktion der EU: Die Sorgen über die Zukunft des Standorts Europa wachsen nämlich. Der Bundesverband der Deutschen Industrie fasst zusammen: „Diskutiert wird nun, inwiefern der IRA zu einer Verlagerung von Investitionen in die USA zu Lasten des Standorts EU führen könnte.“ Fakt ist, dass die USA schon vor Verabschiedung des IRA ein attraktives Ziel für ausländische Investoren waren, da gerade in den letzten Jahren die Energiepreise vergleichsweise niedrig waren. Hinzukommen als positive Standortfaktoren unter anderem die Größe und Einheitlichkeit des Binnenmarktes. Der IRA kann also unangenehm für Europa werden, aber eben gut für die USA. Das wäre sozusagen eine „America-First-Politik“ mit dem „freundlichen Antlitz“ Joe Bidens. Internationale Auswirkungen Wer das Rennen letztlich macht, wird sich am 5. November 2024 entscheiden, für den die Wahlen angesetzt sind. Besser gesagt: In den Tagen (aufgrund der bereits legendär langsamen Stimmauszählung) oder Wochen danach (juristisches Hickhack im Nachklang ist nicht auszuschließen). Europa kann hierbei natürlich nur tatenlos zusehen, prekär ist der Ausgang für den „Alten Kontinent“ allerdings allemal. Stichworte: US-Außenpolitik und Ukraine-Krieg. Bekanntlich wird Trump einige Sympathie für Wladimir Putin und dessen autoritären Führungsstil nachgesagt. Das kann schmerzhaft ins Auge gehen, was die Unterstützung für die Ukraine betrifft, die letztlich großteils von den USA abhängig ist. Der Urnengang in den Vereinigten Staaten ist somit auch eine Schicksalswahl für Europa. Asien Die Präsidenten- und Parlamentswahlen in Taiwan sind bereits für den 13. Januar 2024 angesetzt. Der Urnengang bietet einigen Sprengstoff und ist auch von internationaler Bedeutung. Denn Taiwan ist in einen eher china-freundlichen und einen nationalistischen Flügel gespalten. Der Wahlausgang ist also mitentscheidend für die künftige Politik gegenüber Peking. Die Parlamentswahl in Indien (April/Mai) dürfte hingen eine „gmahte Wiesn“ für den amtierenden Präsidenten Narenda Modi werden. In der größten Demokratie der Welt sind sage und schreibe eine Milliarde Menschen wahlberechtigt. Es bestehen allerdings berechtigte Befürchtungen, dass Modi das Land zunehmend autoritär umbauen will. Wo noch gewählt wird Europa Die siebte Direktwahl zum EU-Parlament findet am 9. Juni 2024 statt, es setzt sich aus 705 gewählten Abgeordneten zusammen. Derzeit hat die Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP) die Nase mit 176 Abgeordneten vorne, es folgt die Progressive Allianz der Sozialdemokraten (S&D, 144 Abgeordnete). Österreich Im Herbst 2024 wird hierzulande der neue Nationalrat gewählt. Die FPÖ hat laut Meinungsumfragen die besten Chancen auf den ersten Platz, die Regierungsbildung dürfte sich aber schwierig gestalten. Denn Bundespräsident Van der Bellen würde sich über einen Bundeskanzler Herbert Kickl wahrlich nicht „amused“ zeigen. Ebenso wird ein Koalitionspartner nicht leicht zu finden sein. Nicht nur in den USA wird zum Urnengang gerufen. Hier die wichtigsten weltweiten Hotspots für das Jahr 2024. BRENNPUNKT . US-Wahljahr

01234567890 OeNB Konsum stützt Wirtschaft Österreich: Konjunktur schwächelt weiter Erholung muss warten. Die Schwächephase der heimischen Wirtschaft hält 2023 noch unvermindert an: Der UniCredit Bank Austria Konjunkturindikator verharrte im November bei 3,7 Punkten. Damit setzt sich die Bodenbildung zwar fort, doch ein Aufwärtstrend der österreichischen Wirtschaft ist vorerst weiterhin nicht in Sicht. In keinem Bereich ist derzeit ein stabiler Trend zu erkennen, der eine positive Richtung vorgeben würde. UniCredit Bank Austria Chefökonom Stefan Bruckbauer: „Während sich in der Bauwirtschaft der Pessimismus etwas abgebaut hat, trübte sich in der heimischen Industrie die Stimmung gegen Jahresende erneut ein, obwohl sich das globale Umfeld leicht verbesserte. Auf den Dienstleistungssektor wirkten sich die herausfordernden Vorgaben aus dem Produktionssektor wieder stärker negativ aus und sorgten für eine spürbare Stimmungsverschlechterung trotz abflauenden Gegenwinds des Verbrauchervertrauens.“ Erst im Jahresverlauf 2024 ist mit einer moderaten Erholung zu rechnen. Credit: beigestellt/OeNB Kaufen, kaufen, kaufen. Es ist nicht gerade so, dass sich derzeit die positiven Wirtschaftsnachrichten überschlagen, aber es gibt auch durchaus Hoffnungsschimmer: Für das Jahr 2024 rechnet die OeNB für Österreich mit einem moderaten BIP-Wachstum von 0,6 Prozent, das in erster Linie von einer stärkeren Konsumnachfrage getragen wird. Diese wird von kräftigen Realeinkommenszuwächsen infolge der verzögerten Inflationsabgeltung bei Löhnen und Pensionen und von der sinkenden Inflation begünstigt. Für die Jahre 2025 und 2026 wird ein BIP-Wachstum von 1,7 bzw. 1,3 Prozent prognostiziert. Dazu tragen neben dem Konsum auch die Investitionen und eine stärkere Exportdynamik bei. WIRTSCHAFT . Kurzmeldungen DIE ZAHL DES MONATS 27 Prozent Schmerzhafter Personalabbau. Der Gläubigerschutzverband Creditreform hat im Herbst 2023 im Rahmen seiner Wirtschaftsforschung rund 1400 österreichische Klein- und Mittelständische Unternehmen (KMU) nach deren aktueller und zukünftiger Wirtschaftslage gefragt. Das Bild, drücken wir es vorsichtig aus, spricht nicht gerade für Euphorie. Demnach belasten die Folgen von Inflation und allgemeiner Konjunkturschwäche viele KMU schwer. Zudem wird die Unternehmensfinanzierung durch das hohe Zinsniveau erschwert. Angesichts der angespannten Ertragslage dürfte sich die Eigenkapitalsituation im Mittelstand verschärfen; wobei sich bereits in den vergangenen Monaten die Situation in diesem Bereich verschlechterte: Nur noch 44,8 Prozent der Unternehmen wiesen eine hohe Eigenkapitalquote von über 30 Prozent auf (Vorjahr: 46,2 Prozent). Eine weitere schlechte Nachricht lautet: 27 Prozent der befragten KMU wollen Personal abbauen. UniCredit Bank Austria:Wirtschaftsausblick Mehr Disziplin. Christoph Badelt, Präsident des österreichischen Fiskalrates, fordert für die Republik die rasche Rückkehr auf einen ambitionierten, nachhaltigen Budget- und Verschuldungspfad. Die Verbesserung der Krisenresilienz und Wiederherstellung einer nachhaltigen finanziellen Situation sei notwendig: „Budgetäre Spielräume sind unerlässlich, um für zukünftige Herausforderungen und Krisen gewappnet zu sein und nötige Zukunftsinvestitionen tätigen zu können.“ Hintergrund: Der Fiskalrat rechnet für den gesamten Prognosezeitraum bis 2027 mit hohen Budgetdefiziten. Die rückläufige, aber weiterhin hohe budgetäre Belastung durch krisenbedingte Maßnahmen führt 2023 zu einem hohen Budgetdefizit von 2,5 Prozent des BIP, das bis 2027 nur langsam auf 1,9 Prozent sinkt, falls die gegenwärtige Gangart beibehalten wird. Außerdem geht die Einnahmendynamik durch die Abschaffung der kalten Progression und die ökosoziale Steuerreform – in Kombination mit einem verhaltenen BIP-Wachstum – zurück. Defizit: Hohe Belastung Christoph Badelt, Präsident des österreichischen Fiskalrates Quelle: Statistik Austria, Wifo, UniCredit Research UniCredit Bank Austria Konjunkturindikator BIP (real; Veränderung zum Vorjahr in %) 2018 2019 2020 2021 2022 2023 14 12 10 8 6 4 2 0 -2 -4 -6 -8 -10 -12 -14 14 . GELD-MAGAZIN – Ausgabe Nr. 6/2023

2023 prägte unser Risikobewusstsein – 2024 verspricht Lösungen Die Erwartungen an das kommende Jahr sind vielfältig und werden gleichzeitig, wie fast immer, zu Beginn vom Prinzip Hoffnung getragen. Wie realistisch sind diese Erwartungen? Es ist immer wieder interessant, den vom World Economic Forum jährlich emittierten Risiko-Atlas zu betrachten. Letztes Jahr war es die Angst vor einer unkontrolliert expandierenden Lebenskosten-Inflation und den Risiken eines von extremen Wetterphänomenen begleiteten Klimawandels. Diese Erwartungen sind in ihrer Ausprägung mitbestimmend für die Ereignisse an den Kapitalmärkten. Die Auseinandersetzung damit ist daher immer wichtig. Sollten wir uns aus den tatsächlich eingetretenen Ereignissen in 2023 weitere Ableitungen in 2024 erwarten, dann wird dies wohl auch der richtige erste Ansatz für die Markterwartung für das kommende Jahr sein. Es werden uns daher Geopolitik, Lokalpolitik, Regularien und Notenbanken weiter auf Trab halten. Die Geopolitik ist gerade von zwei Kriegen dominiert. Ukraine und Palästina. Beide schrecklich. Direkt eingreifen will niemand, bestimmen aber schon. Es ist daher ein Schattenkrieg der Diplomatie und der Finanzierungen, der beide Konflikte im Hintergrund prägt. Kein Umstand, den man rasch und schnell abhaken kann und wird. Auch im nächsten Jahr wird es diese Aggressionsherde geben. Und die Geopolitik hat noch zusätzliche Angriffsflächen für uns parat: So ist Taiwan als Fokus globaler Machtansprüche ja bereits im Jahr 2023 kurz ins Zentrum gerückt und wer China kennt, der weiß, dass dort die Uhren vielleicht manchmal langsamer gehen, die Richtung sich aber wenig ändert. Die wirtschaftlichen Aspekte gleichen demgegenüber einem Feld der Erholung. Die Inflation ist global am Rückmarsch. Die Konjunkturen schaffen es gerade noch, die Zinslast der jeweiligen Notenbanken zu stemmen, sie sind aber nicht eingebrochen. Die Zinsen sollten im nächsten Jahr nicht mehr weiter steigen, man erwartet sich derzeit sogar stärkere Zinssenkungen. Den Wirtschaftsräumen müsste eine solche Entwicklung Rückenwind bescheren und die zyklischen Bereiche der Ökonomien unterstützen. Sollte dann noch die, von Vielen als größtes aktuelles ökonomisches Übel bezeichnete Bürokratie eingedämmt werden, es wäre ein Traumszenario für eine Konjunkturerholung. Insbesondere Europa müsste von einer solchen Entwicklung profitieren. Last but not least hat uns die Angst vor einer erneuten Welle der Pandemie weitgehend verlassen. Man fühlt sich entweder sicher im Umfeld neuer pharmakologischer Prozesse oder vertraut umso mehr auf einen gesunden Körper. Beides wirkt entspannend. Dadurch wird sich das emotionale Umfeld mit dem rationalen Umfeld an den Kapitalmärkten wieder besser verbinden lassen. Die Befürchtungen bezüglich rasanter Richtungsänderungen an den Märkten müssten nachlassen und die Allokationen der MarktteilnehmerInnen sich mehr den mittel- bis langfristigen Wachstums- und somit Ertragsperspektiven zuwenden. Dies könnte einen Effekt nach sich ziehen, der sich inzwischen bereits in den Grad hoher Attraktivität vorgearbeitet hat: die Bias zwischen Small- und Large Caps. In den letzten Jahren hat sich dieser Performanceunterschied ausgeweitet und mittlerweile Ausmaße angenommen, die man bei einigen Märkten als noch nie dagewesen bezeichnen muss. In einem Umfeld sich transparenter herausarbeitenden wirtschaftlichen Entwicklungen wird man auf die fundamentale Attraktivität der jeweiligen Investition mehr Bedacht nehmen wollen, und hier treten die Bewertungsvorteile kleinerer Aktien inzwischen deutlich zu Tage. Es wird daher ein Jahr der Asset- und Titelselektion werden. Gute Geschäftsmodelle, taktisches Timing bei sich verbessernden Konjunkturprozessen, oder auch nur die Erwartung einer Zunahme von Übernahmen oder Beteiligungsinvestments wird die Kapitalmärkte erfassen. Der österreichische Kapitalmarkt ist ein solcher Markt, der sich durch seine relative Kleinheit, aber ebenso relativ tiefe Bewertung, in den Vordergrund einiger Investoren und Investorinnen setzen müsste. www.mp-am.com GASTBEITRAG . Wolfgang Matejka, Matejka & Partner Asset Management GmbH Wolfgang Matejka, Geschäftsführender Gesellschafter, Matejka & Partner Asset Management GmbH FOTO: beigestellt Ausgabe Nr. 6/2023 – GELD-MAGAZIN . 15

Es muss nicht immer Benko sein. Natürlich stehen Großinsolvenzen wie die von Signa oder Leiner im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses, aber die vielen kleineren Pleiten sind volkswirtschaftlich betrachtet in Wirklichkeit bedeutender. Und hier haben es die letzten – vom KSV1870 ermittelten – Zahlen durchaus in sich: Laut aktueller Hochrechnung sind in Österreich heuer 5.401 Unternehmen (plus 13 Prozent gegenüber 2022) von einer Insolvenz betroffen. Das entspricht 15 Firmenpleiten pro Tag und bedeutet etwa so viele Fälle wie zuletzt vor zehn Jahren. Besonders hart trifft es den Handel, die Bauwirtschaft sowie die Bereiche Beherbergung und Gastronomie. Beunruhigende Entwicklungen Ricardo-José Vybiral, CEO der KSV1870 Holding AG, findet zu den aktuellen Daten deutliche Worte: „Zum jetzigen Zeitpunkt muss man sagen, dass sich Österreichs Wirtschaftsentwicklung in vielen Bereichen am Scheideweg befindet.“ Gleichzeitig ist die nach wie vor hohe Zahl an Verfahren (2.023 Fälle, plus acht Prozent), die mangels Kostendeckung nicht eröffnet werden konnten, besorgniserregend. Zwar sind im Jahr 2023 die „Nichteröffnungen“ trotz des Anstieges in absoluten Zahlen im Verhältnis zur Gesamtzahl der Firmenpleiten eine Spur weniger geworden, doch über 2.000 derartige Fälle sind eindeutig zu viel. Vor allem weil es dadurch nicht möglich ist, die betroffenen Unternehmen ordentlich „zu verwerten“, um zumindest kleine Geldrückflüsse an die Gläubiger zu ermöglichen. Wie die aktuelle KSV1870-Hochrechnung weiters belegt, wurde im Handel mit exakt 1.003 insolventen Unternehmen (+17 %) erstmals seit Jahren die Tausendergrenze überschritten – zum überwiegenden Teil ist hier insbesondere der Einzelhandel betroffen. Die Hauptgründe dafür liegen – neben dem hohen Energiebedarf und damit verbundenen schmerzhaften Energiekosten – häufig in nicht eingetretenen Nachholeffekten aus Pandemiezeiten, einem zuletzt erfolgten Strukturwandel und der aktuell sinkenden Kaufkraft von Privatpersonen. An Position zwei in der Pleite-Statistik folgt die gebeutelte Bauwirtschaft (936 InsolvenzFälle), die mit einem Anstieg von 21 Prozent zugleich den größten prozentuellen Zuwachs aufweist. Impulse gefragt Karl-Heinz Götze, Leiter Insolvenz innerhalb des Gläubigerschutzverbandes, geht im Gespräch mit dem GELD-Magazin noch weiter ins Detail: „Bei den Umsätzen, der GeWIRTSCHAFT . Insolvenzen 15 Pleiten pro Tag Es läppert sich: Nach einer langen Zeit der Ruhe schlittern in Österreich mehr und mehr Unternehmen in den Ruin. Experten warnen: Die Wirtschaftsentwicklung befinde sich jetzt in vielen Bereichen am Scheideweg. HARALD KOLERUS Credits: Anna Rauchenberger; Pcess609/stock.adobe.com 2022 2023 Insolvenzen nehmen zu Firmenpleiten haben im Jahresvergleich laut Hochrechnung für Österreich deutlich angezogen. Das schmerzt die Volkswirtschaft. Quelle: KSV1870 +13% 5.401 Fälle 4.775 Fälle in Österreich 2023 / Hochrechnung GROSS-PLEITEN 2023 UNTERNEHMEN ORT VOLUMEN 1. SIGNA Holding GmbH (vormals: Immofina Holding GmbH) Innsbruck/Wien 5.270 Mio.€ 2. LU & NO Aktiengesellschaft Wien 500 Mio.€ 3 Leiner & kika Möbelhandels GmbH St. Pölten/NÖ 132 Mio.€ 4 KSR Group GmbH Gedersdorf/NÖ 80 Mio.€ 5 Zentrasport Österreich e.Gen Ohlsdorf/OÖ 66 Mio.€ Quelle: KSV1870 „Es überrascht mich immer wieder, wie viele Unternehmen gezieltes Controlling und ihre Planung vernachlässigen.“ Karl-Heinz Götze, Insolvenzleiter KSV1870 16 . GELD-MAGAZIN – Ausgabe Nr. 6/2023

Der Pleitegeier ist gelandet. Viele Unternehmen haben sich verrechnet. schäftslage und der Zahlungsmoral der Unternehmen zeigt die Tendenz nach unten. Firmen stehen auch vor der Herausforderung, ob sie die durch die Inflation hohen Preise auch in Zukunft weitergeben können. Bisher hat das zumeist gut funktioniert, aber lässt sich das auch „ewig“ fortsetzen? Und bekommen die Unternehmen ihre Kosten in Griff?“ Wobei vieles natürlich mit der weiteren generellen wirtschaftlichen Entwicklung und bekannten Schwierigkeiten wie Fachkräftemangel und Bürokratisierung zusammenhängt, die den Firmen das Leben nicht gerade leicht machen. Götze: „In dieser Situation ist es doch entscheidend, in welche Richtung es wirtschaftspolitisch weitergeht. So benötigen wir etwa neue Impulse für den Export und Initiativen zur Stärkung der Bauwirtschaft und des Handels. Nur so wird es möglich sein, dass Österreich vom Stottermodus in den Überholmodus schaltet.“ Wobei sich auch die Frage stellt, wie stark der Motor nach der überstandenen Pandemie heute läuft? Höhepunkt überschritten Götze sagt dazu: „Die Folgeinsolvenzen aus Corona dürften ihren Höhepunkt mittlerweile größtenteils erreicht haben. Aber eines sollte man nicht vergessen: Das Konsumverhalten hat sich durch die Pandemie geändert, so ist die Konsumlaune gebremst und es wird mehr online eingekauft. Das wird noch weitere Konsequenzen haben, vor allem für Unternehmen, die sich für diese Entwicklung nicht sensibilisiert und darauf eingestellt haben.“ Worauf man sich außerdem noch einstellen sollte, ist übrigens ein Sinken der Zahlungsmoral. Der KSV1870 hat im Herbst erfragt, dass 40 Prozent der heimischen Unternehmer für 2024 mit einer Verschlechterung der Zahlungsmoral rechnen. (Derzeit bleibt jede sechste Rechnung offen.) Rechtzeitig prüfen Bleibt noch der wichtige Punkt zu klären, was man machen sollte, um gar nicht erst in Insolvenzgefahr zu geraten? Götze: „Es überrascht mich immer wieder, wie viele Unternehmen gezieltes Controlling und ihre Planung vernachlässigen. Dabei sind diese beiden Bereiche sowohl für kleine als auch große Firmen überaus wichtig.“ Falls es dann schon in Richtung Insolvenz geht, ist es eigentlich schon sehr spät, um gegensteuern zu können. Götze rät deshalb: „Wenn sich Probleme im Geschäftsleben abzeichnen, sollte man möglichst schnell professionelle Hilfe suchen, etwa bei Steuerberatern und Anwälten. Die Erfahrung zeigt auch: Wenn ein Sanierungsverfahren zeitgerecht in Angriff genommen wird, ist die Aussicht auf dessen Erfolg viel größer.“ Die Republik kann es sich leisten: Der säumigste Zahler ist und bleibt der Bund. Allgemein soll die Zahlungsmoral weiter sinken. Check zur Zahlungsmoral in Österreich 2023 Quelle: Austrian Business Check Zahlungsdauer 13 Tage Private 26 Tage Firmen 25 Tage Gemeinden 33 Tage Länder 34 Tage Bund Gesetzl. Zahlungsziel: 30 Tage 43% erwarten eine schlechtere Zahlungsmoral im Jahr 2024 Ausgabe Nr. 6/2023 – GELD-MAGAZIN . 17

Credits: beigestellt/Archiv; pixabay BANKING . Kurzmeldungen 18 . GELD-MAGAZIN – Ausgabe Nr. 6/2023 1234567 Raiffeisen Bank International Von schwarzer Liste gestrichen Klimaschutz: Banken in der Pflicht Unwetter und Co. Die nicht zuletzt auch kostspieligen Auswirkungen der Erderwämung durch Extremwetter sind nicht mehr zu übersehen. Die EZB und der Europäische Ausschuss für Systemrisiken haben einen gemeinsamen Bericht über die Auswirkungen des Klimawandels auf das Finanzsystem der EU veröffentlicht. Demnach spielen Versicherungen, aber vor allem Banken „eine Schlüsselrolle bei der Reduzierung klimabedingter Risiken für die Finanzstabilität“. Das liegt daran, dass Banken überproportional Kredite an Sektoren vergeben, die einem hohen klimabedingten Risiko ausgesetzt sind. Der Anteil der Branchen mit hohen Emissionen an der Kreditvergabe ist etwa um 75 Prozent größer als ihre entsprechende Quote an der Wirtschaftstätigkeit. Ebenso gehen 60 bis 80 Prozent aller Hypothekenkredite im Euroraum an Haushalte mit hohen Emissionen. Ukraine/Österreich. Die Raiffeisen Bank International (RBI) hat gleich doppelten Grund zur Freude. Erstens: Die ukrainische Regierung hat die RBI von der berühmten schwarzen Liste gestrichen, die Unternehmen als Unterstützer des russischen Aggressionskrieges einstuft. Beobachter vermuten, dass Kiew diesen Schritt setzte, um prinzipiell das Klima der Verhandlungen mit der EU um weitere Hilfsmaßnahmen aufzuhellen. Grund zur Freude Nummer zwei: Die aktuelle Ertragslage im CEE-Bankgeschäft hat alle Erwartungen übertroffen. RBI-Chefökonom Gunter Deuber: „Derzeit verzeichnen wir in allen Bankenmärkten in Zentral- und Südosteuropa eine Eigenkapitalrentabilität von über zehn Prozent. So etwas hat es selbst in den ,Osteuropa-Boomzeiten‘ vor der globalen Finanzkrise nicht gegeben.“ Weiters interessant: Die führenden heimischen CEE-Banken (Erste, RBI) weisen weiter einen Marktanteil von einem guten Drittel am regionalen Bankgeschäft in CEE auf (33 %). Gefolgt von italienischen Kreditinstituten mit einem Marktanteil von 27 Prozent. DIE ZAHL DES MONATS 300 Milliarden Inflation frisst Vermögen weg. Mittlerweile gibt es zwar auch am Konto wieder herzeigbare Zinsen, die Gratisgeldpolitik der EZB hat aber ein großes Loch in die Konten der Sparer gerissen. Das betrifft vor allem die Bürger Österreichs, die knapp 300 Milliarden Euro am Sparbuch und Konto horten. Im Jahr 2022 haben österreichische Familien 23 Milliarden Euro an Kaufkraft verloren (16 Milliarden auf Bankkonten, 7 Milliarden auf Spareinlagen), 2023 sind es voraussichtlich 19 Milliarden Euro (13 Milliarden auf Bankkonten, 6 Milliarden auf Spareinlagen). Eine Berechnung der Agenda Austria zeigt, wie sich die Vermögen über die vergangenen zwei Jahrzehnte entwickelt haben. Der Geldwert von 10.000 Euro Bargeld beträgt heute nur mehr 6.000 Euro, auf dem Sparbuch würde er immerhin noch 8.000 Euro ausmachen. „Sparen ist enorm wichtig, aber die Österreicher bunkern das Geld, statt es zu investieren. Dadurch verlieren sie Kaufkraft im großen Stil“, so Agenda Austria-Ökonom Dénes Kucsera. Tauben in der Überzahl. Die allgemeine Markterwartung besagt, dass die Zentralbanken in den USA und Europa von ihrem Zinserhöhungs-Reigen ablassen werden und dass auch wieder mit sinkenden Zinsen zu rechnen ist. Wie schnell das vor sich gehen wird, bleibt aber noch unklar, denn es werden unterschiedliche Signale gesetzt. Matthew Ryan, Head of Market Strategy bei dem Fintech-Unternehmen Ebury: „Die EZB vertrat zuletzt trotz der schwachen Wirtschaftsleistung in der Eurozone eine feste Geldpolitik, während sich die Fed in den USA trotz eines soliden Wachstums eher generös zeigte und einen klaren Kurswechsel hin zu Zinssenkungen vollzog.“ Trotz der hawkishen Aussagen der EZB ist Ryan skeptisch, ob die Gemeinschaftswährung einen Aufwärtstrend ausbilden kann. Übrigens: Auch die Schweizer Nationalbank ist zuletzt in das Lager der Tauben gewechselt und hat Aussagen über künftige Zinsanhebungen aus ihrem Statement gestrichen. Der Markt erwartet in der Schweiz bereits im März eine Zinssenkung um 25 Basispunkte und rund 80 Basispunkte im Gesamtjahr 2024. Experten: Zinsen gehen zurück Matthew Ryan, Head of Market Strategy bei Ebury

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