warnen. In einem Bericht zu nachhaltiger Entwicklung der UNO heißt es: „Mit den aktuellen nationalen Zusagen ist der Grenzwert von 1,5 Grad jedoch nicht einzuhalten. Die Treibhausgasemissionen dürften in den kommenden zehn Jahren vielmehr um fast 14 Prozent steigen. Um von einem Kipppunkt, der in die Klimakatastrophe führt, zu einem Wendepunkt für eine nachhaltige Zukunft zu gelangen, müssen Emissionen in allen Sektoren sofort einschneidend reduziert werden.“ Gulasch für das Klima? Keine gute Botschaft für alle, die glaubten, die Problematik sei doch halbwegs im Griff. Da kann sich schon Frust breitmachen, wenn die schönen Versprechungen von Politik und weiten Wirtschaftsteilen an der Realität vorbeigehen. Ein Frust, der sich in Wut, vor allem junger Menschen, umwandelt, Stichwort: „Klimakleber“. Wie sinnvoll solche Aktionen (oder Gulaschsuppen-Attacken auf Meisterwerke der Kunstgeschichte) sind, und ob sie nicht die Unterstützung breiter Bevölkerungsteile für die „grüne Sache“ gefährden, soll an dieser Stelle nicht weiter diskutiert werden. Bürokratie und Stagnation Was aber laut den meisten Marktbeobachtern klar ist: Die zunehmende Reglementierung im Bereich nachhaltiger Anlagemöglichkeiten durch die EU hat kontraproduktive Effekte. Der Bürokratiedschungel verdirbt sowohl Beratern, als auch Investoren zunehmend die Lust an der wichtigen Sache. Was sich auch in den nackten Zahlen widerspiegelt, hierzu ein Auszug aus dem Bericht des Forums Nachhaltige Geldanlagen (FNG) zur Entwicklung in 2022. Zunächst die gute Nachricht für die ESG-Branche: Während der Gesamtfondsmarkt in Österreich schrumpfte, erreichte das Wachstum nachhaltiger Geldanlagen mit einem Plus von sieben Prozent einen neuen Rekordwert (67,3 Mrd. Euro). Weniger erfreulich: Jedoch flachte das Wachstum im Wie hat sich der Markt für ESG-Investments 2023 in der DACH-Region entwickelt? Man muss ganz klar sagen, dass man in diesem Jahr sehr stark die Konsequenzen der EU-Regulatorik gesehen hat, und zwar in negativer Weise. Bis Juli mussten Fondsgesellschaften viel Man- bzw. Womanpower investieren, um die Regulations-Vorgaben zu erfüllen. Um das FNG-Siegel zu erhalten, muss auch einiger Aufwand betrieben werden, deshalb haben drei oder vier Häuser gesagt, dass sie heuer nicht bei der Vergabe mitmachen, sondern eine Pause einlegen. Und ganz prinzipiell möchte ich festhalten, dass die Gemengelage für ESG-Investments schon einmal günstiger war. So wichtig die Klimawandel-Debatte ist, herrscht hier wegen der ständigen Diskussionen und Medienpräsenz zum Thema eine gewisse Übersättigung. Die erwähnte Regulatorik hat auch zum Frust beigetragen. Können Sie das weiter ausführen? So hat zum Beispiel die „verkopfte“ Pflicht zur Präferenzabfrage der Anleger zum unerwünschten Effekt einer gesunkenen Nachhaltigkeits-Nachfrage geführt. Klar, denn „Tante Elsa von Nebenan“ kann mit Fragen zu ihren Präferenzen, die sich aus der EU-Taxonomie ergeben, und ähnlichen komplexen Konstrukten nicht viel anfangen. Das schreckt ab. Wobei auch die Finanzberater das ESG-Thema zur Seite schieben, weil sie bei Fehlberatung Klagen befürchten müssen. Wer will schon mit einem Fuß im Gefängnis stehen? Was könnte man verbessern? Liebe EU, geh‘ einen Schritt zurück und sei pragmatisch. So könnte man zum Beispiel die Präferenzabfrage entweder vereinfachen oder gleich ganz abschaffen. Wobei die EU scheinbar verstanden hat, dass sie in mancher Hinsicht über ihr Ziel hinausgeschossen ist. Es könnte die Offenlegungsverordnung so angepasst werden, dass sie für alle Finanzprodukte gilt. Oder es müssen inhaltliche Mindeststandards zusätzlich zum Transparenzkriterium festgelegt und so vermieden werden, dass Artikel 8 und 9 fälschlich oft als Gütesiegel dargestellt werden. Roland Kölsch, QNG-Geschäftsführer . INTERVIEW „Überbordende Bürokratie schadet der ESG-Thematik.“ Prozent plus verzeichneten Nachhaltige Geldanlagen 2022 in Österreich. 7 Ausgabe 6/2023 – GELD-MAGAZIN . 57
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