GELD-Magazin, Nr. 6/2023

Bis November 2023 purzelten die Inflationsraten im Euroraum und den USA auf je 2,4 bzw. 3,1 Prozent und die aus den Zinsfutures-Preisen abgeleitete Wahrscheinlichkeit einer USLeitzinssenkung in der Fed-Sitzung am 20. März 2024 liegt per 15. Dezember 2023 bei 62,7 Prozent. Doch was ist tatsächlich zu erwarten? Dazu Chefvolkswirt Gunter Deuber, Bereichsleiter Volkswirtschaft und Finanzanalyse, Raiffeisen Research: „Die Fed senkt eher bald und zuerst in 2024. Das eröffnet der EZB ebenfalls Raum für Zinssenkungen, auch wenn das Inflationsproblem in Europa struktureller sein könnte. Die Fed könnte 2024 um 100 Basispunkte senken, die EZB sehen wir bei weniger, vielleicht nur 50 Basispunkte. Damit sehen wir das Marktpricing in Bezug auf die Leitzinssenkungen als zu aggressiv.“ Anders sieht es Robert Dishner, Senior Portfolio Manager bei Neuberger Berman: „Die EZB, die als letzte der großen Zentralbanken (mit Ausnahme Japans) die Zinsen erhöht hat, könnte die erste sein, die die Zinsen senkt. Die Inflation hat sich im Euroraum schneller abgeschwächt und auch wenn die Dienstleistungsinflation ,hartnäckiger‘ war, dürfte dies eine Zinssenkung durch die EZB noch in der ersten Hälfte dieses Jahres nicht ausschließen, vorausgesetzt die Daten entwickeln sich so, wie wir es erwarten.“ Ein Zinssenkungsschritt der Fed wäre laut Dishner im Sommer oder in der zweiten Jahreshälfte 2024 „nicht unwahrscheinlich“. Staatsanleihen: Kurze bis mittlere Laufzeiten bevorzugen Charles Diebel, Head of Fixed Income bei Mediolanum, sieht Europa und das UK „bereits kurz vor oder in einer Rezession“, was - seiner Meinung nach – ohne hohe Staatsausgaben wahrscheinlich auch die USA wären. „Nach dem Inflationsschock werden die Zentralbanker jedoch zurückhaltend sein, die Zinssätze zu schnell zu senken, so dass wir bis zum ersten Halbjahr 2024 einen stärkeren Konjunkturabschwung erleben könnten. Dies eröffnet das Potenzial für eine einigermaßen sinnvolle Lockerung durch die Zentralbanken in der zweiten Jahreshälfte, insbesondere in Europa und im Vereinigten Königreich. Wir gehen davon aus, dass die EZB die Zinssätze stärker senken wird, als dies der Markt derzeit abschätzt. Dies schafft eine allgemein günstige Ausgangslage für Anleihen und insbeMÄRKTE & FONDS - Ausblick 2024 . Anleihen Defensive Gewinnchancen mit Fixverzinsten Nach zehn Leitzinsanhebungen der EZB auf 4,5 Prozent sind die Zinsen wieder zurück. Zwar sind die Märkte zukünftigen Zinssenkungen stark vorausgeeilt, doch mit gezielter Selektion und Timing bieten sich 2024 hohe Gewinnchancen am Bondmarkt. MICHAEL KORDOVSKY Credits: biegestellt; nmann77/stock.adobe.com 48 . GELD-MAGAZIN – Ausgabe Nr. 6/2023 „Nach dem Inflationsschock werden die Zentralbanker jedoch zurückhaltend sein, die Zinssätze zu schnell zu senken.“ Charles Diebel, Head of Fixed Income bei Mediolanum

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