Es muss nicht immer Benko sein. Natürlich stehen Großinsolvenzen wie die von Signa oder Leiner im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses, aber die vielen kleineren Pleiten sind volkswirtschaftlich betrachtet in Wirklichkeit bedeutender. Und hier haben es die letzten – vom KSV1870 ermittelten – Zahlen durchaus in sich: Laut aktueller Hochrechnung sind in Österreich heuer 5.401 Unternehmen (plus 13 Prozent gegenüber 2022) von einer Insolvenz betroffen. Das entspricht 15 Firmenpleiten pro Tag und bedeutet etwa so viele Fälle wie zuletzt vor zehn Jahren. Besonders hart trifft es den Handel, die Bauwirtschaft sowie die Bereiche Beherbergung und Gastronomie. Beunruhigende Entwicklungen Ricardo-José Vybiral, CEO der KSV1870 Holding AG, findet zu den aktuellen Daten deutliche Worte: „Zum jetzigen Zeitpunkt muss man sagen, dass sich Österreichs Wirtschaftsentwicklung in vielen Bereichen am Scheideweg befindet.“ Gleichzeitig ist die nach wie vor hohe Zahl an Verfahren (2.023 Fälle, plus acht Prozent), die mangels Kostendeckung nicht eröffnet werden konnten, besorgniserregend. Zwar sind im Jahr 2023 die „Nichteröffnungen“ trotz des Anstieges in absoluten Zahlen im Verhältnis zur Gesamtzahl der Firmenpleiten eine Spur weniger geworden, doch über 2.000 derartige Fälle sind eindeutig zu viel. Vor allem weil es dadurch nicht möglich ist, die betroffenen Unternehmen ordentlich „zu verwerten“, um zumindest kleine Geldrückflüsse an die Gläubiger zu ermöglichen. Wie die aktuelle KSV1870-Hochrechnung weiters belegt, wurde im Handel mit exakt 1.003 insolventen Unternehmen (+17 %) erstmals seit Jahren die Tausendergrenze überschritten – zum überwiegenden Teil ist hier insbesondere der Einzelhandel betroffen. Die Hauptgründe dafür liegen – neben dem hohen Energiebedarf und damit verbundenen schmerzhaften Energiekosten – häufig in nicht eingetretenen Nachholeffekten aus Pandemiezeiten, einem zuletzt erfolgten Strukturwandel und der aktuell sinkenden Kaufkraft von Privatpersonen. An Position zwei in der Pleite-Statistik folgt die gebeutelte Bauwirtschaft (936 InsolvenzFälle), die mit einem Anstieg von 21 Prozent zugleich den größten prozentuellen Zuwachs aufweist. Impulse gefragt Karl-Heinz Götze, Leiter Insolvenz innerhalb des Gläubigerschutzverbandes, geht im Gespräch mit dem GELD-Magazin noch weiter ins Detail: „Bei den Umsätzen, der GeWIRTSCHAFT . Insolvenzen 15 Pleiten pro Tag Es läppert sich: Nach einer langen Zeit der Ruhe schlittern in Österreich mehr und mehr Unternehmen in den Ruin. Experten warnen: Die Wirtschaftsentwicklung befinde sich jetzt in vielen Bereichen am Scheideweg. HARALD KOLERUS Credits: Anna Rauchenberger; Pcess609/stock.adobe.com 2022 2023 Insolvenzen nehmen zu Firmenpleiten haben im Jahresvergleich laut Hochrechnung für Österreich deutlich angezogen. Das schmerzt die Volkswirtschaft. Quelle: KSV1870 +13% 5.401 Fälle 4.775 Fälle in Österreich 2023 / Hochrechnung GROSS-PLEITEN 2023 UNTERNEHMEN ORT VOLUMEN 1. SIGNA Holding GmbH (vormals: Immofina Holding GmbH) Innsbruck/Wien 5.270 Mio.€ 2. LU & NO Aktiengesellschaft Wien 500 Mio.€ 3 Leiner & kika Möbelhandels GmbH St. Pölten/NÖ 132 Mio.€ 4 KSR Group GmbH Gedersdorf/NÖ 80 Mio.€ 5 Zentrasport Österreich e.Gen Ohlsdorf/OÖ 66 Mio.€ Quelle: KSV1870 „Es überrascht mich immer wieder, wie viele Unternehmen gezieltes Controlling und ihre Planung vernachlässigen.“ Karl-Heinz Götze, Insolvenzleiter KSV1870 16 . GELD-MAGAZIN – Ausgabe Nr. 6/2023
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