GELD-Magazin, Nr. 5/2023

Gute Katze, böse Katze Eines kann man Chinas Politik nicht vorwerfen: Das sie untätig ist. Dass man sich nicht auf seinen Lorbeeren ausruhen darf, wusste bereits der „große Vorsitzende“ Mao. Für wirtschaftlichen Fortschritt sorgte aber ein anderer: Deng Xiaoping, der die Volksrepublik von 1979 bis 1997 lenkte. Berühmt ist sein Zitat „Ganz gleich, ob es eine weiße oder eine schwarze Katze ist – Hauptsache, sie fängt Mäuse, dann ist es eine gute Katze.“ Damit umschrieb er die Zuwendung zu marktwirtschaftlichen Praktiken, dieses Experiment ist gelungen. „Die vor rund 40 Jahren von Xiaoping eingeleitete Reform- und Öffnungspolitik bewirkte ein beispielloses chinesisches Wirtschaftswachstum, das es hunderten Millionen Menschen ermöglichte, nicht mehr unter der Armutsgrenze zu leben“, lobt die deutsche Bundeszentrale für politische Bildung. Auf Verbesserungen der Menschnrechtslage wartet man aber vergeblich. Auch das Massaker am „Platz des himmlischen Friedens“ fand unter Xiaopings Herrschaft statt. sichts der schwachen Aussichten verkaufen internationale Investoren weiterhin Positionen auf den lokalen Märkten. Dennoch scheinen diese makroökonomischen Risiken gut eingepreist zu sein, da die Aktienkurse in China nicht weit von den Niveaus des letzten Jahres in den Tiefen der Covid-Beschränkungen entfernt sind. Damals waren die Aussichten weitaus unsicherer. Angesichts der Diskrepanz zwischen Bewertungen und Fundamentaldaten sowie den derzeit niedrigen Erwartungen an die Märkte, sehen wir weiterhin attraktive Chancen auf Bottom-up-Basis.“ Fünf Prozent Wachstum Auch Johnny Chen, Portfoliomanager im Emerging Markets Debt Team von William Blair, hat interessante Einschätzungen parat, die er erst kürzlich auf einer Dienstreise nach Shanghai und Peking gewonnen hat: „In China ist eine zyklische Erholung im Gange, da die Konjunkturmaßnahmen Wirkung zeigen, und wir glauben, dass diese der Wirtschaft immer noch zugute kommen dürften. So ist ein Wachstum des BIP von fünf Prozent im Jahr 2023 wahrscheinlich erreichbar. Unserer Meinung nach wird jedoch eine Wachstumsrate von vier Prozent die neue Norm sein.“ Und warum? Chen: „Die Umstellung des Wachstums von Exporten und Immobilieninvestitionen auf den Konsum wird angesichts des kränkelnden Immobiliensektors, der unzureichenden sozialen Sicherheitsnetze und der geopolitischen Herausforderungen wahrscheinlich nur langsam vorankommen. Darüber hinaus räumt das derzeitige Regime dem BIP keine Priorität mehr ein. Die nationale Sicherheit und der allgemeine Wohlstand scheinen die wichtigsten langfristigen Ziele der chinesischen Führung zu sein.“ Mächtig Kohle gebunkert Apropos Wohlstand, Rebecca Jiang und Li Tan, Fondsmanager des JPM Greater China Fund meinen: „Auch wenn die konsumbedingte Erholung noch nicht ausgespielt worden ist, sind die gesamten Ersparnisse der privaten Haushalte im Jahr 2023 weiter gestiegen. Was das Potenzial hat, einen massiven Impuls zu geben, sobald das Verbrauchervertrauen zurückkehrt. Weiters glauben wir, dass das systemische Risiko aufgrund der Herausforderungen im Immobiliensektor dank der Unterstützung der Regierung eingedämmt wurde – mit geringfügigen Auswirkungen auf das System, wobei erwartet wird, dass die Risiken in Zukunft abnehmen werden.“ Peking habe sich darauf konzentriert, gestaffelt unterstützende Maßnahmen für den Immobiliensektor einzuführen, ohne in Zukunft eine Vermögensblase zu schaffen. Diese Faktoren bieten laut den Experten „Möglichkeiten zur Auswahl einzelner Aktien, die im Laufe der Die Volksrepublik hat sich vom armen, von Hungersnöten geplagten Entwicklungsland zu einem globalen Player entwickelt. Das BIP pro Kopf hat sich seit dem Jahr 2013 prächtig entwickelt, hunderte Millionen Menschen drängen in die Mittelschicht. Chinas BIP pro Kopf ist gewaltig gewachsen Quelle: CEIC Data 7 13 14 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 10.410,- 12.616,- 12.733,- 10.146,- 9.911,- 8.820,- 8.098,- 7.075,- In Tausend 9 10 11 12 8 7.615,- 7.946,- BIP Pro Kopf (USD) Ausgabe Nr. 5/2023 – GELD-MAGAZIN . 37 „Wer sich auf seinen Lorbeeren ausruht, trägt sie an der falschen Stelle.“ Mao Tsetung (1893-1976)

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