GELD-Magazin, Nr. 5/2023

Lang ist‘s her: Der Begriff BRIC wurde 2001 von Goldman Sachs hauptsächlich als Investmentargument geprägt, seither hat sich viel getan. Südafrika ist dazugekommen (deshalb spricht man heute von BRICS), und es drängen immer mehr Staaten hinzu: Saudi-Arabien, Iran, Ägypten, die Vereinigten Arabischen Emirate, Argentinien und Äthiopien wurden auf der jüngsten BRICS-Konferenz eingeladen, der Gruppe beizutreten. Neuer Name ab 1. Jänner 2024: BRICS plus. Aber noch mehr Kandidaten befinden sich in der langen Warteschlange. Schön langsam werden die Buchstaben für ein neues Akronym knapp. Das unbekannte Wesen Das alles ist nicht frei von Ironie. Walter Feichtinger, Präsident des Center for Strategic Analysis (CSA), erzählt im Gespräch mit dem GELD-Magazin: „Es ist schon interessant, dass es sich bei der Bezeichnung BRIC um eine Fremdzuweisung handelt, von der die betroffenen Staaten zunächst gar nichts wussten. Als ich auf einer Arbeitsreise nach Basilien vor etwa acht Jahren BRIC ins Gespräch brachte, gab man sich etwa im dortigen Verteidigungsministerium bass erstaunt. Der Begriff war völlig unbekannt.“ Heute sieht der Experte BRICS als losen Zusammenschluss von Staaten mit durchaus auch unterschiedlichen, sogar manchmal widersprüchlichen Ambitionen: „China will die USA als Supermacht Nummer Eins ablösen, Indien stellt diesen Anspruch nicht, muss aber dem Reich der Mitte Paroli bieten. Gemeinsam ist den ursprünglichen BRIC-­ Mitgliedern aber, dass sie die globale Führungsrolle der USA zu einem Ende bringen wollen. Sie sind unzufrieden mit dem westlich geprägten Finanz- und Wirtschaftssystem, der Weltbank, SWIFT und vor allem der Dominanz des Dollars. Einer alten soll eine neue Ordnung zur Seite gestellt werden. Als Leuchtturmprojekt könnte man die neue Entwicklungsbank („BRICS-Bank“) mit Sitz in Shanghai sehen.“ Somit bezeichnet Feichtinger BRICS als antiwestlich orientierte Vereinigung mit geopolitischem Potenzial, immerhin wird sie nach der Erweiterung 2024 etwa 50 Prozent der Weltbevölkerung mit 37 Prozent des globalen BIP repräsentieren. Wo führt das hin? Wenig Struktur und Strategie „Die Kardinalsfrage lautet nun, ob BRICS sein Potenzial als politische Münze ausspielen kann. Wenn nicht, bleiben das bloße Zahlen.“ Und hier zeigt sich der Experte skeptisch: „Wir sehen eine große Heterogenität innerhalb von BRICS, und nach der nächsten Erweiterungsrunde finden sich weitere Konkurrenten, wenn nicht KontraBRENNPUNKT . Geopolitik BRICS im Umbruch Papiertiger oder neuer Machtblock? An BRICS, also Brasilien, Russland, Indien China und Südafrika scheiden sich die Geister. Ernst nehmen muss der Westen diesen Zusammenschluss aber auf jeden Fall. HARALD KOLERUS Credits: CSA; Dilok/stock.adobe.com „Die große Konkurrenz von BRICS zu den G7 oder gar der EU sehe ich derzeit nicht.“ Walter Feichtinger, Präsident des Center for Strategic Analysis Das BIP der BRICS-Staaten hat die Wirtschaftsleistung der EU-27 bereits überrundet. Der mit Abstand größte Player ist China. Starke Zahlen: BRICS im Vergleich zur EU Quelle: World Development Indicators 2023 BIP (in Mrd. USD) 4.000 406 Südafrika 8.000 12.000 16.000 20.000 3.385 1.920 Brasilien 2.240 Russland Indien 17.963 China 16.613 EU-27 (Vergleich) 0 BRICS insgesamt: 25.914 Milliarden Was die Bevölkerungszahlen betrifft, hat BRICS die EU weit hinter sich gelassen, dank der Giganten Indien und China. Quelle: World Development Indicators 2023 Einwohner (Mio.) 60 Südafrika 1.417 144 Russland 215 Brasilien Indien 1.412 China 447 EU-27 (Vergleich) BRICS insgesamt: 3.248 Millionen 14 . GELD-MAGAZIN – Ausgabe Nr. 5/2023

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