„„Für ESG-Investments benötigt man ein Mindestmaß an Mündigkeit und Kompetenz.“ Reinhard Friesenbichler, Gründer der Unternehmensberatung rfu Wichtig ist, ob ein Fonds die ESG-Strategie eines Investors widerspiegelt. Passt das nicht zusammen, erfolgt zwar kein Greenwashing, die Ansprüche des Anlegers werden dennoch nicht erfüllt. In Österreich sind Ausschlusskriterien für Nachhaltigkeitsfonds am wichtigsten. Nachhaltige Anlagestrategien in Österreich Quelle: FNG bei Publikums- und Spezialfonds in Österreich 2022 und 2021 im Vergleich Normbasiertes Screening 20% 40% 60% 80% 100% Best-in-Class ESG-Integration Engagement Stimmrechtsausübung Impact Investment Nachhaltige Themenfonds Ausschlüsse 95% 99% 85% 48% 82% 96% 4% 7% 5% 10% 33% 42% 67% 60% 80% 84% 0% 2022 2021 deshalb weiß Friesenbichler: „Es muss ein Set an Pflichtkriterien, im Wesentlichen Ausschlusskriterien, erfüllt werden. Sie richten sich nach international üblichen Standards wie Menschen- und Arbeitsrechtsverletzungen sowie nach eher österreichischen Nuancen, so im Bereich Atomkraft oder Gentechnik.“ Hinzu kommt der positive Auswahlprozess, den ein Fonds verfolgt, hier gibt es verschiedene Ansätze wie zum Beispiel Best-In-Class oder eine thematische Ausrichtung (etwa Erneuerbare Energien). Letztlich werden strenge Transparenz-Anforderungen gestellt. Weitere wichtige Standards Nach dem Österreichischen Umweltzeichen ist das FNG-Gütesiegel hierzulande am weitesten verbreitet und der wohl bekannteste ESG-Standard im deutschsprachigen Raum. Die QNG (Qualitätssicherungsgesellschaft Nachhaltiger Geldanlagen mbH) trägt als FNG-Tochter die Gesamtverantwortung für dieses Label. QNG-Geschäftsführer Roland Kölsch: „Das FNG-Siegel ist mehr als etabliert und wächst weiter. Bei nachhaltigen Geldanlagen ist es wichtig, das Thema wissenschaftlich zu durchdringen.“ Weniger bekannt aber gut ist das Nordic Swan Ecolabel, es zeichnet in Sachen Nachhaltigkeit Fonds aus Skandinavien aus, die ja auch in Österreich durchaus beliebt sind. Schuss nach hinten? Abgesehen von Gütesiegeln hat der Gesetzgeber für die Unterteilung in Artikel 8- und 9-Fonds gesorgt, was Greenwashing bekämpfen soll. Das Ergebnis ist zweifelhaft. Friesenbichler: „Artikel 8 ist so weitmaschig gestrickt, dass fast jede ESG-Orientierung Platz findet. Artikel 9 legt hingegen ein so enges Korsett an, dass sich kaum ein Produkt dafür qualifiziert. Artikel 9-Fonds sind am europäischen Markt daher nur im niedrigen einstelligen Prozentbereich vorhanden – zum Beispiel gemäß unserer Austrian ESG Funds Survey per 31.12.2022 nur 14 von insgesamt 537 nach SFDR (Sustainable Finance Disclosure Regulation der EU) deklarierten österreichischen ESG-Fonds. Ich sehe hier keine Besserung. Wünschenswert wäre, wenn der Gesetzgeber prinzipiell bei Implementierung und Exekution mehr Praxisnähe zeigen würde.“ Paragraphen-Dschungel Die EU hat in der „Offenlegungsverordnung“ bestimmt, dass Fondsanbieter darlegen müssen, wie nachhaltig sie und ihre Produkte sind. Unterschieden wird zwischen Artikel-6- (keine Nachhaltigkeitsziele angestrebt), Artikel-8- („hellgrün“, Berücksichtigung ökologischer und sozialer Aspekte) sowie Artikel-9-Produkten („dunkelgrün“ mit konkretem nachhaltigen Anlageziel). „Anlegerinnen und Anlegern soll damit die Auswahl von wirklich grünen Produkten erleichtert werden. Sie erkennen dann sehr schnell, ob ein Fonds lediglich Greenwashing betreibt oder tatsächlich hält, was er verspricht“, so Volker Grimm, Leiter Investmentfonds der Umweltbank. Dazu muss man sagen: Vom Gesetzgeber gut gemeint, aber nicht gut gemacht. Das zu enge Korsett deklariert Paragraph-9-Fonds fast schon zum Ladenhüter, sie bilden nur einen Bruchteil der Gesamtzahl von Fonds in Europa. Ausgabe Nr. 4/2023 – GELD-MAGAZIN . 35
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