GELD-Magazin, Nr. 4/2023

„Die Globalisierung lässt sich nicht mehr umkehren. Wir sehen viel mehr, dass sich ihre Qualität ändert.“ Prof. Benjamin Niestroj, Professor für digitale Ökonomie am Zukunftsinstitut Credit: beigestellt 16 . GELD-MAGAZIN – Ausgabe Nr. 4/2023 Zum anderen, dass die Einkommen und damit die Kaufkraft in diesen Ländern gestiegen sind, so dass sie mehr von dem konsumieren, was sie produzieren. Für China kommt hinzu, dass sich die chinesische Wirtschaftspolitik zunehmend von dem exportgetriebenen Wachstum abgewandt hat und stärker auf binnenwirtschaftliches Wachstum setzt.“ Grüner Weg? Ziehen wir ein Zwischenfazit: Treiber der Globalisierung sind weiterhin die Potenziale, neue Märkte mit neuen Produkten zu erschließen. Niestroj vom Zukunftsinstitut: „Hier muss Europa klar eine Führungsrolle einnehmen und eine Innovationsoffensive ausrufen. Nur so können wir als Kontinent in der Zukunft weiterhin unser Wohlstandsniveau und unsere weltpolitische Bedeutung behalten.“ Die Globalisierung ist also nicht abgesagt, sie hat aber Hürden zu überwinden. Wahrscheinlich ist es auch gut so, wenn das „Globale Dorf“ langsamer aufgebaut und qualitativer versorgt wird. Denn so ist es ja nicht im Sinne der Nachhaltigkeit, permanent Güter und Rohstoffe massenhaft rund um den Globus zu schippern. Lässt sich das nicht mit regionaler Produktion besser gestalten? Darauf Niestroj: „Das ist grundsätzlich richtig. Tatsächlich beobachten wir den Trend hin zum bereits erwähnten Near- und Friendshoring. Hierbei ist es wichtig, anzuerkennen, dass Produktion und Handel durch marktliche Mechanismen geleitet werden sollten. Wenn wir beispielsweise durch staatliche Regulation Kleidung nur noch lokal produzieren dürfen, dann werden die Preise für Bekleidung in Europa deutlich anziehen. Die Frage ist: Wollen wir das?“ Dies würde das verfügbare Einkommen der Menschen schmälern, das ohnehin schon durch die Inflation gebeutelt ist. Insgesamt würden wir so nicht nur den Wohlstand bei uns verringern, sondern auch bei den Produzenten im Ausland. Diese sind aber wiederum die Kunden für verschiedene europäische Industrien. Der Experte: „Somit geraten wir in eine Abwärtsspirale – wir müssen als Gesellschaft bewerten, was uns wichtiger ist: Wohlstand oder Nachhaltigkeit um jeden Preis. Bei der Diskussion müssen wir auch sehr vorsichtig sein, nicht nach staatlicher Lenkung zu rufen. Man stelle sich vor, dass auf europäischer Ebene entschieden werden soll, welche Produkte wo genau zu produzieren sind. Dies wäre eine für die Bürokratie nicht zu stemmende Aufgabe, die unsere Wirtschaft ruinieren würde.“ Wobei es natürlich andere Stimmen gibt, die gerade nach mehr staatlicher Regulierung laut werden. Welcher Weg sich durchsetzt, ist letztlich eine demokratiepolitische Entscheidung. Einbruch bei Fracht-Containern Der maritime Containerumschlag ist im konjunkturellen Abschwung Ende letzten Jahres deutlich stärker eingebrochen als der Handel selbst. Und natürlich behindert der Krieg in der Ukraine den Schiffsverkehr, Stichwort Getreidelieferungen. Quelle:Kiel Trade Indicator/Fleetmon Stand 06.03.2023 11,5 2016 12,5 0 11,5 12,5 2018 2020 2022 Gütermenge, in Millionen TEU Container Fracht Beispiel Deutschland: Globalisierung tut Not Ein Globalisierungsschub würde die deutsche Wirtschaft anfeuern. Durchschnittliche jährliche Wachstumsraten des BIP 2023-2030 in Prozent Quelle: Prognos (2021) Globalisierungsschub Verlangsamte Globalisierung Deglobalisierung 1,2% 1,1% 0,9% BRENNPUNKT . Deglobalisierung

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