GELD-Magazin, Nr. 3/2023

Was erwartet Investoren in der zweiten Hälfte des Jahres 2023? Die erste Hälfte des Jahres 2023 ist für viele Investoren sicherlich besser gelaufen, als dies zu Anfang des Jahres zu erwarten gewesen wäre. Spannend bleibt, wie sich die Märkte in der Zukunft entwickeln werden. Weltweit kratzen Aktienindizes an ihren Höchstständen oder haben diese im Laufe der ersten sechs Monate des Jahres 2023 bereits schon einmal überschritten. Im Ergebnis bedeutet dies, dass die Verluste des Jahres 2022 für viele Anleger bereits Geschichte sind und man nun wieder in den „Normalmodus“ zurückgekehrt ist. Potenzial für Zinssenkungen Auch auf der Seite der festverzinslichen Wertpapiere sind die Investoren nach den Verlusten des Jahres 2022 wieder optimistischer und erwarten, dass die Zentralbanken ihren Zinserhöhungszyklus bald beenden werden und mit einem weiteren Rückgang der Inflation dann sogar Potenzial für Zinssenkungen haben. Einzig der Geldmarkt bereitet den Anlegern noch Sorgen, denn kurzlaufende Rentenpapiere erzielen derzeit immer noch höhere Renditen als Schuldverschreibungen mit einer mittleren oder langen Laufzeit. Für Aktieninvestoren gilt eine solche inverse Zinsstrukturkurve als Indikator für eine bevorstehende Rezession und aus Sicht der Renteninvestoren macht diese Zinsstruktur länger laufende Anleihen eher unattraktiv. Doch ist die Welt an den Märkten wirklich so rosig, wie sie derzeit aussieht? Der Höhenflug an den amerikanischen Aktienmärkten wird nur von einigen wenigen Titeln getragen, was den Markt anfällig für Korrekturen macht. Zudem sind diese Titel aufgrund des starken Kursanstieges zum Teil sehr ambitioniert bewertet. Dies macht die einzelnen Titel anfällig für Kurskorrekturen. Somit scheint der Erfolg der Weltleitbörsen in den USA auf tönernen Füßen zu stehen und ein Kurseinbruch in den USA hätte entsprechende Folgen für die globalen Aktienmärkte. Auch wenn die Anleger die Zinspause in den USA als mögliches Zeichen eines Endes des Zinserhöhungszyklus in den USA sehen, hat die FED in ihrem Statement doch klar gemacht, dass die Anleger in der zweiten Jahreshälfte noch mit mindestens zwei Zinsschritten rechnen müssen. Dies wird derzeit allerdings anders gesehen, da in den Anleihen derzeit nur ein weiterer Zinsschritt teilweise eingepreist ist. Das gleiche trifft auf die EZB zu: Während die Zentralbank in ihrem Statement klar gemacht hat, dass die Zinserhöhungen erstmal weitergehen werden, hoffen Anleger aufgrund der schwächeren Inflation und gedämpfter Wachstumserwartungen auf ein baldiges Ende der Zinssteigerungen. Aufgrund dieser Einschätzungen, die sich in den Preisen der festverzinslichen Wertpapiere widerspiegeln, könnten Anleger in Rentenpapiere in der zweiten Jahreshälfte in schwieriges Fahrwasser geraten, wenn die Zentralbanken Ernst machen und die Zinsen stärker anheben, als dies erwartet wird. Fazit Apropos höhere Zinsen: Steigende Zinsen sind im Normalfall schlecht für Wachstumsunternehmen, da sie zum einen die Finanzierungskosten für die Unternehmen verteuern und sie zum anderen bei den Bewertungsmodellen der Anleger dazu führen, dass die Titel relativ betrachtet teurer erscheinen, da das zukünftige Wachstum mit einem höheren Faktor abgezinst werden muss. Dadurch könnte an den Aktienmärkten, wie schon im Jahr 2022, erneut ein Favoritenwechsel stattfinden, durch den sich die sogenannten Value Titel besser entwickeln könnten als die derzeitigen Favoriten aus dem Bereich der Wachstumswerte. Somit bleibt es auch trotz der guten ersten Jahreshälfte weiterhin spannend an den Kapitalmärkten. www.lipperleaders.com Detlef Glow, Head of Refinitiv Lipper EMEA Research GASTBEITRAG . Detlef Glow, Lipper Research FOTO: Archiv Dieser Marktausblick dient nur der Information und stellt keine Anlageberatung dar. Für den Inhalt der Kolumne ist allein der Verfasser verantwortlich. Der Inhalt gibt ausschließlich die Meinung des Autors wieder, nicht die von Refinitiv oder der LSEG. Ausgabe Nr. 3/2023 – GELD-MAGAZIN . 37

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