GELD-Magazin, Nr. 2/2023

entgleiten könnte. Nach der Wiederwahl Xis kam es aber nicht zu einem schrittweisen Abbau der Corona-Beschränkungen, sondern zur brachialen 180-Grad-Wende. Praktisch alle Beschränkungen wurden plötzlich fallengelassen. Warum? Weigelin-Schwiedrzik: „Xi hat eine langsame Öffnung untersagt, denn das hätte seine Autorität untergraben. Es sollte der Eindruck erweckt werden, dass alles unter Kontrolle ist, dass die Partei entscheidet und nicht das Virus. Zusätzlich konnte man kommunizieren: Wir hören auf unsere Bevölkerung. Übrigens ist nach der Öffnung die Infektionskurve steil in die Höhe geschnellt, unabhängige Virologen sind der Meinung, dass die offiziellen Corona-Zahlen zuvor nicht korrekt waren.“ Gut fürWirtschaft und Börsianer Wie gut oder schlecht hat China nun die Covid-Öffnung überstanden? Auf Anfrage meint dazu Andrew McCaffery, Chief Investment Officer bei Fidelity: „Mit dem offiziellen Ende der Corona-Abschottung kann China als Wachstumsregion und Handelspartner wieder optimistischer beurteilt werden. Auf mittlere Sicht dürfte die weitere Öffnung des Landes der Wirtschaft auf die Beine helfen und auch einige Lieferkettenprobleme lösen, die den globalen Handel erschwerten. Für Börsianer, die ja mit der Zukunft handeln, ist das Ende der Null-Covid-Strategie in diesem Sinne ebenfalls eine gute Nachricht.“ Während weiters der Westen mit hoher Inflation, steigenden Zinssätzen und möglichen Rezessionen zu kämpfen hat, sind die Aussichten für Asien laut dem Experten optimistischer: „Ein wichtiges Signal von Chinas parlamentarischer Jahrestagung Anfang März war die zunehmende Betonung eines qualitativ hochwertigen Wirtschaftswachstums. Dieses erfordert eine Umstrukturierung der Wirtschaft von einem Investitions- und Export-orientierten hin zu einem ausgewogeneren Modell, das sich auf Konsum und Produktion stützt. Das spiegelte sich in dem bescheidenen jährlichen Wachstumsziel von etwa fünf Prozent wider, das auf dem Treffen festgelegt wurde.“ Die politischen Entscheidungsträger könnten auch begrenzte Konjunkturmaßnahmen ergreifen, um die Wirtschaft zu stützen, wobei der Schwerpunkt eher auf der Qualität als auf dem Tempo der Erholung liegt. McCaffery: „Wir gehen auch davon aus, dass die Inflation in China 2023 unter dem offiziellen Ziel von drei Prozent bleiben wird, sodass die Behörden eine relativ akkommodierende Politik beibehalten können.“ Nummer eins angepeilt Optimistisch zeigt sich auch Elizabeth Kwik, Investment Director für asiatische Aktien bei abrdn (Vormals Aberdeen): „China wird weiterhin eine sehr wichtige Rolle in der Weltwirtschaft spielen. Nach Angaben des Internationalen Währungsfonds wird das „Für Börsianer, die ja mit der Zukunft handeln, ist das Ende der Null-CovidStrategie eine gute Nachricht.“ Andrew McCaffery, Chief Investment Officer bei Fidelity Ausgabe Nr. 2/2023 – GELD-MAGAZIN . 9 Zeitreise / Zeitenwende Rückblende 1989: Chinesische Panzer haben gerade die Demokratiebewegung am „Platz des Himmlischen Friedens“ brutal niedergewalzt. Die Reaktion der Weltgemeinschaft war – wie gewohnt – lauter Protest. Wirtschaftsembargos oder politische Isolation blieben allerdings aus - ebenfal l s wie gewohnt . Wandel durch Handel hieß die Devise, kommt einem auch bekannt vor. Die Rechnung ging aber nicht auf . Im Gegentei l . Das Reich der Mitte fährt nach wie vor einen autoritären Kurs, der unter Xi Jinping sogar noch verschärft wurde. Dem Aufstieg Chinas zur militärischen und ökonomischen Supermacht setzte der Westen nichts entgegen: Eine Zeitenwende, die verschlafen wurde. Österreich liebt „Made in China“ Die Exporte Österreichs nach China steigen zwar an, viel stärker wachsen allerdings die Einfuhren aus dem Reich der Mitte. Kein Ausnahmefall: Die Volksrepublik ist weltweit mit großem Abstand die größte Exportnation. Quelle: IWF Importe Exporte 5 Mrd.€ 10 Mrd.€ 0 Mrd.€ 15 Mrd.€ 2010 2015 2020

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