Dort drüben, über dem Fluss, das ist China“, zeigte der Reiseführer in Hongkong mit bedeutungsvollem Blick auf die 17-Millionen-Metropole Shenzhen. Seltsam, denn eigentlich zählt der „duftende Hafen“, wie Hongkong übersetzt heißt, ja zur Volksrepublik. Die vor ein paar Jahren beobachtete Szene verdeutlicht, dass die von Peking forcierte Ein-ChinaPolitik nicht überall angekommen ist. Was vor allem für Taiwan gilt; dazu später mehr. Kampf gegen Corona Das dringendste Problem Chinas, Epizentrum der Pandemie, war bis vor Kurzem die strikte Zero-Toleranz gegenüber dem Coronavirus. Sie führte zu kräftigen Wildwüchsen: Starke Beschränkung der BewegungsBRENNPUNKT . China „Da drüben liegt China“ Das Reich der Mitte vollzieht eine 180-Grad-Wende in seiner Null-Covid-Politik. Der radikale Versuch scheint von Erfolg gekrönt zu sein, das Wachstum steigt. In China gilt es aber noch, viele andere „harte Nüsse“ zu knacken. HARALD KOLERUS Im „Jahr des Hasen“ zurück zu alter Stärke: Es ist aber nicht alles Gold, was glänzt. Credits: beigestellt; Brian/stock.adobe.com freiheit der Bürger inklusive wachsender Unzufriedenheit mit der Regierung, ungewohnt lautstarke Proteste, weltweit spürbare Lieferengpässe und ein Wachstumseinbruch in der Volksrepublik. Rechtzeitig zum „Jahr des Hasen“ hat sich Peking deshalb zu einer radikalen Umkehr von seiner CoronaPolitik entschlossen. Es braut sich was zusammen ... Univ.-Prof. i.R. Susanne Weigelin-Schwiedrzik, Professorin für Sinologie an der Universität Wien, beleuchtet im Gespräch mit dem GELD-Magazin die Situation: „Die Diskussion, ob der harte Corona-Weg weiter fortgesetzt werden soll, hat in China bereits im Sommer 2022 begonnen. Schon vor dem 20. Parteitag der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) im vergangenen November war der Führung klar, dass die Bevölkerung unter den rigiden Maßnahmen litt. Hier braute sich etwas zusammen.“ Das Problem dabei: Wer die Null-Toleranz-Politik in Frage stellte, stelle auch den mächtigen Parteivorsitzenden Xi Jinping in Frage. Auf dem Parteitag wurden demnach die Stimmen, die zuvor für eine Linderung des CovidKurses eintraten, zum Schweigen gebracht. Hingegen ging Xi als klarer Sieger hervor: „Er wurde mit einer diktatorischen Machtfülle ausgestattet, die nicht einmal Mao Zedong zur Verfügung stand“, so WeigelinSchwiedrzik. Nach dem Parteitag im Jänner 2023 sorgte ein Großbrand in Xinjiang mit vielen Todesopfern für zunehmende Empörung und Unruhe in der Bevölkerung. Rettungsmaßnahmen und Fluchtmöglichkeiten seien durch Corona-Absperrungen behindert worden, so munkelt man zumindest. Die Tragödie war ein Weckruf für die KPCh, die befürchtete, dass ihr die Kontrolle „ 8 . GELD-MAGAZIN – Ausgabe Nr. 2/2023
RkJQdWJsaXNoZXIy MzgxOTU=