GELD-Magazin, Nr. 2/2023

Der beißende Geruch von Benzin, oft vermischt mit Testosteron, soll in gar nicht ferner Zukunft verschwinden: Ab 2035 will die EU dem Verbrenner den Garaus machen. Dass regt nicht überall zu Freudensprüngen an. Bernhard Wiesinger, Leiter der ÖAMTC-Interessenvertretung, meint im Gespräch mit dem GELD-Magazin: „Es macht keinen Sinn, Technologien zu verbieten, das angeordnete Aus für den Verbrennungsmotor ist keine schlaue Politik. Vielmehr sollte vorgeschrieben werden, dass in Zukunft keine fossilen Emissionen mehr freigesetzt werden dürfen – mit welcher Technologie dieses Ziel erreicht wird, sollte offen bleiben. Und es muss auch bei bestehenden Autos der CO2Ausstoß verringert werden.“ (Tatsächlich soll es eine Ausnahme vom Verbrenner-Verbot für E-Fuels geben.) Mit E-Mobilität allein lassen sich laut Wiesinger die Klimaziele weder für Österreich noch für die EU erreichen: „Es ist aus unserer Sicht daher kein Entweder-oder, sondern ein Miteinander: Um Mobilität für alle bei leistbaren Kosten zu erhalten, braucht es neben E-Fahrzeugen auch alternative Kraftstoffe, insbesondere E-Fuels. Diese müssten so schnell wie möglich forciert werden. Auch biogene Kraftstoffe sollten eingesetzt werden, soweit das möglich ist ohne einen Kampf ,Tank gegen Teller‘ auszulösen. Hier ist die Spritproduktion aus Abfall zu nennen.“ Unrealistische Ziele? Ein weiterer Punkt ist die Lade-Infrastruktur: „Es ist gut, wenn jemand über eine PVAnlage verfügt und sein Auto mit eigenerzeugtem Strom laden kann. Am Land funktioniert das leichter, in der Stadt müsste aber theoretisch überall dort, wo heute ein Auto parkt, eine Ladestation installiert werden. Das sehe ich nicht“, so Wiesinger. Ebenfalls wenig realistisch: Um das gesetzte Ziel zu erreichen, bis 2030 rund die Hälfte des CO2-Ausstoßes im Mobilitätssektor einzusparen, müssten bis dahin an die 2,5 Millionen Verbrenner durch Elektro-Autos in Österreich ersetzt werden. Wiesinger dazu: „Das geht sich nicht aus, selbst wenn jede Neuanmeldung ab jetzt ein E-Auto wäre. Zur Information: In Österreich haben wir heute einen Bestand von insgesamt 5,1 Millionen PKW, 116.000 davon sind voll elektrisch.“ Ein weiteres Problem stellt der Stromnetzausbau dar, der für die E-Autos erfolgen müsste, Wiesinger: „Die Kosten dafür wurden noch nicht ausreichend kalkuliert. Mir ist nur eine Studie der Österreichischen Energieagentur bekannt, die von 18 Milliarden Euro ausgeht, um das Netz auf Vordermann zu bringen.“ BRENNPUNKT . Verbrenner-Verbot Aus für „Benzinbrüder“ Die EU hat Verbrennungsmotoren den Kampf angesagt: Das Verbot neuer Benzin- und Diesel-Autos soll bereits 2035 kommen. Hingegen wird E-Mobilität kräftig gepusht – dazu gibt es Lob, aber auch berechtigte Kritik. HARALD KOLERUS Credits: beigestellt: ÖAMTC/Postl; Sergiy Serdyuk/stock.adobe.com Trend beim Pkw-Bestand in Österreich Noch muss man in Österreich E-Autos mit der Lupe suchen, es dominieren Verbrennungsmotoren (VKM) deutlich. In der Grafik steht HEV für Hybrid-Auto, PHEV für Plug-in-Hybrid und BEV bedeutet Vollelektrisches Fahrzeug. FCEV steht für Brennstoffzellen-Elektrofahrzeug. „Es macht keinen Sinn, Technologien zu verbieten. Wir brauchen ein Miteinander, kein Entweder-oder.“ Bernhard Wiesinger, Leiter der ÖAMTC-Interessenvertretung Quelle: Statistik Austria, Economica Pkw VKM Diesel 2011-2021 und Economica-Prognose 2022-2040 2011 2013 2015 2017 2019 2021 2023 2025 2027 2029 2031 2033 2035 2037 2039 1.000.000 2.000.000 3.000.000 4.000.000 5.000.000 6.000.000 Prognose 2030: 1,1 Mio. vollelektrische Pkw – VKM Benzin HEV Diesel HEV Benzin PHEV Diesel PHEV Diesel BEV FCEV 12 . GELD-MAGAZIN – Ausgabe Nr. 2/2023

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