GELD-Magazin, Nr. 1/2023

10 . GELD-MAGAZIN – Ausgabe Nr. 1/2023 brennpunkt . Wirtschaftsausblick „Aktuell befinden wir uns eher in einer Disinflationsphase, also in einer Zeit, in der die Inflationsraten tendenziell fallen.“ Karsten Junius, Chief Economist bei J. Safra Sarasin sammen mit einem nicht ausreichend wachsamen und schlechter regulierten Bankensektor zu einem starken und plötzlichem Nachfrageeinbruch geführt.“ Im aktuellen Konjunkturzyklus seien aber zumindest die Bilanzen der privaten Haushalte und der Banken recht solide. „Für Phasen sehr hoher Inflation müssen wir bis zu den 1970er Jahren zurückblicken. Damals haben die Zentralbanken die Geldpolitik immer wieder zu schnell gelockert, sodass der Inflationsdruck sehr lange nie ganz zurückgegangen ist. Diesen Fehler werden die Zentralbanken heute nicht wiederholen wollen. Wir gehen daher davon aus, dass sie im Zweifelsfall ihre Zinsen eher zu lange im restriktiven Bereich lassen“, so Junius. Langsames Einpendeln Für die Volkswirtschaft bedeutet laut dem Ökonomen eine zu lange Phase restriktiver Geldpolitik leider auch, dass die gesamtwirtschaftliche Nachfrage gedämpft bleibt: „Bis wir wieder in einem Normalzustand mit ausgelasteten Kapazitäten und Inflation genau im Zielbereich der Zentralbanken sind, dürfte es also noch eine Weile dauern. Angesichts des außergewöhnlichen Schocks, den die Pandemie auf die Weltwirtschaft hatte, dürfte es aber auch nicht erstaunen, dass wir nun einige Zeit brauchen, bis sich wieder alles wie gewohnt einpendelt.“ Bleibt noch die Frage zu klären, welche Auswirkungen die gegenwärtigen Entwicklungen für Investoren haben. Welche Asset-Klassen, welche Strategien sind interessant? Zinsanstieg nützen Junius meint dazu: „Investoren können aktuell natürlich von dem Zinsanstieg profitieren. Erstklassige Unternehmen und Staatsanleihen bieten Zinsen, von denen wir noch vor einem Jahr nicht zu träumen gewagt haben. Solange die europäische Wirtschaft nicht in eine schwere und lange Rezession rutscht, dürften sie gute Anlagemöglichkeiten bieten. Auch Gold halten wir für attraktiv. Während der Zinsanstieg und der starke Dollar den Goldpreis letztes Jahr noch gebremst haben, sollten diese Belastungsfaktoren nun wegfallen. Bei Aktien sind wir vorsichtig und bevorzugen defensivere Strategien und Märkte. Für attraktiv halten wir wegen des hohen Zinsniveaus aber Banktitel und wegen der Öffnung Chinas Titel aus den Emerging Markets.“ Scheibchen abgeschnitten Fazit: Die wirtschaftliche Entwicklung sieht momentan viel freundlicher aus, als das Wirtschaftsforscher vor Beginn des Winters prognostiziert hatten. Auch die Stagflation sollte in den Griff zu kriegen sein. Wobei natürlich der weitere Verlauf des UkraineKriegs als Damoklesschwert über der ganzen Welt hängt. Und nicht zu vergessen: Bereits jetzt ächzen vor allem finanziell schwächer gestellte Haushalte unter der Inflation. Wobei es zunehmende Kritik gibt, dass die hohen Preise nicht nur von den Energiekosten und Lieferschwierigkeiten beeinflusst werden. Sprich: Die Vermutung liegt nahe, dass Unternehmen mit entsprechender Marktmacht sich „ein Scheibchen“ abschneiden. Joel Tölgyes, Ökonom am Momentum Institut: „Wir haben genau das jüngst untersucht und konnten feststellen, dass viele Unternehmen ihre Preise über die gestiegenen Vorleistungspreise – also etwa Energiepreise – hinaus erhöht haben.“ Hierauf sollte die Politik ein Auge werfen. Das Momentum Institut vermutet, dass viele Unternehmen im Windschatten der hohen Energiepreise nicht nur die steigenden Kosten an ihre Kunden weitergegeben haben. Sie erhöhten auch ihre eigenen Preismargen, es kam zu Gewinn-Inflation. Credit: Archiv Teuerung:Welche Branchen die Preise für ihre heimische Produktion erhöhten (3. Quartal 2019 bis 3. Quartal 2022) Quelle: Momentum Institut Energie (inkl. Wasser/Bergbau) Industrie Kommunikation Immobilienwirtschaft Unterhaltung, Haushalte Wirtschaftliche Dienstleistungen Erziehung, Gesundheit, Verwaltung Finanzsektor Gesamt Handel, Verkehr, Gastronomie, Beherbergung Bau 42% 2% 3% 5% 7% 8% 9% 11% 12% 19% 34% 36% Land und Forstwirtschaft

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