Zur Person Mag. Peter Brezinschek ist Chefanalyst von Raiffeisen Research, einer Organisationseinheit der Raiffeisen Bank International (RBI) AG in Wien, Österreich. Brezinschek verfügt über mehr als 30 Jahre Erfahrung im Bereich der Finanzmarktanalyse und hat ein fundiertes Wissen über die wirtschaftliche Entwicklung der Eurozone, in Österreich und in der Region Zentral- und Osteuropa (CEE). Er ist ein international anerkannter Experte in seinem Bereich, daher häufiger Gast in denMedien und seit 2000 auch als Experte imösterreichischen Fiskalrat tätig. Mitwirkung an zahlreichen Büchern insbesondere zum Thema Aktienmärkte und Osteuropa. Zuletzt trat Brezinschek am vom GELD-Magazin veranstalteten Institutional Investors Congress als Keynote-Speaker auf. Schwierige Großwetterlage Erfreuliche Nachricht: Wir werden voraussichtlich nicht in die Rezession stürzen, so Peter Brezinschek, Chefanalyst von Raiffeisen Research. Er verriet dem GELD-Magazin auch, dass sein ursprünglicher Berufswunsch Meteorologe war. Die negative Empfehlung einer Berufsberaterin habe ihn aber dazu veranlasst, seine Karriere in der Finanzbranche zu starten. Wie schätzen Sie aktuell die ökonomische Großwetterlage ein? Ich habe das bei meinem Vortrag am Institutional Investors Congress mit Bildern verbunden, die eine Abendstimmung und einen sich lila-rot verfärbenden Himmel zeigen. Das Rot am Horizont ist ein Zeichen dafür, dass sich etwas in der Atmosphäre verändert. Was dafür spricht, dass wieder ein Wetterwechsel bevorsteht. Davon hatten wir auch in der jüngeren Vergangenheit bedeutende: Nach der Covid-19-Pandemie sahen wir 2021 und 2022 im ersten Halbjahr einen wirtschaftlichen Aufholprozess, der ging heuer aber verloren: In Europa im vierten und in Österreich schon im dritten Quartal. Dieser „Tiefdruckkomplex“ wird meiner Meinung nach aber nicht so lange anhalten, wie viele meinen und nicht bis ins Jahr 2024 hineinreichen. Schon im Frühsommer 2023 sollte ein „Azorenhoch“ wieder für Aufhellung sorgen. Worauf begründet sich Ihre eher optimistische „Wetterprognose“? Dafür sprechen einige ökonomische Frühindikatoren wie zum Beispiel Einkaufsmanagerindizes oder der ifo Geschäftsklimaindex. Weiters kommen Basiseffekte und eine Stagnation bei den Energiepreisen ins Spiel. Entspannung sehen wir auch auf der Rohstoffseite: Ob etwa bei Kupfer, Lithium oder Bauholz. Sprich: Die Teuerungseffekte nehmen ab, die „dicken Wolken“ sollten sich in einem gewissen Maße wieder verziehen. Apropos Teuerung, wie wird es mit der Inflation weitergehen? Wie bereits erwähnt, lassen einige preistreibende Effekte nach, die Teuerung wird also eindeutig zurückgehen. Für die Eurozone rechnen wir 2023 mit einer Gesamtinflationsrate von sechs Prozent, für 2024 von 3,5 Prozent. Für Österreich sehen unsere ProDieWelt befindet sich in einer Zeitenwende. Aber nicht erst seit dem Ukraine-Krieg, meintWirtschaftsexperte Brezinschek. Das Umfeld bleibt schwierig, einigeWolken sollten sich aber verziehen. Harald Kolerus Credit: ivanashoots gnosen sehr ähnlich aus: Sechs Prozent im kommenden Jahr, 2024 sollten es 3,1 Prozent sein. Aber die Kerninflation (Gesamtrate ohne Energie und Nahrungsmittel) wird höher bleiben. Eine erfreuliche Nachricht, aber wie sieht es mit der Gefahr einer Rezession aus? Die Auswertungen von Vorlaufindikatoren sprechen dafür, dass wir jeweils auf das Gesamtjahr gerechnet keine Rezession sehen werden. Unsere Prognosen für die Eurozone gehen von einem Wirtschaftswachstum von 0,3 Prozent in 2023 und 2,0 Prozent in 2024 aus. In Österreich glauben wir heuer an eine BIP-Steigerung von 5 Prozent, nächstes Jahr sollen es 0,5 und 1,8 Prozent in 2024 sein. Der heimischen Wirtschaft macht der vielbeklagte Arbeitskräftemangel Sorge. Was gilt es hier zu tun? Das ist natürlich ein ernstes Problem, dass uns noch länger beschäftigen wird. So dürften Österreich in den kommenden zehn Jahren rund 300.000 Menschen im arbeitsfähigen Alter verloren gehen. Was sollte man tun? Wichtig werden Methoden der Digitalisierung und Automatisierung sein – es gilt auf diesem Weg so viele Arbeitskräfte zu kompensieren wie nur möglich. Aber natürlich ist auch Zuwanderung ein Thema. Rund 8 . GELD-MAGAZIN – Jänner 2023 interview . Peter Brezinschek, Raiffeisen Research Chinas „Neue Seidenstraße“ entsteht nicht aus Jux und Tollerei.
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