GELD-Magazin, November 2022

Österreichische Post AG | MZ 03Z035262 M | 4profit Verlag GmbH, Rotenturmstraße 19/1/29 B, 1010 Wien | Ausgabe 11/2022 | 6,90 Euro Finanzpolitik + Volkswirtschaft + Länder- und Branchenanalysen + Banking + Investmentfonds + Aktien + Immobilien + Rohstoffe + Blockchain + Alternative Investments + Versicherungen DAS MAGAZIN FÜR WIRTSCHAFT, POLITIK & INVESTMENTPRODUKTE Exklusiv-Interview Wie Börsen-Profi Robert Halver die Märkte jetzt einschätzt. Die besten Fondsmanager ÖSTERREICHISCHER DACHFONDS AWARD 2022: Emerging Markets Man sollte die Märkte in Fernost trotz zahlreicher Krisen nicht abschreiben. Immobilien Wackelnde Preise – wie groß die Chance auf günstigere Wohnungen und Häuser ist. Klimawandel Anlagen für Erneuerbare Energien boomen. Wie Sie am besten davon profitieren. So profitieren Sie mit den Siegerfonds!

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November 2022 – GELD-MAGAZIN . 3 Die Verbraucherpreise stiegen in Europa im Oktober um 10,7 Prozent, in Österreich um 11,0 Prozent. Und es dürfte dabei noch keine Entspannung in Aussicht sein. Wie wir bereits berichteten, sind die Einkaufspreise um 40 Prozent und mehr gestiegen. Diese arbeiten sich nun langsam in die Verbraucherpreise ein. Damit nimmt das „Experiment“ der Null- und Negativzinspolitik der EZB eine traurige Wende – sie hat angesichts der steigenden Inflation viel zu spät das Ruder herumgerissen. Erst im Juli kam es zur ersten Zinsanhebung um 0,5 Prozent. Seither folgten zwei weitere Zinsschritte auf 2,0 Prozent. Die nächste Sitzung der EZB findet am 14. Dezember statt – eine weitere Zinsanhebung um mindestens 0,5 Prozent ist vorprogrammiert. Und es wird die Auskunft darüber erwartet, wie sich die EZB einen Abbau der hohen Anleihenbestände von neun Billionen Euro vorstellt (d.s. 63 % des BIP der Eurozone). Die Klemme, in der sich die EZB befindet, ist die bremsende Wirkung der höheren Zinsen auf die Wirtschaft – hier wird im 4. Quartal 2022 und im ersten Quartal 2023 eine „Stagnation“ erwartet. Und sie wirkt sich auch negativ auf die Assetpreise aus. Das inkludiert neben den Druck auf Aktienkurse einen Anstieg der Kreditzinsen – nicht nur bei Hypotheken, auch bei Staatsanleihen, womit die Refinanzierung von Staatschulden, die Achillesferse der Eurozone, teurer wird. Dass die Aktienmärkte im Oktober kräftig zugelegt hatten, lag an der Hoffnung, dass die Zentralbanken die Zinsen doch nicht so kräftig steigern würden, um auf das Wirtschaftswachstum Rücksicht zu nehmen. Dieser Erwartung erteilte FedChef Jerome Powell zuletzt am 2. November eine Absage und hob bereits zum sechsten Mal die US-Leitzinsen um 0,75 Prozent auf 3,75 bis 4,0 Prozent. Und er signalisierte, dass das nicht das Ende der Fahnenstange sein würde. Die EZB muss nun ihr Dilemma ausbaden. Und das wird zu einem konjunkturellen Einbruch führen. Also Augen zu, und durch. Für die Aktienmärkte kann daher noch keine Entwarnung gegeben werden. Zumal mit steigenden Zinsen fixverzinste Anlageprodukte an Attraktivität gewinnen und die Bewertungen von Aktien aufgrund höherer Abzinsungsfaktoren sinken. Daher kann nur empfohlen werden, vorsichtig zu bleiben und nur sehr selektiv zu investieren. Setzen Sie auf wenig zyklische Trendthemen und halten Sie noch etwas Cash vor. Mario Franzin, Chefredakteur GELD-Magazin Horror-Inflation editorial impressum MEDIENEIGENTÜMER UND HERAUSGEBER 4profit Verlag GmbH · MEDIENEIGENTÜMER-, HERAUSGEBER- UND REDAKTIONSADRESSE Rotenturmstraße 19/1/29B, 1010 Wien T: +43/676/570 95 10 · E: [email protected] · GESCHÄFTSFÜHRUNG Snezana Jovic, Mario Franzin · CHEFREDAKTEUR Mario Franzin REDAKTION Mar io Franz in, Mag. Harald Kolerus, Michael Kordovsky, Wol fgang Regner, Mor i tz Schuh MSc, Mag. Chr ist ian Sec, LEKTORAT Mag. Rudolf Preyer GRAFISCHE LEITUNG Noura El-Kordy · COVERFOTO Katerina/stock.adobe.com · DATENANBIETER Lipper Thomson Reuters*, Morningstar · VERLAGSLEITUNG Snezana Jovic · BACKOFFICE & EVENTMARKETING Ivana Jovic · PROJEKTLEITUNG Dr. Anatol Eschelmüller · IT-MANAGEMENT Oliver Uhlir · DRUCK Berger Druck, 3580 Horn, Wiener Str. 80 · VERTRIEB PGV Austria, 5412 Puch, Urstein Süd 13. www.geld-magazin.at ABO-HOTLINE: +43/699/1922 0326 · [email protected] * Weder Lipper noch andere Mitglieder der Reuters-Gruppe oder ihre Datenanbieter haften für Fehler, die den Inhalt betreffen. Performance-Ranglisten verwenden die zur Zeit der Kalkulation verfügbaren Daten. Die Beistellung der Performance-Daten stellt kein Angebot zum Kauf von Anteilen der genannten Fonds dar, noch gilt sie als Kaufempfehlung für Investmentfonds. Für Investoren gilt es zu beachten, dass die vergangenen Performancewerte keine Garantie für zukünftige Ergebnisse darstellen.

11.2022 Brennpunkt 06 Kurzmeldungen Österreich: Vermögenswerte schmelzen+ Nachhaltigkeit: Ein Trojanisches Pferd? 08 InterviewKlaus Neusser Gute Nachricht vom IHS-Chef: Österreich wird nicht in die Rezession abstürzen. Eine Stagflation ist aber wahrscheinlich. 10 Währungen Wird der „Petrodollar“ zumAuslaufmodell? Was bedeutet das für den Greenback? 14 Italien Populisten übernehmen dieMacht: Wird das Land nach demRechtsruck jetzt zumneuen Sorgenkind Europas? Wirtschaft 16 Kurzmeldungen Industrie Österreich: Weiter auf Talfahrt + Zahlungsmoral: Deutlich verschlechtert. 18 Steuertipps Keinen Euro an das Finanzamt verschenken! Banking 20 Kurzmeldungen Umbruch: EBICS vor den Toren+Sparen: Es war schon einmal mehr. 22 Privatbanken Die Investmentstrategien exklusiver Häuser imKampf gegen Inflation. Märkte & Fonds 24 Kurzmeldungen Photonik: Es werde Licht +Cyber-Sicherheit: Stark wachsender Markt. 25 Institutional Investors Congress Anlageprofis verraten, wie mit Aktien Rendite zu holen ist. 28 InterviewRobert Halver DerMarktstrategederBaaderBankempfiehlt, anti-zyklischzuveranlagen. 30 Energiewende So gelingen ökologische Investments. 34 EmergingMarkets ImCheck: Hier finden Sie die interessantesten Schwellenländer der Welt. 38 ETFs Aktiv verwaltete ETFs: Was sie versprechen, was sie wirklich halten. 42 Rohstoff-Radar Erdöl: Kein „Schweinezyklus“ +Gold: Enttäuschend+Kaffee: Schneller Absturz. Aktien 44 Kurzmeldungen Palfinger: Rekordumsatz im3. Quartal + amsOSRAM: Integration läuft nach Plan. 46 Weltbörsen USA: Immobilien gebenWarnsignal +Europa: Schlechte Stimmung+China: Mini-Crash+ Japan: Volatil. inhalt Credits: beigestellt/Martina Berger; Katerina & Skórzewiak/stock.adobe.com IHS-Direktor Neusser geht von einer Stagflation in Österreich aus. Seite 08 petrodollar Dem Greenback droht seine Vormachtstellung bei Rohstoffen abhanden zu kommen. Seite 10 4 . GELD-MAGAZIN – November 2022

48 Anlagetipps LVMH: Gegen Inflation immun+Weyerhaeuser: Spitzen-Dividende +Nestlé: Starkes Wachstum. 50 Börse Deutschland DieWirtschaft strauchelt, der Aktienmarkt hält sich hingegen gut. 52 BörseWien Bei bestimmten Unternehmen sollte man Vorsicht walten lassen. BLOCKCHAIN 56 Kurzmeldungen Bitcoin: Hoher Preis-Discount +BNYMellon: Einstieg ins Kryptogeschäft. 58 Krypto-Regulierung Als MeilensteinwirdMiCA bezeichnet, die neue Verordnung soll mehr Klarheit in der Krypto-Szene schaffen. Immobilien 60 Kurzmeldungen IFA: Neues Bauherrenmodell +Wohnbaukredite: Weniger Nachfrage. 62 Immo-Markt Österreich In der heimischen Branche mehren sich die Anzeichen einer Preiskorrektur. Versicherung &Vorsorge 64 Kurzmeldungen Pensionsloch: 140Milliarden fehlen+ Generali-Studie: Verunsicherung steigt. 65 FLV-Listing Der monatliche Überblick zur Fondsgebundenen Lebensversicherung. 66 BU-Versicherung Zäsur Jobverlust: Das Risiko einer Berufsunfähigkeit wird in Österreich leider noch immer stark unterschätzt. 68 Buchtipps Cornelia und Volker Quaschnig: Energierevolution Jetzt! +Aust, Nußberger et al.: ZwischenMauerfall und Ukrainekrieg. Dachfonds Award 2022 70 ImRampenlicht VomGELD-Magazin ausgezeichnet: Die besten Dachfonds und ihreManager. 72 Renten-Dachfonds Konservativ zumErfolg. 73 Gemischte Dachfonds Den richtigenMix finden. 80 Aktien-Dachfonds Dynamik fürs Portfolio. 82 Hedge-Dachfonds Die richtige Alternative finden. 83 Dachfonds-Tabelle Wer hat ambesten performt?Wo liegt die niedrigste Vola? Der große Überblick. Dachfonds award 2022 Das GELD-Magazin stellt vor: Die besten Dachfonds für Ihr Portfolio. Von konservativer bis dynamischer Ausrichtung. Ab Seite 70 November 2022 – GELD-MAGAZIN . 5

6 . GELD-MAGAZIN –November 2022 Credits: The Royal Society, CC BY-SA 3.0, Wikimedia Commons; pixabay; beigestellt/Archiv Verteilungspolitik. Die Weltklimakonferenz COP27 findet vom 6. bis zum 18. November statt. Wobei die Gefahr besteht, dass die Ärmsten der Armen unterm Strich als Verlierer hervorgehen werden. Heiko Bailer, Leiter ESG Investments & Research LBBW Asset Management, warnt: „So wichtig der Kampf gegen den Klimawandel auch ist – gesellschaftlich ist zu befürchten, dass Nachhaltigkeit zu einem Trojanischen Pferd für mehr Verteilungspolitik wird und dass es durch schuldenfinanzierte Subventionen zu einer fatalen Auswirkung auf Investitionsanreize kommt.“ Die Transition hin zu einer klimaneutralen Ökonomie würde Gewinner und Verlierer produzieren. Es sei daher wichtig, frühzeitig diese zu identifizieren und bei der Portfolioallokation entsprechend zu berücksichtigen. Eine Win-Win-Situation kann dabei laut Heiko Bailer Blended Finance schaffen – also der Einsatz öffentlicher Entwicklungsfinanzierung zur Aktivierung privater Kapitalflüsse in Entwicklungsländern. Der Ansatz könne positive Effekte sowohl für die Kapitalanleger als auch für die geförderten Projekte erzielen. Nachhaltigkeit: Trojanisches Pferd? Österreich Vermögen schmilzt Bad News. Das Geldvermögen privater Haushalte in Österreich ist laut OeNB vor dem Hintergrund des anhaltend herausfordernden Wirtschaftsumfelds erstmals seit der Finanzkrise 2008 gesunken. Insbesondere die ungünstigen Kursentwicklungen von Aktien und Investmentzertifikaten führten im ersten Halbjahr 2022 zu deutlichen Vermögensverlusten. Dennoch floss weiterhin ein erheblicher Teil der Finanzmittel in diese Anlageformen, während Einlagen nur in geringem Ausmaß aufgebaut wurden. Haushalte haben ihren Anlagefokus seit Beginn der Pandemie deutlich zugunsten von Aktien und Investmentzertifikaten verschoben. „Die Erholung der globalen Wirtschaft nach der Pandemie wurde wieder abrupt durch die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine unterbrochen“, so OeNB-Vize-Gouverneur Gottfried Haber. Das Geldvermögen des heimischen Haushaltssektors lag Ende des ersten Halbjahres 2022 mit 799 Milliarden Euro um 3,4 Prozent unter jenem am Jahresende 2021. Großbritannien: Die Zeit nach Truss Neue Führung. Das desaströse Scheitern von Liz Truss war „shocking“, jetzt stehen hoffentlich ruhigere Zeiten bevor. Modupe Adegbembo, Ökonomin bei AXA Investment Managers, analysiert: „Wir sind davon überzeugt, dass der Rücktritt kurzfristig keine wesentlichen wirtschaftlichen Auswirkungen haben wird.“ Die Expertin geht weiterhin davon aus, dass es in der konservativen Partei starken Widerstand gegen Neuwahlen gibt, aber der Führungswechsel könnte die Möglichkeit einer vorgezogenen Parlamentswahl bis 2023 vorantreiben. James Lynch, Investment-Manager bei Aegon, fügt hinzu: „Der Markt erwartet nun, dass Rishi Sunak das Ruder fest in der Hand hat.“ Für britische Staatsanleihen besteht die Hoffnung, dass eine stabile Regierung auch hier für mehr Ruhe sorgt. Die Zahl des Monats 7,6 Monate Corona kostet Leben. Eine neue Studie, die in der Fachzeitschrift Nature Human Behaviour veröffentlicht wurde, zeigt, wie sich die Lebenserwartung in Europa während Covid-19 verkürzt hat. Besonders drastisch fällt der Rückgang in Bulgarien aus. Gegenüber 2019 hat sich die durchschnittliche Lebensdauer dort im ersten Pandemiejahr um 17,8 Monate verkürzt, 2021 kam ein weiterer Rückgang von 25,1 Monaten hinzu. Dagegen sind die Auswirkungen im DACH-Raum weniger ausgeprägt, wie Statista.com berichtet. In der Schweiz beläuft sich das Minus lediglich auf einen halben Monat. In Österreich kostet uns Corona im Durchschnitt hingegen immerhin 7,6 Monate an Lebenszeit, in Deutschland sind es 5,7 Monate. Glimpflicher die Situation in Frankreich: 1,2 Monate weniger sind es dort statistisch gesehen. Die große positive Ausnahme stellt Norwegen dar: Die Bewohner des Landes leben jetzt 1,7 Monate länger als vor der Pandemie. brennpunkt . Kurzmeldungen Gottfried Haber, VizeGouverneur der OeNB

April 2021 – GELD-MAGAZIN . 7 Überlassen Sie nichts dem Zufall. Sondern der Zuverlässigkeit. Die Zürcher Kantonalbank Österreich vereint Schweizer Bankexpertise mit persönlicher Beratungsqualität. Überzeugen Sie sich. MATCH MATCH DES MONATS Amerika im Vorteil. Es ist eine gute Nachricht: Die Wirtschaft der Eurozone wächst noch. Das BIP im Währungsraum hat laut Union Investment im dritten Quartal um 0,2 Prozent zugelegt. Allen Widrigkeiten zum Trotz, haben der anhaltende Beschäftigungsaufbau und ein immer umfangreicheres regulatorisches und fiskalpolitisches Eingreifen verhindert, dass der Konsum infolge des inflationsbedingten Realeinkommensverlusts sinkt. Grund zum Jubel besteht trotzdem nicht. Die BIP-Zahlen deuten wie viele andere Indikatoren darauf hin, dass die Konjunktur über den Sommer deutlich an Fahrt verloren hat, 2023 besteht Rezessionsgefahr. In den USA sank wiederum der nationale Einkaufsmanagerindex ISM für das verarbeitende Gewerbe im Oktober von 50,9 auf 50,2 Punkte. Das meldet die DekaBank. ISM gibt auch eine gesamtwirtschaftliche Rezessionsschwelle für den Indikator an, die jährlich neu berechnet wird. Derzeit liegt diese Marke bei 48,7 Punkten, das bedeutet, dass aktuell noch (schwaches) Wachstum signalisiert wird. Veröffentlicht wurde auch das US-BIP für das dritte Quartal, auf das Gesamtjahr hochgerechnet stieg es um 2,6 Prozent. VS usa europa Boykott? Fehlanzeige. 2,9 Millionen Tickets wurden laut FIFA für die Spiele der Fußball-WM in Katar bisher verkauft. Der Blick auf die Statistik zeigt, dass sich das Turnier im Vorfeld nicht schlechter hält als die Weltmeisterschaften der letzten zwei Jahrzehnte. Ein immer wieder geforderter Boykott durch Zuseher oder gar Nationalteams (Österreich kam bekanntlich erst gar nicht in die Verlegenheit) wurde somit scheinbar nicht angenommen. Schade eigentlich. Denn Katar ist von einer Demokratie etwa soweit entfernt wie seine Mannschaft vom WM-Titel. Menschenrechte gehören nicht zum Regelwerk des Wüstenstaates, besonders Gastarbeiter werden schwer gefoult. Eine von Amnesty International durchgeführte Analyse von Sterbedaten aus verschiedenen Quellen deutet darauf hin, dass die Quote der ungeklärten Todesfälle von Arbeitsmigranten in Katar bei fast 70 Prozent liegen könnte. Weiters sind klimatisierte Stadien ein Hohn für den Kampf gegen den Klimawandel. Für einen Boykott vor den TV-Geräten ist es für die Farce jedenfalls nicht zu spät. Fußball-WM: Ticket-Run Musk: Reicher als reich Getwittert. Um den Mu l t imi l l i a r d ä r Elon Musk muss man sich ohnedies keine (finanziellen) Sorgen machen. Jetzt spült die Übernahme von Twitter noch mehr Geld in die Kasse. Die Datenschutzexperten von heyData haben folgende Rechnung erstellt: „Täglich nutzen rund 240 Millionen Menschen Twitter und verbringen im Schnitt täglich 31 Minuten auf dem Kurznachrichtendienst. Mit jeder Minute, die Nutzer auf Twitter verweilen, wandern 0,5 Cent in Twitters Bilanzen und ein Teil davon in die Taschen von Musk.“ Im Schnitt verbringt ein Twitterer täglich 31 Minuten auf der Plattform und teilt Daten im Wert von 15 Cent. Zum Vergleich: Eine Minute Datentracking durch Facebook oder Instagram sind zwei Cent wert. YouTube benötigt fünf Minuten Bildschirmzeit, um einen Cent umzusetzen. Elon Musk, Milliardär und umtriebiger Unternehmer

ZUR PERSON IHS-Direktor Prof. em. Dr. DI Klaus Neusser: Nach dem Studium der Technischen Mathematik mit Nebenfach Volkswirtschaftslehre promovierte Neusser an der Technischen Universität Wien (PhD) und habilitierte 1990 an der Uni Wien in den Bereichen Wirtschaftstheorie und Wirtschaftspolitik sowie Ökonometrie. Von 1993 bis 1994 war Klaus Neusser ordentlicher Professor für Volkswirtschaftslehre an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder), Deutschland. Von 1994 bis 2019 war er ordentlicher Professor für Volkswirtschaftslehre, mit Schwerpunkt auf Ökonometrie und Makroökonomie an der Universität Bern, Schweiz. Am 2. Mai 2022 wurde Neusser interimistisch zum Direktor des Instituts für Höhere Studien (IHS) ernannt. Er wird die Funktion innehalten, bis die statutenmäßige Nachbesetzung der Leitung erfolgt ist – die Position ist bereits ausgeschrieben und der Bewerbungsprozess läuft. Seine Forschungsschwerpunkte sind Makroökonomie und Zeitreihenanalyse. Die abgesagte Rezession Positive Botschaften hört man in diesen Tagen nur selten. In einer Zeit, in der Krieg und Teuerung das Geschehen bestimmen. Aber vielleicht kommt manches doch nicht ganz so schlimm wie befürchtet, zumindest für die heimische Wirtschaft. Das Institut für Höhere Studien (IHS) prognostiziert für das kommende Jahr in Österreich ein Wachstum von 0,3 Prozent. Das ist wahrlich nicht viel, die Rezession könnte somit aber doch abgewehrt werden, das sagt IHS-Direktor Klaus Neusser im Gespräch mit dem GELD-Magazin. Corona-Nachwehen, Ukraine-Krieg, extreme Inflation: Das alles sieht nicht rosig aus. Können Sie bitte kurz die globale Wirtschaftslage zusammenfassen? Tatsächlich hat sich seit Juni das gesamte ökonomische Umfeld eingetrübt. Für die USA sind die Prognosen allgemein nach unten angepasst worden. Die Vereinigten Staaten stehen unterschiedlichen Schätzungen zufolge kurz vor der Rezession oder befinden sich bereits in dieser. Auch für Deutschland, dem für Österreich wichtigsten Wirtschaftspartner, werden die Prognosen zurückgefahren. Manche Experten und Expertinnen gehen für Deutschland von einer Rezession im kommenden Jahr aus. Wie sieht die Situation nun für die heimische Volkswirtschaft aus? Österreich reagiert mit einer gewissen Verzögerung auf die weltwirtschaftliche Entwicklung, das IHS hat seine Prognosen jetzt aber nach unten revidiert. Ich möchte dabei festhalten, dass Österreich nicht so schlecht aufgestellt ist. So trifft uns etwa der Einbruch in China nicht so dramatisch wie Deutschland, das stark von Exporten abhängig ist. Ein Vorteil für Österreich ist, dass der Tourismus im Sommer gut gelaufen ist, das merkt man sowohl an den Nächtigungs- als auch Beschäftigungszahlen. Wenn es im Winter so weiter geht, ist das ein großer Pluspunkt für unsere Wirtschaft. Österreich wird also nicht in die Rezession abrutschen? ÖsterreichsWirtschaft könnte mit einem blauen Auge davonkommen und nicht in die Rezession abrutschen. Das wahrscheinlichste Szenario heißt Stagflation, meint IHS-Direktor Neusser. HARALD KOLERUS Credit: Bundesministerium für Finanzen - CC BY 2.0, commons.wikimedia So sieht es derzeit aus. Das heimische Wachstum befindet sich auf hohem Niveau, das wird voraussichtlich zurückgehen aber nicht in die Rezession abstürzen. Das wahrscheinlichste Szenario lautet somit: Stagflation, das bedeutet Stagnation plus Inflation. Die österreichische Volkswirtschaft dürfte in der ersten Jahreshälfte im laufenden Jahr um 4,7 Prozent zulegen. Für 2023 wird nur noch ein Wachstum von 0,3 Prozent erwartet. Übrigens scheinen unsere Gas-Speicher bereits ausreichend gefüllt zu sein, um gut über den Winter kommen zu können. Eine gute Nachricht, aber wie wird es mit der extrem hohen Inflation weitergehen? Ist endlich Entspannung in Sicht? Bis zum Ende des Jahres wird die Teuerung noch etwas fortschreiten, dann ist langsam eine gewisse Entspannung in Sicht. Getrieben von den hohen Energiepreisen und in Einklang mit der internationalen Entwicklung dürfte die heimische Inflationsrate laut unserer Herbst-Prognose heuer im Jahresdurchschnitt 8,5 Prozent betragen und mit etwa 6,8 Prozent auch im nächsten Jahr hoch bleiben. Wir sehen aktuell keine extremen Inflations-Treiber mehr, auch wenn höhere Lohnabschlüsse einen gewissen Schub darstellen werden und die hohen Gaspreise noch nicht völlig bei den Konsumenten und 8 . GELD-MAGAZIN – November 2022 INTERVIEW . Klaus Neusser, IHS Die Sanktionen gegen Russland sind auch eine moralische Frage.

der Industrie angekommen sind. Für 2024 haben wir beim IHS noch keine Prognose angestellt, die Inflation könnte sich dann aber auf einem Niveau von rund fünf Prozent bewegen. Tatsache ist: Unser Leben bleibt teuer. Wie sind Sie mit den heimischen Plänen zur Abfederung zufrieden? Es gibt ja heftige Kritik an der „Gießkanne“, was ist Ihre Meinung? In Summe halte ich die sehr vielen Maßnahmen für positiv, wobei ich die Kritik an der „Gießkannen-Methode“ schon nachvollziehen kann, denn es wird praktisch jeder profitieren. Allerdings ist es sehr schwierig, zielgerichtet vorzugehen, das ist viel leichter gesagt als getan. Es handelt sich bei dem umfangreichen Maßnahmenpaket aus meiner Sicht jedenfalls um keinen Fehlschlag. Eine durchaus umstrittene Forderung an die Regierung zielt in Richtung einer Senkung der Mehrwertsteuer ab – was halten Sie davon? Der Großteil der Ökonomen spricht sich einhellig gegen solche Pläne aus, dem schließe ich mich an. Denn es ist sehr unwahrscheinlich, dass eine Senkung eins zu eins an die Konsumenten weitergegeben würde. Weiters besteht das Problem, für welche Güter die Reduktion gelten sollte? Beispiel: Es gibt „normales“ Brot als Grundnahrungsmittel genauso wie teure „Luxusprodukte“. Und letztlich würde mit einer generellen Senkung erst recht die Gießkanne für alle ausgeschüttet werden. Gefordert wird auch eine Besteuerung von Zufallsgewinnen ... Ich bin ein Gegner solcher Formen der Besteuerung, die übrigens steuerrechtlich und ökonomisch schwer zu definieren wären. Aber jedenfalls würden Unternehmen, die auf Erneuerbare Energien gesetzt haben, jetzt dafür bestraft werden. Das wäre ein schlechtes Signal und würde Investitionen in die Zukunft schädigen. Und wir benötigen enorme Investitionen in die Infrastruktur, Alternativenergie etc. dringend, wenn die Energiewende gelingen soll. Was wir ja alle wollen. Die Inflationsbekämpfung kostet Unsummen, wer soll das bezahlen? An dieser Stelle gilt es festzuhalten, dass der Schuldenstand der Republik gemessen am BIP gesunken ist und laut Prognosen weiter sinken wird. Durch die hohe Inflation wird die Problematik gemildert, weil Schulden „weginflationiert“ werden. Natürlich stimmt das Argument, dass kommende Generationen durch Deficit-Spending belastet werden, zumindest zum Teil. Aber was wäre jetzt die Alternative? Der Staat muss Solidarität zeigen und die Krise nicht voll durchschlagen lassen, das wäre der falsche Weg. Abschließend ein Schwenk zur Ukraine: Die Sanktionsfront in der EU scheint zu bröckeln. Sollte man sie aufweichen? Nein. Denn ich kann aus rein ökonomischer Sicht der These nicht zustimmen, dass die Sanktionen dem Westen mehr schaden würden als Wladimir Putin. Russlands Wirtschaft befindet sich auf Talfahrt, man kann dabei zusehen, wie ein Staat in die Misere schlittert. Daran ändern auch die geschönten offiziellen russischen Zahlen nichts. Auch wäre es naiv zu glauben, dass bei einer Aufhebung der Sanktionen Gas wieder ungebremst in den Westen fließen würde. Letztlich befinden wir uns in einer Auseinandersetzung zwischen einem westlich-liberalen Weltbild und der russisch geprägten Verachtung gegenüber unseren Werten. Sanktionen sind auch eine moralische Frage. www.ihs.ac.at Klaus Neusser: „Ich bin ein Gegner der Besteuerung von Zufallsgewinnen.“ November 2022 – GELD-MAGAZIN . 9

An der Shanghai Petroleum-Exchange notiert Erdöl bereits in Yuan. Gleichzeitig wachsen seitens Russlands, des Irans und auch Saudi- Arabiens die Bestrebungen, Rohstoffe auch in anderen Währungen als im US-Dollar zu handeln. Möglichkeiten sind Währungsbaskets, goldgedeckte Schwellenländer-Währungen, Euro und chinesischer Yuan. Letzteres könnte auch für Saudi-Arabien verlockend sein. Medienberichten zufolge führt Saudi-Arabien bereits seit 2016 mit China Gespräche über die Preisgestaltung für Öl in Yuan. Angeblich war der erste offizielle Staatsbesuch, den Kronprinz Mohammed bin Salman (MBS) China abstattete, der Beginn der Verhandlungen. Ein Vorteil für Saudi-Arabien wäre eine gewisse Diversifikation für den Fall, dass der Westen das Land – so wie derzeit Russland – aus dem internationalen Finanzsystem ausschließt. Darüber hinaus könnten Yuan zur Bezahlung chinesischer Auftragnehmer verwendet werden, die an Megaprojekten in SaudiArabien beteiligt sind. Schleichender Änderungsprozess Doch wohin geht der Trend? Droht tatsächlich ein Ersatz des Petrodollars? Dazu Gerhard Massenbauer, Chefanalyst bei HedgeGo: „Die Überlegungen, den Petrodollar wenn schon nicht abzuschaffen, so doch in seiner Bedeutung zurückzudrängen, gibt es schon länger. Der Petrodollar dient den USA als Rückendeckung für die hohen Defizite in der Handels-, Leistungs- und Fiskalbilanz, die zuletzt jeweils Rekorddefizite aufwiesen. Die Diskussionen in den arabischen BRENNPUNKT . Dollar-Stärke Droht das Ende des Petrodollars? Manche Erdöl-Exportländer überlegen alternative Abrechnungswährungen für ErdölAusfuhren. Doch der US-Dollar zeigte sich noch von der starken Seite. Wie realistisch ist der „Niedergang“ des US-Dollars? Das GELD-Magazin befragte dazu Experten. MICHAEL KORDOVSKY Credits: Archiv; Censeo GmbH; Skórzewiak/stock.adobe.com, Peter Brezinschek: RBI Group Communications 10 . GELD-MAGAZIN – November 2022 „China erfährt aktuell die Grenzen des Wachstums und wird einige Jahre benötigen, die Immobilienkrise zu verarbeiten.“ Gerhard Massenbauer, Chefanalyst bei HedgeGo

Staaten werden intensiv geführt und auch mit Geschäftspartnern aus Europa geteilt. So erfuhr ich Mitte des Jahres über Kunden aus der Industrie auch davon. Die arabischen Staaten folgen damit in erster Linie der politischen Realität. China wird bedeutsamer und ist wohl ein größerer Abnehmer als die USA. Damit steigt der Einfluss Chinas, das ein Interesse daran hat, dass seine Währung vermehrt Reservewährung wird. Ich sehe aktuell keine unmittelbare Gefahr für den US-Dollar, ernsthaft bedrängt zu werden. Zu wichtig sind die USA als Schutzmacht für die reichen, aber militärisch schwachen arabischen Staaten – insbesondere gegenüber dem Iran. Der Petrodollar wird weniger rasch beiseite geräumt werden, als erodieren.“ Dass eine Yuan-Notiz von in China gehandelten Ölprodukten logisch erscheint, erklärt Peter Brezinschek, Chefanalyst bei Raiffeisen Research: „Nachdem China der größte Konsument von Ölprodukten ist, und mit Sinopec, PetroChina und CNOOC die weltweit größten Energiekonzerne besitzt, war es 2015 naheliegend, dass in der Shanghai Free Trade Zone auch eine Börse für Öl- und Gashandel aufgezogen wurde. Innerhalb kürzester Zeit hat sich dieser Börsenplatz zur Nummer Drei unter den Benchmarks positioniert und Dubai hinter sich gelassen. Dies ist auch darauf zurückzuführen, dass der Ölbedarf Chinas als global größter Öl-Verbraucher vor allem durch die international geächteten Länder Russland, Iran und Venezuela gedeckt wird“, und er ergänzt: „Hinter West Texas Intermediate (ca. 50 %) und Brent (ca. 30 %) nimmt Shanghai mit ca. 20 Prozent schon einen beachtlichen Marktanteil ein. Allerdings ist damit eine deutliche Schwächung des US-Dollars noch nicht gelungen. China hat aber seinen Bestand an US-Staatsanleihen seit dem zweiten Quartal dieses Jahres erstmals seit 2010 unter 1.000 Milliarden US-Dollar reduziert. Dabei waren – wie bei Japan auch – vor allem Zinserwartungen ausschlaggebend.“ Aktuelle Dollarstärke Bereits im September ist der Euro zum Dollar auf ein 20-Jahres-Tief gefallen. Per 28. Oktober wertete der US-Dollar zum Euro auf Jahressicht rund 17 Prozent auf. Am 26. September fiel das Pfund zum US-Dollar auf ein Rekordtief. Hausgemachte Probleme stehen dabei folgenden Rahmenbedingungen gegenüber: Die Fed hat seit Mitte März 2022 ihre Leitzinsen in sechs Schritten von 0,00 bis 0,25 auf 3,75 bis 4,00 Prozent angehoben. Auf Jahressicht sind die Renditen zehnjähriger US-Staatsanleihen um 271 Basispunkte (BP) auf 4,16 Prozent gestiegen (per 4. November) Die EZB, Bank of England, Schweizerische Nationalbank sowie weltweit eine Reihe anderer Notenbanken schraubten ihre Leitzinsen nach oben. Das macht aus der Sicht diverser Anleger aus Entwicklungs- und Schwellenländern Hartgeldveranlagungen, wie z.B. in US-Dollar, attraktiver. Kapitalabflüsse und Währungsabwertungen sind die Folge. Die Lage ist so prekär, dass die United Nations Conference on Trade and Development (UNCTAD), eine Organisation der Vereinten Nationen für Handel und EntDer US-Dollar stellt alle anderen Leitwährungen (Yen, Euro und Renmimbi) seit Anfang 2021 deutlich in den Schatten. Starker US-Dollar +35% +30% +25% -5% -10% 0% +5% +10% +15% +20% 2020 2021 2022 USD/JPY USD/EUR USD/CNY November 2022 – GELD-MAGAZIN . 11 „Die immer wieder zitierte Ablöse des US-Dollars wird noch einige Zeit verschoben, und es ist in diesem geopolitischen Zeitenwandel auch höchst fraglich, ob sie überhaupt stattfindet.“ Peter Brezinschek, Chefanalyst Raiffeisen Research Mögliche Ereignisse, die den Dollar zum Euro schwächen Die EZB hinkt im Zinszyklus der Fed hinterher: Sollte die EZB noch im geldpolitischen Straffungsmodus sein, während die Fed bereits Zinssenkungen in Aussicht stellt, dann würde dies den Dollar schwächen - laut Meinung des Autors (Kordovsky) ab dem zweiten Quartal 2023 denkbar. In Europa bleiben Energieprobleme imWinter aus. Ende des Ukraine-Kriegs und Normalisierung der Lieferketten in Europa. Unerwartet starke Zinsschritte der EZB.

12 . GELD-MAGAZIN – November 2022 wicklung, die Zentralbanken in den entwickelten Volkswirtschaften zu einer geldpolitischen Kehrtwende aufforderte. Wie sehr in diesem Umfeld die Lokalwährungen ärmerer Länder unter Druck stehen, quantifiziert die UNCTAD: Bis Juli erfuhren heuer gut 90 Entwicklungsländer eine Währungsabwertung zum US-Dollar, über ein Drittel davon im Ausmaß von über zehn Prozent. Im laufenden Jahr haben die Entwicklungsländer zur Stützung ihrer Währungen bereits 379 Milliarden an US-Dollar an Reserven aufgewandt. Das ist fast der doppelte Betrag, als ihnen kürzlich an neuen Sonderziehungsrechten vom IWF zugeteilt wurde. Genauere Hintergründe der Dollaraufwertung Die Dollarstärke kommentiert Brezinschek wie folgt: „In der ersten Phase der US-Dollar-Stärke waren sicherlich die Zinsdifferenzen und Zinserwartungen für die USA ein guter Erklärungsfaktor. Doch seit ein paar Monaten ist es mehr eine ausgeprägte Neuorientierung aufgrund der geopolitischen Zeitenwende.“ Einen geopolitischen Aspekt zeigt auch Massenbauer: „Die Zinsanhebungen begleiten die US-Dollar-Stärke eher zufällig. In der Vergangenheit brachten steigende Zinsen in den USA regelmäßig US-Dollar-Schwäche mit sich. Wir sehen aktuell eine Kapitalflucht in die USA, wie wir sie in den letzten 50 Jahren nicht gesehen haben. Diese Kapitalflucht ist vor allem geopolitisch motiviert. Europa erfährt ebenso wie Japan, China und Südkorea Rekordabflüsse. Auch viele Emerging Markets leiden darunter, wobei Brasilien, Indonesien und Mexiko zeigen, dass sie deutlich stärker werden konnten, obwohl der US-Dollar fest war. Diese Länder sind die Nutznießer der Pariastellung Russlands.“ Verlieren die USA ihre Führungsrolle an China? Schon seit über zwei Jahrzehnten ist davon die Rede, dass die USA die Führungsrolle an China abgeben werden. Wo könnten die zukünftig bedeutenden Finanz- und Machtzentren tatsächlich liegen? Dazu Massenbauer: „China hat zweifelsohne an Bedeutung gewonnen und wird Shanghai und Shenzen neben der Wall Street etablieren wollen. Derzeit ist die Bedeutung des chinesischen Kapitalmarktes für die Welt gering. Ich erwarte in diesem Jahrzehnt keine wesentliche Änderung daran. China erfährt aktuell die Grenzen des Wachstums und wird einige Jahre benötigen, die Immobilienkrise zu verarbeiten.“ Führende Rolle bleibt bestehen Diverse langfristige Aspekte zeigt Brezinschek: „China hat zwar bedeutend in der geo-politischen Weichenstellung aufgeholt, aber die USA sind noch immer zumindest wirtschaftlicher Trendsetter. Im technologischen Bereich wird das Rennen in den kommenden fünf bis zehn Jahren sehr spannend. China hat seit 2013 unter der „One Belt, One Road initiative“ über 60 Länder in Asien, Afrika und Europa in gemeinsame Investitionsprojekte integriert, um so vor allem die Infrastruktur, den Technologietransfer und den Erwerb von Schlüsselunternehmen voranzutreiben. Die Technologie- und Industrieführerschaft ist dabei das erklärte Ziel“, und er ergänzt: „Wenn sich allerdings die Europäer mit den Amerikanern zu strategischen Allianzen und einer Reihe aufstrebender Schwellen- und Industrieländer Asiens zusammenfinden, wird es für China schwieriger. Trotzdem: Südostasien und die USA werden die Machtzentren der Zukunft sein. Europa spielt aufgrund seiner Heterogenität und fehlenden politischen Umsetzbarkeit nur noch eine Rolle als Kronprinz.“ In so einem Umfeld dürfte – abgesehen von einer E-Auto- und Wasserstoffzukunft – das Ende des Petro-Dollars bestenfalls „Zukunftsmusik“ sein. Ebenfalls skeptisch gegenüber dem Ende des Petro-Dollars zeigt sich Brezinschek: „Die immer wieder zitierte Ablöse des USDollars wird noch einige Zeit verschoben, und es ist in diesem geopolitischen Zeitenwandel auch höchst fraglich, ob sie überhaupt stattfindet. Hinter dem US-Dollar ist es eine Frage des politischen Willens, ob der Yuan auch einmal eine frei konvertierbare Währung wird, was aus heutiger Sicht wenig Realisierungschance hat.“ BRENNPUNKT . Dollar-Stärke Definition Petrodollar Petrodollar ist eine umgangssprachliche Bezeichnung für US-Dollar-Deviseneinnahmen erdölexportierender Länder aus dem Export von Erdöl. Die betroffenen Länder sind u.a. SaudiArabien, Irak, Libyen, Nigeria, Russland und die Vereinigten Arabischen Emirate. Seit dem Zweiten Weltkrieg findet der Handel mit Erdöl primär in US-Dollar statt. An den Warenbörsen erfolgt die Denominierung in Dollar pro Barrel. Daraus resultiert eine erhöhte Abhängigkeit der Weltwirtschaft gegenüber dem US-Dollar und der US- Dollar ist die weltweit bedeutendste Reservewährung. Über Jahrzehnte flossen mangels Investmentalternativen in den eigenen Ländern die durch hohe Leistungsbilanzüberschüsse angehäuften Dollarreserven der Erdölexportländer wieder zurück in US-Staatsanleihen und diverse Geldanlagen der größten Industrieländer. Neben dem hohen Zwillingsdefizit (Leistungsbilanz und Staatshaushalt) der USA finanzierten die Ölexportländer auch die steigende Verschuldung erdölimportierender Entwicklungsländer mit. Mittlerweile findet in punkto US-Bonds ein Umdenken statt und anstelle der Ölexportländer kauft vor allem die Fed zunehmend mehr US-Staatsanleihen.

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Es sind Zitate wie dieses, die einen aufschrecken lassen, zu Mussolini meinte Giorgia Meloni: „Er hat Fehler gemacht, die Rassengesetze, den Kriegseintritt, und außerdem war sein System autoritär. Historisch gesehen hat er auch eine Menge vollbracht, aber das rettet ihn nicht.“ Hinzugefügt werden muss, dass diese Worte 2006 fielen, Meloni war damals knapp 30 Jahre alt. Mit jugendlichem Leichtsinn lässt sich das unaufgeräumte Verhältnis zum Faschismus aber nicht entschuldigen. Auch Breitseiten gegen die EU, die Eheschließung von Homosexuellen usw. beunruhigen. Meloni ist eine begabte Populistin, die nach allen Regeln der Kunst „austeilt“, in der Realpolitik wird sie Italien aber keiner „Rivoluzione“, also einer Revolution unterziehen können. Wenig Gegenwehr Tatsächlich ruderte sie verbal bereits im Wahlkampf zurück und zeigte sich gemäßigter. Ein „Italexit“, also ein Austritt Italiens aus der EU, kommt schon aufgrund der desaströsen Erfahrungen des Brexits nicht in Frage. Auch scheint die Lust der Italiener auf ein EU-Aus beschränkt zu sein: Die Partei „Italexit“ verpasste mit unter zwei Prozent glasklar den Einzug ins Parlament. Harmlos wird der „Italy First-Kurs“ Melonis dadurch allerdings nicht, denn ihrer strammen Rechts-Koalition steht eine zersplitterte und in Auflösung befindliche „Linke“ gegenüber. Die Zweitplatzierten Sozialdemokraten der Partito Democratico erhielten nur rund 19 Prozent der Stimmen. Effiziente Oppositionspolitik scheint da kaum möglich zu sein. Kann die EU Meloni auf die Finger schauen? Die Möglichkeiten sind begrenzt und nur der „erhobene Zeigefinger“ könnte das Zusammenrücken rechts-motivierter Bürger in einer Wagenburgmentalität sogar noch verstärken. Und wie schwer sich die EU mit harten finanzpolitischen Maßnahmen tut, die wirklich schmerzen, zeigt sich am Beispiel Ungarns, das bekanntlich schon lange einen autoritären Kurs fährt. Selbstzerstörung? Natürlich bleibt noch die Möglichkeit, dass sich die Allianz aus Melonis „Fratelli d‘Italia“, „Lega“ unter Matteo Salvini und Silvio Berlusconis „Forza Italia“ bald selbst beschädigen könnte. Vor allem dem Egomanen und Machismo Berlusconi sagen politische Beobachter nach, dass er es gar nicht gerne sieht, auf die hinteren Ränge verbannt zu sein, und noch dazu eine Frau an der Spitze steht. Auch Salvini wird nicht gerade als eine einfache Persönlichkeit beschrieben, das könnte koalitionären Sprengstoff bergen. Wobei die „Halbwertszeit“ itaBRENNPUNKT . Italien Keine „Rivoluzione“ Giorgia Meloni ist wie erwartet an die Spitze Italiens gewählt worden. Das Liebäugeln mit dem Faschismus der neuen Ministerpräsidentin beunruhigt, völlig umkrempeln wird sie das Land aber nicht. HARALD KOLERUS Credit: Vox España Italien als Schuldenkönig Böse Zungen behaupten: Was in Italien immer wächst, sind die Schulden. Bereits über 150 Prozent des BIP haben sie erreicht; jetzt ist die Besorgnis groß, dass unter der neofaschistischen Regierung Meloni der Rahmen endgültig gesprengt wird. „Ich habe ein entspanntes Verhältnis zum Faschismus. Ich betrachte ihn als einen Abschnitt unserer nationalen Geschichte.“ Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni (2006) Quelle: www.ceicdata.com Staatsverschuldung in % des nominalen BIP 135% 140% 145% 150% 155% 160% 165% 130% Jul ‘19 137,7% Okt ‘19 137,0% Jul ‘20 149,4% Apr ‘20 137,9% Jan ‘20 134.7% Okt ‘20 154,3% Jan ‘21 155,6% Apr ‘21 159,4% Jul ‘21 156,0% Okt ‘21 154,5% Jan ‘22 150,3% Jul ‘22 152,2% 14 . GELD-MAGAZIN – November 2022

Italien im Zahlenspiegel Einwohner: 60 Millionen Fläche: 301.338 km² Staatsverschuldung Italiens pro Kopf: 45.337 Euro Staatsverschuldung EU pro Kopf: 28.506 Euro BIP Italien*: 1.755,4 Milliarden Euro BIP Eurozone: 12.255,5 Milliarden Euro BIP Deutschland: 3.570,6 Milliarden Euro BIP Österreich: 403,3 Milliarden Euro lienischer Regierungen historisch betrachtet ohnedies nicht gerade berauschend ausfällt: Seit ihrer Gründung 1946 sah die Republik vor dem Meloni-Sieg 67 Regierungen und 30 Ministerpräsidenten ... Populismus im Praxistest Aber ein rasches Scheitern bleibt natürlich Spekulation. Für die nahe Zukunft wird entscheidend sein, wie Meloni, Berlusconi und Salvini mit den aktuellen Herausforderungen umgehen werden - und die sind gewaltig. Medienberichten zufolge wird es jeder dritten italienischen Familie aufgrund der extremen Energiepreise bis Ende des Jahres nicht mehr möglich sein, ihre Strom- und Gasrechnung zu bezahlen. Zur natürlich notwendigen Unterstützung könnte schlecht gegen-finanziertes Deficit-Spending im Köcher der Populisten stecken. Ein durchaus gefährliches Spiel: Die ohnedies horrende Verschuldung Italiens von rund 150 Prozent des BIP droht dann in neue Dimensionen vorzustoßen: eine neue Eurokrise nach dem Vorbild Griechenlands nicht ausgeschlossen. Mit dem erheblichen Unterschied, dass Italien die drittgrößte Volkswirtschaft der EU darstellt, was das Gefahrenpotenzial erhöht. Das könnte wiederum erstmals das Transmission Protection Instrument (TPI) aktivieren. Diese neue „Waffe“ der EZB ermöglicht es, Anleihen aus einzelnen Ländern zu kaufen, „um eine Verschlechterung der Finanzierungsbedingungen, die nicht durch länderspezifische Fundamentaldaten gerechtfertigt sind, zu bekämpfen“, wie es offiziell heißt. Nun lässt sich trefflich streiten, was in diesem Zusammenhang „länderspezifische Fundamentaldaten“, sprich hausgemachte Probleme, sind. Sollte TIP in Italien zum Einsatz kommen, ist eine Konfrontation mit der EZB und anderen Euro-Ländern wahrscheinlich. Streit um Staatshaushalt? Wobei derzeit die Situation noch entspannt erscheint: Der Spread italienischer Staatsanleihen gegenüber denen in Deutschland lag Anfang November mit 230 Basispunkten unter den Spitzenwerten, die während der Corona-Krise (280 Basispunkte) oder 2018 während des Tauziehens mit der Europäischen Kommission um den Staatshaushalt (330 Basispunkte) erreicht wurden. Eurizon Asset Managemt kommentiert: „Italiens Regierung ist gut beraten, ein ähnliches Szenario diesmal zu verhindern.“ BIP-Wachstum im Rahmen Das Wirtschaftswachstum Italiens folgt im Großen und Ganzen der Bewegung vieler Staaten: Durch Corona erfolgte ein tiefer Einbruch, dann eine deutliche Erholung. Laut IWF soll Italien trotz der Belastung Ukraine-Krieg im kommenden Jahr nicht in die Rezession stürzen. Quelle: www.ceicdata.com BIP-Wachstum Italiens in % des BIP Jul ‘17 +5% +10% +15% -20% -15% -10% -5% Jan ‘18 Jul ‘18 Jan ‘19 Jul ‘19 Jan ‘20 Jul ‘20 Jan‘21 Jul‘21 0% *Immer zu jeweiligen Preisen 2021. Quelle: Statista, www.laenderdaten.info November 2022 – GELD-MAGAZIN . 15

UniCredit Bank Austria Einkaufs-Manager-Index Quelle: IHS Markit, UniCredit Research Dickes Ende kommt erst. Erstmals seit vielen Jahren ist die Zahlungsmoral in Österreich im Sinkflug. Aktuell wird rund jede sechste Rechnung zu spät bezahlt. Im Vorjahr war es noch jede siebente. Wie die Ergebnisse des Austrian Business Checks zeigen, dürfte es sich dabei nur um einen ersten Vorboten handeln. Denn die Hälfte der rund 1.500 Befragten erwartet, dass dieser Negativtrend im kommenden Jahr noch drastischere Ausmaße annehmen wird. Ricardo-José Vybiral vom KSV1870: „Die Wirtschaft wird nicht ohne staatliche Unterstützung durch diese Krise kommen, dafür sind die aktuellen Belastungen einfach zu groß.“ Eine gewisse Marktbereinigung sollte aber zugelassen werden. Ricardo-José Vybiral, CEO der KSV1870 Holding AG Zahlungsmoral: Eingetrübt Industrie: Beschleunigte Abkühlung Talfahrt. Der UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex sank im Oktober auf 46,6 Punkte und lag damit den dritten Monat in Folge unter der Wachstumsschwelle. Das signalisiert gegenüber dem Vormonat eine Beschleunigung der Konjunkturverschlechterung in der österreichischen Industrie. 15 70 65 60 55 50 45 40 35 30 16 17 18 19 20 21 22 70 65 60 55 50 45 40 35 30 Credit: beigestellt Industrie-Recycling ist die Lösung Feuerfeste Produkte werden weltweit in allen industriellen Hochtemperaturprozessen eingesetzt. Ohne sie könnten die Stahl-, Zement-, Kalk-, Metall-, Glas-, Energie-, Umwelt- und Chemieindustrien nicht existieren. RHI Magnesita treibt die strukturellen Veränderungen und Trends, die unsere Welt in eine neue Ära führen, voran. Der grüne Wandel und die inflationären Kostenherausforderungen beschleunigen das Tempo, in dem Länder, Regierungen und Unternehmen auf die Notwendigkeit einer nachhaltigeren Zukunft reagieren und sich anpassen müssen. Wir bei RHI Magnesita sehen das als eine spannende Gelegenheit. Wir nützen diese Gelegenheit, um uns bei unseren Kunden als bevorzugter Lieferant, der ihre eigenen Nachhaltigkeitsziele ermöglicht, zu positionieren. Als weltweit führender Hersteller von Feuerfest-Produkten liegt der Fokus von RHI Magnesita auf der Entwicklung von grünen Technologien und wir investieren im Zeitraum 2020 bis 2024 50 Millionen Euro in die Forschung und den Bau von Pilotanlagen, um wesentlich zum Ziel der CO2-neutralen Welt beizutragen. Ein weiterer Weg, wie wir dies tun, ist Recycling. RHI Magnesita ist branchenweit führend bei der Verwendung von Sekundärrohstoffen. Aufgrund unserer einzigartigen neuen Technologie wird die Leistung der feuerfesten Produkte nicht beeinträchtigt. Das Ergebnis? Wir sparen eine erhebliche kommentar . Chris Bucknall, RHI Magnesita Menge CO2-Emissionen für jede wiederverwendete Tonne feuerfesten Abfallmaterials und unterstützen damit eine nachhaltigere Zukunft für uns und unsere Kundinnen und Kunden. Außerdem haben wir uns zum Ziel gesetzt, bis 2025 zehn Prozent des Rohmaterials aus recycelten Produkten zu gewinnen. In einer Welt, die vor vielen Herausforderungen steht, spielt RHI Magnesita eine wichtige Rolle bei der Gestaltung einer nachhaltigeren Zukunft. www.rhimagnesita.com Chris Bucknall, Head of Investor Relations & Sustainability FOTO: beigestellt 16 . GELD-MAGAZIN – November 2022 WIRTSCHAFT . Kurzmeldungen

„Private Banking ist die Speerspitze der Stadtbank“ Teuerungswelle, Nachhaltigkeit, Neuausrichtung: Markus Plank, Leiter Private Banking, über aktuelle Herausforderungen und große Ziele von „Raiffeisen Wien. Meine Stadtbank“ im Top-Kundensegment. Sie sind seit Juni 2022 für das Private Banking der Raiffeisenlandesbank NÖ-Wien in der Bundeshauptstadt zuständig. Herr Plank, welche Ziele verfolgen Sie? Oberste Prämisse ist, das Wertpapiergeschäft der Stadtbank weiter auszubauen – im Private Banking, sprich ab einem Vermögen von 750.000 Euro, und im Premium Banking. Zu meinem Bereich gehört mitunter ein Investmentconsulting-Team, das Berater in den Regionalzentren ab rund 350.000 Euro unterstützt. Kunden in den Bezirksbanken erhalten ein attraktives, auf Wunsch nachhaltiges Wertpapierangebot, bei dem wir auf die geballte RaiffeisenKompetenz setzen. So greifen wir beispielsweise auf Fonds und Zertifikate bzw. Anleihen der Premium Partner Raiffeisen Capital Management (RCM), Raiffeisen Centrobank (RCB) und Raiffeisen Bank International (RBI) zurück. Private-Banking-Kunden werden neuerdings zentral aus dem Raiffeisenhaus serviciert. Was sind die Gründe dafür? Wir sind Ende letzten Jahres vom traditionsreichen Looshaus ins Raiffeisenhaus umgezogen. Hier können wir – gut angebunden am Donaukanal – noch hochwertiger und zielgerichteter auf individuelle Bedürfnisse eingehen. Mit neuen, hellen Räumlichkeiten im durchgängigen Stadtbank-Design bieten wir ein stilvolles Ambiente und kombinieren es mit einem modernen Arbeitsumfeld am Puls der Zeit. Zudem investieren wir laufend in die MitarbeiterAusbildung und konnten unsere Wertpapier-Beratung frühzeitig auf Nachhaltigkeit umstellen, was seit 1. August 2022 gesetzlich verpflichtend ist. Welches Angebot umfasst das Private Banking? Wir bieten ein umfassendes Allfinanz-Service mit Schwerpunkt auf dem Wertpapiergeschäft. Über ein neues Wertpapierkompetenzzentrum wollen wir das Thema Veranlagung gezielt zu all jenen bringen, die bisher noch keine Investments getätigt haben. Mit unserer digitalen Veranstaltungsreihe „Live aus dem Stadtbank-Studio“ liefern wir Wertpapier-Einsteigern zudem regelmäßig Informationen rund um das Thema. Meine Idee ist, Kunden noch maßgeschneiderter mit Produkten zu versorgen, die sie ruhig schlafen lassen. Die Voraussetzungen hierfür sind gegeben: Im Vorjahr wurden wir von der Österreichischen Gesellschaft für Verbraucherstudien (ÖGVS) als beste Regionalbank in der Anlageberatung ausgezeichnet. Das Private Banking bildet die Speerspitze der Stadtbank und wir wollen zu einer festen Säule des Erfolgs werden. Wie relevant ist Nachhaltigkeit im Wertpapiergeschäft mittlerweile? Finanziell erfolgreich und ökologisch verantwortungsvoll zu agieren, wird immer wichtiger. Bereits 75 Prozent unserer neu veranlagten Fondsvolumen fließen in nachhaltige Produkte. Tendenz steigend. Warum? Weil Studien belegen, dass nachhaltige Investments hinsichtlich der Wertentwicklung mit traditionellen Veranlagungen mithalten und Nachhaltigkeitsrisiken den Erfolg und die Reputation eines Unternehmens negativ beeinflussen können. Wir haben daher nur nachhaltige Investments im Portfolio, die neben einer positiven Finanzbewertung die drei Bereiche der ESG-Bewertung – Umweltauflagen, Menschen- und Arbeitsrechte, verantwortungsvolle Unternehmensführung – erfüllen. Unsere digitale Vermögensverwaltung WILL folgt dem Trend und setzt zu 100 Prozent auf nachhaltige Wertpapiere. Hat sich die Einstellung der Österreicher zum Thema Wertpapier-Veranlagung geändert? Wir sind seit jeher ein Land der Sparer, entsprechend zurückhaltend wird das Geld oftmals zur Seite gelegt. Teuerungswelle und Kaufkraftverlust aber erfordern ein Umdenken: Unser Ziel ist es, Verständnis für Wertpapiere zu schaffen, sodass Kunden aus Überzeugung handeln können – vom kleinen Monatsinvestment bis zu großen Beträgen. Mit unserer breiten Produktpalette sind wir bestens aufgestellt. www.raiffeisenbank.at Markus Plank, Leiter Private Banking, Raiffeisenlandesbank NÖ-Wien November 2022 – GELD-MAGAZIN . 17 EXPERTSTALK . Markus Plank, Raiffeisenlandesbank NÖ-Wien EINSCHALTUNG – FOTO: Roland Rudolph

Auch im Staate Österreich bewegt sich (manchmal) etwas in die richtige Richtung: So wurde jüngst die Abschaffung der kalten Progression von Ökonomen überwiegend positiv kommentiert. Dennoch zahlen wir im internationalen Schnitt noch immer saftig hohe Steuern (siehe Bericht ganz rechts). Deshalb gilt: Möglichst keinen einzigen Euro an den Fiskus verschenken! Klassiker: Gewinnfreibetrag nützen Sowohl als Einnahmen-Ausgaben-Rechner als auch als Bilanzierer können Unternehmer auch heuer einen bestimmten Betrag des steuerlichen Gewinnes (ausgenommen Veräußerungsgewinn) steuerfrei stellen. Dazu muss man rechtzeitig in bestimmte „körperlich abnutzbare“ Anlagegüter und/ oder begünstigte Wertpapiere (im Sinne des § 14 Abs 7 Z 4 Einkommensteuergesetz) investieren. Dabei handelt es sich um konservative Produkte, wie etwa Fonds, die sich für die Pensionsvorsorge eignen. Das sind in der Regel keine „Performance-Turbos“, aber der steuerliche Vorteil punktet. Am besten beim Finanzberater des Vertrauens nach passenden Produkten fragen. Laut TPA Steuerberatung ist ein maximaler Gewinnfreibetrag in Höhe von 45.950 Euro möglich, das bedeutet bei 50-prozentiger Progression eine Steuerersparnis von satten 22.975 Euro. Bis zu einem Gewinn von 30.000 Euro kann der 15-prozentige Freibetrag ohne Investitionen geltend gemacht werden, und zwar auch zusätzlich zur Betriebsausgabenpauschale. Der investitionsabhängige Gewinnfreibetrag steht hingegen bei Pauschalierung nicht zu. Ein Tipp von TPA: „Erstellen Sie bald die Prognoserechnung für das Jahr 2022, um die steuerlich optimale Höhe der notwendigen Investitionen rechtzeitig zu ermitteln. Es können auch solche Wertpapiere, die steuerlich zur Deckung von Pensionsrückstellungen verwendet werden dürfen, angeschafft werden. Die Wertpapiere müssen zum 31. Dezember 2022 am Wertpapierdepot gebucht sein. Es gilt eine Behaltefrist von mindestens vier Jahren. Neu: Sparen im Home-Office Tele-Working ist im Zuge von Corona populär geworden, dieser Trend ist gekommen, um zu bleiben, wie es scheint. Selbstständige können jedenfalls ab dem heurigen Jahr pauschal bis zu 1.200 Euro als Betriebsausgaben für Strom, Heizung und Beleuchtung geltend machen. Voraussetzung: Zur Ausübung der selbstständigen Tätigkeit steht kein anderer Raum zur Verfügung. Die Pauschale von 1.200 Euro per annum steht zu, wenn keine anderen Einkünfte aus einer aktiven Erwerbstätigkeit erzielt werden. Eine Pauschale von 300 Euro jährlich ist wiederum dann möglich, wenn andere Einkünfte aus aktiver Erwerbstätigkeit des SelbststänWIRTSCHAFT . Steuertipps Nichts zu verschenken! Trotz Steuerreform schlägt der Fiskus in Österreich noch immer sehr kräftig zu. Da gilt es, sich zu Jahresende genau mit der eigenen finanziellen Bilanz auseinanderzusetzen und die Weichen für 2023 zu stellen. HARALD KOLERUS Die Steuererklärung steht an, jetzt kann wieder Geld gespart werden! Credit: DragonImages/stock.adobe.com 18 . GELD-MAGAZIN – November 2022

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