GELD-Magazin, November 2022

36 . GELD-MAGAZIN – November 2022 Die Bewertungen gemessen am Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV) haben bei 1,5 mehrjährige Tiefststände erreicht. Im langfristigen Durchschnitt liegt das KBV bei 1,8. Strukturelle Treiber der EM-Story sind ein wachsender Anteil am globalen Bruttoinlandsprodukt, und ein aufsteigender Mittelstand mit Konsummustern, die jenen in den Industriestaaten immer ähnlicher werden. Vor allem in den Sektoren Versicherungen, Health Care und Konsum/Einzelhandel dürfte die Marktdurchdringung besonders deutlich zunehmen. Unternehmen in den Schwellenländern sind zu namhaften Technologie-Playern aufgestiegen, sie spielen vor allem bei Elektrofahrzeugbatterien und in den globalen Halbleiter-Lieferketten eine große Rolle“, erläutert Levy. Für Ramiz Chelat, seines Zeichens Portfoliomanager Vontobel Emerging Markets Equity Fund, haben sich im Verlauf des Corona-Zyklus die Schwellenländer mit Blick auf das Wirtschaftswachstum bisher als widerstandsfähig erwiesen. „Die dortigen Zentralbanken waren proaktiver und sind nun flexibler als die der Industrieländer, die eine größere Lücke zwischen dem aktuellen Zinsniveau und der anhaltend hohen Inflation zu schließen haben“, so Chelat. „Die Strukturreformen in Indien, wie die Einführung der Waren- und Dienstleistungssteuer (GST), das Konkursgesetz und die Sanierung der schwächeren Finanzinstitute, waren wichtig, haben aber das Wachstum gebremst. Dank dieser Reformen und eines saubereren Bankensystems sehen wir jetzt ein sich beschleunigendes Kredit- und Konsumwachstum, wobei das indische BIP-Wachstum in den kommenden zwölf Monaten bis zu sieben Prozent betragen wird. Indien hat zudem kein Kapital mit Corona-Megahilfen verbraten.“ MÄRKTE & FONDS . Emerging Markets Sind steigende Zinsen eine Bedrohung? Xavier Hovasse: Wir denken, dass sich die Dinge geändert haben und dass die Schwellenländer besser als in der Vergangenheit gerüstet sind, um mit einem strafferen geldpolitischen Umfeld umzugehen, da sie über Leistungsbilanzüberschüsse und wieder aufgebaute Währungsreserven verfügen. Die Prognosen des IWF zeigen, dass die Schwellenländer in diesem und im nächsten Jahr deutlich stärker wachsen werden als die Industrieländer, trotz Verlangsamung in China und Rückgang in Russland. Während der Euro, das Pfund und der Yen gegenüber dem USDollar an Wert verloren haben, sind der brasilianische Real und der mexikanische Peso gestiegen. Wie war dies möglich? Die Zentralbanken sind unabhängiger und haben sich Inflationsziele gesetzt. Aus diesem Grund haben viele Schwellenländer früher als die Industrieländer damit begonnen, die Zinsen anzuheben, um zu verhindern, dass die steigende Inflation außer Kontrolle gerät und ihre Währung destabilisiert. Als Beispiel können wir Brasilien anführen, ein Land, das in der Vergangenheit eine Hyperinflation erlebte: Als die Inflation im letzten Jahr anstieg, reagierte die Zentralbank mit aggressiven Zinserhöhungen um zwölf Prozentpunkte. Die Inflation ist von zwölf Prozent im April auf acht Prozent gesunken und der Real gehört seit Jahresbeginn zu den Währungen mit der besten Performance. Dennoch drohen Währungsturbulenzen … Die Schwellenländer haben ihre größte Schwäche – die Unfähigkeit, Kredite in ihrer eigenen Währung aufzunehmen – in Angriff genommen. Früher hatten die Regierungen keine andere Wahl, als Kredite in anderen Währungen, vor allem in US-Dollar zu akzeptieren. Eine fallende Landeswährung erhöhte in der Folge die Belastung durch Fremdwährungsschulden und führte zu Kapitalflucht. Nach der Finanzkrise 2008 sind die Anleiherenditen in den Industrieländern jedoch gesunken, was die Anleger dazu veranlasst hat, anderswo nach Rendite zu suchen. Diese Suche in Verbindung mit einem verbesserten Wirtschaftsmanagement ermöglichte den Regierungen der Schwellenländer, ihre Kreditaufnahme auf Anleihen in lokaler Währung zu verlagern und die Dollar-Schulden der Schwellenländer gingen zurück, was dazu beiträgt, dass die Schwellenländer weniger anfällig für externe Schocks sind. Xavier Hovasse, Portfoliomanager beim Carmignac Emergents . INTERVIEW „Dank einer solideren Budget- und Zinspolitik und niedrigeren Schulden in der Währung US-Dollar sind einige Schwellenländerwährungen gegenüber dem Dollar sogar gestiegen.“ Credit: beigestellt

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