GELD-Magazin, November 2022

einiges an zukünftiger Phantasie bieten. Was die Wirtschaft betrifft, so glaubt Hovasse, dass China dem globalen Zyklus voraus ist, also einen Teil der Rezession bereits hinter sich hat. „Das liegt daran, dass sich das Land zwei spezifische Schocks selbst auferlegt hat. Der erste ist die Beibehaltung einer extrem kostspieligen Nullzinsstrategie. Der zweite ist, dass China 2021 seine eigene Immobilienblase platzen ließ. Was die Anpassung der Bautätigkeit anbelangt, ist unserer Meinung nach ein Tiefpunkt erreicht. Die chinesische Wirtschaft sollte wieder auf einen Wachstumspfad von annähernd fünf Prozent zurückkehren“, meint Hovasse. Das Gegenstück zum Carmignac Emergents bildet der Robeco Emerging Conservative. Lejda Bargjo, Client Portfolio Managerin Robeco, investiert zwar nur 19 Prozent in China, aber ebenso viel in Taiwan, angesichts der Drohungen Chinas ein kalkuliertes Risiko. Sie meint zum Ausblick: „Was die Bewertung anbelangt, haben die makroökonomisch ausgerichteten CAPE-Ratios für Schwellenländeraktien besondere Aussagekraft bewiesen. Das höhere systematische Risiko dieser Titel wird reflektiert in höheren Discount-Raten in den Modellen für die Unternehmensbewertung, was zu niedrigeren fairen Preisen für gleich hohe erwartete Gewinne führt. Dazu kommt, dass in Schwellenländern ein höheres Marktgewicht bei weniger wachstumsstarken Industriebranchen liegt, was zu tieferen Bewertungen führt“, so Bargjo. Die meisten Länder haben bereits einen deutlich ansteigenden Zinszyklus hinter sich und können es sich nun leisten, ihre Geldpolitik wieder expansiver zu gestalten. Dazu kommen solidere Leistungsbilanzen, sodass Emerging Markets nicht mehr so angreifbar für Kapitalabflüsse sind. Inflation & politische Risiken Das Inflationsproblem ist in vielen Schwellenländern zudem bei weitem nicht so ausgeprägt wie in den reichen Industriestaaten. Demgegenüber sind die politischen Risiken jedoch deutlich höher. „Im letzten US-Zinserhöhungszyklus ab dem Jahr 2013 wurden viele Schwellenländer noch als fragil und empfindlich für Währungsturbulenzen angesehen, etwa Brasilien, Südafrika, Indien und Indonesien. Bis heute jedoch haben sich Budget- und Leistungsbilanzdefizite vielfach deutlich reduziert. Rohstoffexportierende Schwellenländer wie Brasilien und Indonesien profitieren von hohen Preisen für Erdöl & Co., was die zum Teil höheren Importpreise abfedert und die Inflation im Zaum hält“, sagt Bargjo. Früher war auch ein starker Aufwertungszyklus beim USDollar sehr gefährlich für viele Emerging Markets, da sich diese vor allem mit Dollaranleihen und- krediten verschuldet hatten. Diesmal haben sich zwar auch die meisten Schwellenländerwährungen abgeschwächt, aber 13 Zentralbanken ihre Zinsen angehoben, mit der Ausnahme von China. Steigende Marktdurchdringung Für Michael Levy, Co-Head Emerging Equities Team bei Barings und mitverantwortlich für den Barings Global Emerging Markets Equity, hellt sich der makro-ökonomische Ausblick in der Schwellenländerregion zusehends auf. „Nach China ist auch Brasilien auf einen expansiven Zinskurs eingeschwenkt, da die Inflation ihren Gipfelpunkt überschritten hat. Weitere Schwellenländer werden diesem Beispiel folgen. „Auf Unternehmensebene preisen die Gewinnerwartungen für EM-Aktien mittlerweile ein negatives Umfeld ausreichend ein.“ Michael Levy, Co-Head Emerging Equities Team bei Barings Das Shiller-KGV, auch Cyclically Adjusted Price-to-Earnings Ratio (CAPE) genannt, basiert auf dem Durchschnitt der inflationsbereinigten Unternehmensgewinne der zurückliegenden zehn Jahre. Der Unterschied zum klassischen KGV zeigte sich etwa während der Finanzkrise 2008. Schwellenländeraktien werden mit deutlichem Abschlag gegenüber Industrieländern gehandelt Quelle: Vontobel Asset Management, Bloomberg Shiller-KGV MSCI EM - linke Skala Shiller-KGV MSCI WORLD - linke Skala Aufschlag/(Abschlag) Schwellenländer gegenüber Industrieländern - rechte Skala 5 10 15 20 25 30 35 40 45 -40% -50% -30% -20% -10% 0% 10% 20% 30% 45% Shiller-KGV 2007 2009 2011 2013 2015 2017 2019 2021 Aufschlag/(Abschlag) Schwellenländer ggü. Industrieläner „Das Wirtschaftswachstum in den Schwellenländern ist nach wie vor deutlich höher als in der übrigen Welt.“ Ramiz Chelat, Portfoliomanager Vontobel Emerging Markets Equity November 2022 – GELD-MAGAZIN . 35

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