GELD-Magazin, Oktober 2022

Zins vs. Inflation Was wiegt mehr: die raschere Steigerung der Mieteinnahmen oder der Zinsanstieg im Einklang steigender Inflationsraten? Dazu das Gordon Growth Modell (Dividend Discount Model), umgemünzt auf Anlegerwohnungen: Angenommen, es liegen die jährlichen Nettomieteinnahmen – gebunden an den VPI – bei 7.500 Euro. Der risikoadäquate Zins wird mit 6,0 Prozent festgesetzt, anstatt früher mit 5,0 Prozent und die langfristige Inflationsrate mit 3,8, statt einst mit 2,0 Prozent. Somit verändert sich der „Fair Value“, gemäß dem Rechenschema: Mietertrag/risikoadäquater Zins minus „ewige Wachstumsrate“ von 250.000 auf 340.909 Euro. Doch steigt bei 3,8 Prozent Inflation der Zins weiter auf 7,5 Prozent, würde der Fair Value auf 202.703 Euro sinken. Hingegen bei einem Kalkulationszinsanstieg im gleichen Ausmaß wie die Inflation (um 1,8 PP auf 6,8%) würde der faire Wert gleichbleiben. Da zuletzt die Inflationsraten stärker als die Zinsen stiegen und der Zinsspielraum der EZB wegen hoher Staatsschuldenquoten begrenzt ist, wirkt der Inflationsaspekt preistreibend. Eine Stabilisierung der Mietrenditen in Wien wäre „gesund“. grund der derzeit vorherrschenden Parameter mit einem Abflachen der Preiskurve.“ Regional kann es teils sogar bergab gehen: „Preissteigerungen wie in den letzten Jahren wird es unter den derzeitigen Rahmenbedingungen nicht mehr geben, im Gegenteil – je nach Region wird man auch mit rückläufigen Preisen rechnen müssen“, so Reikersdorfer. Bundesweit sind in den verschiedenen Regionen unterschiedliche Entwicklungen zu erwarten. Wien: Relative Preisstabilität Bezüglich der Entwicklungen am Wiener Wohnimmobilienmarkt äußerte sich Karina Schunker, Geschäftsführerin bei EHL Wohnen: „Das Angebot am Markt ist in den letzten Jahren durch die hohen Fertigstellungszahlen stark angestiegen, wobei mehr als 60 Prozent der fertiggestellten Wohneinheiten auf den Mietwohnungsmarkt entfallen. Mietwohnungssuchenden steht demnach zurzeit ein größeres Angebot zur Verfügung. Im Eigentumsbereich ist die Situation gegenteilig und durch einen Nachfrageüberhang gezeichnet. Da zurzeit jedoch institutionelle Eigentümer neue Liegenschaften nicht mehr so aggressiv prüfen, werden wieder vermehrt Wohnungseigentumsobjekte in den Abverkauf gelangen.“ Ihre Einschätzung: „Das aktuelle Ungleichgewicht zwischen Miete und Eigentum wird sich demnach wieder etwas glätten. Die Preise im Miet-, aber vor allem im Eigentumsbereich sind auch in den letzten Monaten gestiegen, was zum Teil auf die aktuell sehr hohen Baukosten zurückzuführen ist. Aufgrund der Inflation und nun Erhöhung des Leitzinses durch die EZB, was etwaige Finanzierungskosten steigen lässt, erwarten wir für die kommenden Monate keine starken Preissprünge.“ Wolfgang Wagner, Geschäftsführer EHL Immobilien Bewertung GmbH, ergänzt: „Preiskorrekturen sind erst dann zu erwarten, wenn sich die Eigentümer oder ihre Mieter ihre Immobilien nicht mehr leisten können. Einerseits gehen wir davon aus, dass die Baukosten weiterhin auf einem hohen Preisniveau bleiben werden, was sich erhöhend auf die Preise am Markt auswirkt. Auf der anderen Seite steigen die Finanzierungskosten und die Kreditvergabekriterien wurden verschärft, weshalb wir von gebremsten Preisentwicklungen und einer stärkeren Seitwärtsbewegung ausgehen. In den letzten Jahren sind die Wohnungspreise immer höher gestiegen als die Mieten.“ „In den letzten Jahren sind die Wohnungspreise immer höher gestiegen als die Mieten.“ Wolfgang Wagner, Geschäftsführer EHL Immobilien Bewertung GmbH Oktober 2022 – GELD-MAGAZIN . 69

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