GELD-Magazin, Oktober 2022

erklärt: „Wachstum wird konservativ über die selbst generierten Cashflows und nicht über Schulden finanziert. Die Geschäftsmodelle können visionär sein, die Finanzierung dafür sehr konservativ. Nicht selten halten die Unternehmen Nettoliquidität, was sie auch im aktuellen Umfeld steigender Zinsen resistent macht.“ Richtige Selektion Viele börsennotierte Familienunternehmen gibt es in Italien, wie beispielsweise in der Glasindustrie Zignago Vetro, die u.a. Getränkeflaschen und Glasbehälter für Kosmetika und Parfümerie herstellt und seit 1950 aktiv ist. 65 Prozent der Anteile sind im Besitz der Zignago Holding S.p.A der Familie Marzotto, die auch mit mehreren Sitzen im Aufsichtsrat vertreten ist. Zignago Vetro zeigt im Zeitraum 1988 bis 2021 ein Umsatz- und EBITDA-Wachstum (CAGR) von jeweils 7,9 bzw. 8,1 Prozent p.a. In Deutschland ein alteingesessenes Familienunternehmen ist beispielsweise Henkel, bekannt für Marken wie Loctite, Persil und Schwarzkopf. Eine Ur-Ur-Enkelin des Gründers Fritz Henkel, Simone Bagel-Trah, ist Aufsichtsratsvorsitzende und Vorsitzende des Gesellschafterausschusses. Hierzulande Gründerfamilienunternehmen sind z.B. das Airline-Catering- und Gastro-Unternehmen Do&Co und der Automobilzulieferer Polytec, dessen Gründer Friedrich Huemer als Vorsitzender des Aufsichtsrates tätig ist und dessen Sohn, Markus Huemer, als CEO. Ein älteres Familienunternehmen in Österreich ist Mayr-Melnhof Karton, zu 57 Prozent im Besitz der Kernaktionärsfamilien und mit Familienmitgliedern im Aufsichtsrat. Doch Olsen warnt: „Familiengeführt heißt nicht gleichzeitig unfehlbar. Beispiele wie Schaeffler oder Gerry Weber zeigen, dass diese Unternehmen auch falsch beraten sein können und sich schlussendlich übernehmen können. Aber das bleiben Ausnahmen. Für uns geht es natürlich darum, in einem qualitativ überragenden Universum eine gute Selektion zu erzielen. Eine fundamentale Analyse ist unerlässlich und unser Dreierteam unterzieht Unternehmen einer rigorosen Due Diligence und screent laufend auf der Suche nach neuen Opportunitäten. Wir führen jährlich über 500 Unternehmensgespräche mit CEOs und CFOs. Schließlich wollen wir ein konzentriertes Portfolio aus 35 bis 45 Titeln auswählen.“ Unternehmensrisiko, Nachhaltigkeit und Tagesliquidität am Markt sind wichtige Kriterien. Die Selektion des Spängler Familiy Trust bringt Rosenstatter auf den Punkt: „Wir suchen Unternehmen mit einem positiven Kurstrend und einer attraktiven Bewertung innerhalb der jeweiligen Branche oder zur eigenen Historie“ und zeigt folgenden Risikomanagement-Ansatz: „Wir führen bei jeder Position ein dynamisches Stopp Limit mit, welches bei ansteigenden Kursen nach oben gezogen wird, um bereits erzielte Kursgewinne zu sichern.“ Ihre Aktien-Favoriten skizziert Olsen: „Bei Small Caps präferieren wir aktuell Ipsos, Swissquote und Subsea7.“ Ipsos ist ein Marktforschungsinstitut, das in den letzten Jahren zunehmend digital aufgestellt worden ist und dessen erster Kunde Google war. Swissquote ist eine erfolgreiche Online-Bank, die strukturell davon profitiert, dass Anleger zunehmend nicht alles bei ihrer alteingesessenen „Vertrauensbank“ verwalten lassen, sondern selber aktiv Entscheidungen treffen und anlegen. Subsea profitiert von den stark zunehmenden Investitionsprogrammen im Bereich alte und neue Energie. „Bei Large Caps mögen wir die deutsche Merck, die spanische Infrastrukturgruppe Ferrovial und die finnische Stora Enso, der zweitgrösste Waldeigentümer weltweit“, so Olsen. „Wir suchen Unternehmen mit einem positiven Kurstrend und einer attraktiven Bewertung innerhalb der jeweiligen Branche oder zur eigenen Historie.“ Johannes Rosenstatter, Fondsmanager Spängler Family Business Trust „Nicht selten halten die Unternehmen Nettoliquidität, was sie auch im aktuellen Umfeld steigender Zinsen resistent macht.“ Birgitte Olsen, Portfolio Managerin der Bellevue Entrepreneur Strategien Fakten zu Familienunternehmen in den Jahren 2007 bis 2020* 32 Prozent der börsennotierten, nichtfinanziellen Unternehmen in den EU-15-Ländern, der Schweiz und in Norwegen waren 2020 Familienunternehmen. Gründerfamilien wiesen im Medianwert ein logarithmisches Umsatzwachstum von 5,2 Prozent p.a. über eine Drei-Jahres-Periode auf verglichen mit 3,8 Prozent Wachstum außerhalb der Gruppe. Beim Beschäftigungswachstum lag die Relation bei 4,1 zu zwei Prozent p.a. Nimmt man gleichgewichtete Portfolios (monatlich re-balanced) und vergleicht über den Zeitraum 2007 bis Q2/2021 die annualisierte Gesamtrendite (Aktienrendite plus Dividendenrendite) dann standen sieben Prozent p.a. bei Familienunternehmen 5,6 Prozent p.a. bei den restlichen Aktien gegenüber. Die Performance-Relation Gründerfamilienunternehmen zum Rest des Marktes lag bei 7,6 zu 6,3 Prozent p.a. Familienunternehmen weisen im Medianwert 6,5 Prozent Eigenkapitalrentabilität auf verglichen mit fünf Prozent bei Nicht-Familien-Unternehmen, wobei Gründerfamilienunternehmen sogar mit einem Wert von 7,3 Prozent auffallen. *Quelle: Stiftung Familienunternehmen: Studie: „Börsennotierte Familienunternehmen in Europa“ MÄRKTE & FONDS . Familienunternehmen 42 . GELD-MAGAZIN – Oktober 2022

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