Rück- und Ausblick. Henry Kissinger muss nicht lang und breit vorgestellt werden: Unter Präsident Richard Nixon fädelte er als Außenminister die Annäherung an China ein (bekannt als Ping-Pong-Politik) und gilt heute sozusagen als Altmeister der US-Außenpolitik. Das hier vorliegende Buch wurde erstmals im Jahr 2014 veröffentlicht, hat aber nichts an Aktualität eingebüßt. Denn Kissinger stellt und beantwortet Fragen, die gerade jetzt durch den Krieg gegen die Ukraine unter den Nägeln brennen: Hat das westlich geprägte Wertesystem im 21. Jahrhundert angesichts aufstrebender Mächte mit gänzlich anderem Menschenbild und Gesellschaftskonzept als vorherrschende Weltordnung ausgedient? Der Polit-Vollprofi sieht unsere Epoche vor existenziellen Herausforderungen angesichts zunehmender Spannungen. In der heutigen global eng vernetzten Welt wäre eine Weltordnung vonnöten, die von Menschen unterschiedlicher Kultur, Geschichte und Tradition akzeptiert wird und auf einem Regelwerk beruht, das in der Lage ist, regionale wie globale Kriege einzudämmen. Besonders interessant an diesem Werk ist der weit zurückreichende historische Abriss: Kissinger analysiert etwa die Entstehung der unterschiedlichen Ordnungssysteme in China, den islamischen Ländern und im Westen. Er unternimmt dabei den Versuch, das Trennende zwischen den verschiedenen Einflussbereichen zusammenzuführen und den Grundstein für eine zukünftige friedliche Weltordnung zu legen. Wie diese genau aussehen wird, bleibt dabei etwas unscharf, das muss man als Kritikpunkt an dem ansonsten sehr profunden Werk anmerken. Lesenswert ist es allemal, zum Beispiel der Rückblick auf das Westfälische System, das seit 1648 bis zum Ukraine-Krieg unser europäisches Modell geprägt hat. Weltordnung Henry Kissinger. Verlag: C.Bertelsmann. 478 Seiten. ISBN: 978-3-641-15548-3 BUCHTIPPS . Neuerscheinungen & Pflichtlektüre Credits: beigestellt Der Preis ist heiß. Neben dem Ukraine-Krieg wird derzeit kein anderes Thema so stark diskutiert: Eine massive Inflation, die uns allen das Geld aus den Taschen zieht. Der Ökonom und Experte für Preisberatung, Hermann Simon, gibt in vorliegendem Buch Tipps, wie man der Teuerung ein Schnippchen schlagen könnte. Dabei sind diese Ratschläge nicht an Konsumenten gerichtet, sondern es wird in 15 kurzen Abschnitten behandelt, wie Unternehmen ihre Preispolitik an die neue Situation anpassen sollten. Denn nach Jahrzehnten der Stabilität erleben wir die höchsten Preissteigerungen seit den 1970er Jahren. Für viele Firmen wird es künftig schwierig, die Gewinnlinie zu verteidigen. „Deshalb ist es wichtig, zu wissen, welche Effekte die Inflation auf den Gewinn hat, um dem drohenden Wertverlust gegenzusteuern. Sonst kann es schnell zu einer gefährlichen Schieflage kommen“, ist hier zu lesen. Die konkrete Check-List umfasst nun unterschiedliche Punkte wie „Pricing Power stärken“, „Preise inflationsgerecht optimieren“ oder „Digitalisierungschancen nützen“. Simon schreibt: „Gerade in der Inflation muss man die Bestimmungsgrößen des optimalen Preises verstehen. Denn es gilt zu vermeiden, unüberlegt naive Pricing-Methoden anzuwenden, die Kostensteigerungen also unbedacht an den Kunden zu überwälzen.“ Das könnte ins Auge gehen, also: Kunden zu vergraulen. Es gilt stattdessen, den „optimalen Preis“ zu finden, der vom Kundennutzen, den Kosten und Wettbewerbspreisen abhängig ist. Diese drei Determinanten müssen immer im Auge behalten werden (auch wenn die Inflation gerade nicht davongaloppiert). Übrigens tragen zahlreiche Grafiken und Tabellen zum besseren Verständnis des komplexen Themas Inflation/Preisgestaltung in diesem intelligent konzipierten Buch bei. Die Inflation schlagen Hermann Simon. Verlag: Campus. 208 Seiten. ISBN: 978-3-593-51673-8 82 . GELD-MAGAZIN – September 2022
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