72 . GELD-MAGAZIN – September 2022 Lehren aus dem Crash teren Stresssignalen auch negativ auf Krypto Assets auswirken würde. Auf der anderen Seite haben wir Krypto-interne Treiber, die ein anderes Bild zeigen: Viele Akteure, die über ihre Zielgröße hinausgewachsen sind, haben sich mittlerweile an die Bedingungen angepasst, die Anleger schätzen ihre Risiken besser ein und stellen ihr Portfolio sicherer auf. Außerdem gibt es deutlich mehr ungenutzte Barmittel und Liquidität, um potenziellen Ausverkäufen entgegenzuwirken. Glauben Sie, dass wir den Preisboden bereits erreicht haben? Natürlich kann es nochmal abwärts gehen, aber die Tiefststände vom Juni werden wir wohl nicht mehr erleben. Wie in den letzten Preiszyklen ist nun ein Punkt erreicht, an dem auch die letzten Geschäftsmodelle, die an gewisse Preisniveaus gebunden waren, aus dem Markt gespült wurden. Dieser Punkt wurde meines Erachtens erreicht, als Bitcoin die 20.000-Dollar-Marke nach unten durchbrochen hat. Seien es Miner, die ihre letzten Bestände verkaufen mussten, um Rechnungen zu bedienen, oder Unternehmen wie Three Arrows Capital oder Celsius, die aus dem Markt gedrängt wurden, oder Genesis oder Galaxy Digital, die jetzt ihr Risikomanagement angepasst haben. Kurzfristig fällt es schwer, Vorhersagen zu treffen, aber langfristig hat sich meiner Meinung nach wenig an der These geändert, dass Krypto hier ist, um zu bleiben. Ich sehe derzeit weiterhin einen guten Einstiegspunkt, solange man einen langfristigen Anlagehorizont hat. In der EU stehen nächstes Jahr zwei neue Verordnungen ins Haus: MiCA und die „Transfer of Funds“-Regulierung. Was für einen Einfluss werden diese haben? Ha Duong ist Director Crypto Strategies und Fondsmanager bei BIT Capital, einem der erfolgreichsten Asset Manager der jüngsten Vergangenheit in Deutschland. Im Interview mit dem GELD- Magazin sprach er über die Ursachen der letzten Preisrally und den darauffolgenden Crash des Krypto-Marktes, was vom Hype übrigbleibt und wo die Reise nach Durchschreiten der Talsohle jetzt hingehen könnte. Herr Duong, was genau ist in den letzten Monaten am Krypto-Markt passiert? Im Jahr 2020, als die FED begann, die Zinsen zu senken und die Marktbedingungen im Zuge der Corona-Krise zu verbessern, wurde viel Liquidität geschaffen, die dann in Aktien, insbesondere im Tech-Bereich, aber auch in Krypto Assets floss. Mit dem Jahr 2021 kamen dann weitere hochspekulative Marktsegmente wie SPACs, Retail-Mania-Aktien, aber auch diverse Meme-Coins wie Shiba Inu Coin hinzu. Der Krypto Markt hatte zugleich seine eigenen Narrative. Eines der ersten war die Angst vor Inflation, die eine zunehmende institutionelle Akzeptanz von Bitcoin förderte. Bei vielen großen Makroanlegern war damals das Interesse an den zukünftigen Möglichkeiten des Sektors geweckt worden. Gleichzeitig kamen durch den „DeFi-Sommer“ im Jahr 2020 immer mehr Anwendungsfälle im Krypto-Kosmos hinzu, die dazu führten, dass 2021 dann Alternativen zu Ethereum entdeckt wurden, die plötzlich große Kapitalzuflüsse verzeichneten. Grund dafür war die Ansicht, dass Ethereum allein noch nicht skalierbar genug war, um diese Massenanwendungen zu ermöglichen. Das heißt, wir haben einen ersten Auslöser gesehen, der reflexartig immer mehr Narrative im Kryptomarkt positiv beeinflusst hat. Auf den Hochmut folgte der Fall. Bitcoin und mit ihm der gesamte Kryptomarkt durchliefen in den vergangenen zwei Jahren zügellose Preisanstiege und tiefe Einbrüche.Was blieb davon übrig? MORITZ SCHUH Credit: BIT Capital/Gene Glover INTERVIEW . Ha Duong, BIT Capital Und dann kam der Crash – was genau hat die Stimmung am Markt so getrübt? Ende letzten Jahres entstand dann die Erkenntnis, dass die herrschende Inflation doch nicht vorübergehend sein könnte und die amerikanische FED dagegen ankämpfen wird, indem sie die Zinsen erhöht und dem Markt Liquidität entzieht. Dies wirkte sich negativ auf alle Märkte aus – insbesondere auf Anlageklassen aus dem risikoreichen Bereich. Gleichzeitig stellte sich bald heraus, dass viele der zuvor genannten Narrative am Kryptomarkt ihre Versprechen nicht einhalten konnten. Gepaart mit extrem hohen Leverage am Krypto-Markt wurden diese Verluste dann noch ausgeweitet. Wo stehen wir nach der Ernüchterung? Ich gehe davon aus, dass die Märkte volatil bleiben werden. Es ist jedoch wahrscheinlich, dass wir das Schlimmste bereits hinter uns haben, da dieser massive Ausverkauf aufgrund von Zwangsverkäufen zur Bedienung von Margin-Calls bereits hinter uns liegen könnte. Ich würde das derzeitige Risiko in externe Faktoren und interne Faktoren aufteilen. Was die externen Faktoren betrifft, könnte die Inflation noch längere Zeit ein Thema bleiben und dass dem Markt weiterhin Liquidität entzogen wird. Der KryptoMarkt hat immer noch eine gewisse Kopplung mit anderen Märkten, was sich bei weiEs ist wahrscheinlich, dass wir das Schlimmste bereits hinter uns haben.
RkJQdWJsaXNoZXIy MzgxOTU=