EINSCHALTUNG – FOTOS: beigestellt Einstiegschance Biotech Der Biotech-Bereich zählt zu den Wachstumsmärkten par excellence. Aktuell wird das Aktiensegment mit einem historischen Abschlag bewertet. Was hat Corona für den BioPharma-Bereich bedeutet? Martina Beran: Generell hat die Virus-Pandemie noch einmal verdeutlicht, wie wichtig neue Therapien für jeden Menschen, für die Gesellschaft und die Wirtschaft sind. Bei den Investoren hat es die Erkenntnis verstärkt, dass es sich hier um einen nachhaltigen Wachstumsmarkt handelt. Lässt sich das mit Zahlen belegen? Mario Linimeier: Ja, absolut. Im Biotech-Sektor findet gerade ein neuer Innovationszyklus statt. Allein in den USA hat die Gesundheitsbehörde FDA in den zurückliegenden fünf Jahren 330 neue Therapien zugelassen. Immer mehr Wirkstoffe stammen von vergleichsweise jungen und innovativen Biotechfirmen. Wird der Markt weiter so dynamisch wachsen? Beran: Das ist durchaus zu erwarten. Im vergangenen Jahr befanden sich mehr als 5.500 Entwicklungsprojekte in der klinischen Prüfung. Experten erwarten, dass sich der Markt bis 2030 in etwa verdoppeln könnte. Was sind die wesentlichen Wachstumstreiber? Beran: Weltweit gibt es immer mehr Menschen, auch die Lebenserwartung steigt. Das wirkt sich natürlich auch auf den medizinischen Bedarf aus. Außerdem können sich vor allem in den Schwellen- und Entwicklungsländern immer mehr Menschen eine adäquate medizinische Versorgung leisten. Schließlich treiben Innovationen das Wachstum der BioPharma-Branche an. Schon heute sind Krankheiten behandelbar, die früher als nicht therapierbar galten. Das verlängert die Lebenserwartung beziehungsweise erhöht die Lebensqualität. In welchen Bereichen gibt es die größten Fortschritte? Linimeier: Die Präzisionsmedizin ermöglicht zielgenaue Eingriffe ins Krankheitsgeschehen. Sie kommt vor allem in der Onkologie, also bei der Behandlung verschiedener Krebsarten zum Einsatz. Die RNA-Technologie hat durch die mRNA-Impfstoffe zum Schutz gegen Corona große Bekanntheit erlangt. Dabei handelt es sich aber nur um ein Teilgebiet. Es gibt beispielsweise bereits RNA-Therapien, die die Produktion krankheitsverursachender Moleküle stilllegen. Und was ist mit dem Gene Editing? Linimeier: Mit den sogenannten Genscheren lässt sich direkt auf DNA- beziehungsweise RNA-Ebene operieren. Hier werden defekte Sequenzen herausgeschnitten und durch neue ersetzt. Dadurch lassen sich lebensbedrohliche Krankheiten potenziell heilen. Trotz dieser guten Wachstumsaussichten hat sich der Biotech-Sektor zuletzt unterdurchschnittlich entwickelt. Beran: Das ist richtig. Zum einen ist die Risikoaversion der Anleger in den vergangenen Monaten stark gestiegen. Sie stoßen undifferenziert alles ab, wo „Tech“ draufsteht, weil das als risikoreicher gilt. Zum anderen erhöhen sich angesichts der hohen Inflationsraten die Sorgen, dass die Zinsen steigen. Das belastet vor allem Firmen, die erst in der Zukunft Geld verdienen, da ihre künftigen Gewinne jetzt stärker abgezinst werden. Das betrifft auch die Biotech-Werte, die sich noch in der Forschungsphase befinden. Halten Sie den Bereich für unterbewertet? Linimeier: Absolut. Das Biotech-Segment wird mit einem hohen Abschlag zum breiten Markt gehandelt, obwohl es stark wächst – und zwar weitgehend unabhängig von der Konjunktur. Derzeit notieren rund 20 Prozent der Aktien unter ihren Cashbeständen – das ist historisch einmalig. Noch nie hat man Innovation zu so einem günstigen Preis kaufen können. Außerdem sitzen die großen Pharma-Konzerne auf enormen Barmitteln. Es ist durchaus möglich, dass es hier zu einer Übernahmewelle kommt. Martina Beran, Relationship Management September 2022 – GELD-MAGAZIN . 33 EXPERTSTALK . Martina Beran und Mario Linimeier, Medical Strategy Medical Strategy zählt zu den führenden, unabhängigen Healthcare-Investmentmanagern Europas und managt den MEDICAL BioHealth (WKN/ISIN: 941135/LU0119891520). Der Aktienfonds investiert weltweit ausschließlich in Unternehmen aus dem BioPharma-Bereich. www.medicalstrategy.de Mario Linimeier, Fondsmanager und geschäftsführender Gesellschafter
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