GELD-Magazin, September 2022

Wo die meisten Menschen hungern Besonders dramatisch ist die Situation in Afrika, allen voran in Somalia: Dort gelten rund zwei Drittel der Bevölkerung als unterernährt. Durch die gestörte Weizenernte in der Ukraine rechnen Experten mit einer weiteren Zuspitzung der Krise. Covid trifft Kinder Höchstwahrscheinlich wird die Kindersterblichkeit infolge von Corona ansteigen, hauptsächlich durch indirekte Effekte. Pandemiebedingte Beeinträchtigungen der Gesundheitsleistungen sowie der gesundheitlichen Versorgung von Müttern, Neugeborenen, Kindern und Heranwachsenden haben nachweislich die Kindersterblichkeit erhöht (WHO 2020). Noch mehr Opfer Die zunehmende Auszehrung bei Kindern und der Rückgang von Ernährungsinterventionen aufgrund der Pandemie könnten zwischen 2020 und 2022 in Ländern niedrigen und mittleren Einkommens zu 47.000 bis 283.000 zusätzlichen Todesfällen führen. „Die große Spannbreite der Schätzung verdeutlicht die anhaltende Unsicherheit hinsichtlich der Situation“, heißt es auf globalhungerindex.org. Der Weizen-Preis ist zuletzt etwas gefallen, er liegt aber noch immer weit über dem langjährigen Durchschnitt. Eine Entspannung ist angesichts des Ukraine-Kriegs fraglich. 1.300 1.200 1.100 500 600 700 800 900 1.000 2020 2019 2021 2022 USC/bsh jene Regionen besonders hart, die ohnedies schon stark gebeutelt werden: durch Corona-Pandemie und Klima-Krise. Schätzungen gehen davon aus, dass es aufgrund des Krieges noch zusätzlich um ein Drittel mehr hungernde Menschen weltweit geben wird.“ Schlimm ist vor allem die Situation in Somalia (siehe Grafik unten), wo Klima-Kapriolen schon seit Jahren für heftige Probleme sorgen, außerdem ist das bitterarme Land praktisch zu 100 Prozent in seiner Nahrungsversorgung von der Ukraine und Russland abhängig. In Mali wiederum gibt die Bevölkerung mittlerweile 75 Prozent ihres Einkommens für Nahrungsmittel aus. Warnung vor Hungersnöten Die Situation ist also mehr als ernst, angesichts der teuren Lebensmittel warnt zum Beispiel die Welthungerhilfe vor drohenden Hungerkrisen rund um den Globus: „Allein am Horn von Afrika sind rund 15 Millionen Menschen aufgrund einer schweren Dürre von akutem Hunger bedroht, und durch die steigenden Preise spitzt sich die Lage weiter zu.“ Erste Prognosen lassen demnach befürchten, dass die Ernährungslage schlimmer ist als bei der letzten großen Hungerkrise 2008. „Bereits vor dem Krieg in der Ukraine wuchs die Zahl der hungernden Menschen weltweit aufgrund von KlimaWeizen: Entspannung? wandel, Kriegen und den Folgen der Corona-Pandemie stetig. Der Wegfall der Getreide-Exporte aus der Ukraine und aus Russland sowie die Verknappung von Düngemitteln zeigt bereits dramatische Auswirkungen und wird die weltweite Ernährungslage erheblich verschlimmern“, so der düstere Ausblick der Welthungerhilfe. Internationale Solidarität? Gewarnt wird auch vor sozialen Unruhen, Aufständen und zunehmender politischer Instabilität im Zuge der Lebensmittelkrise. Um das zu vermeiden sollten wohlhabende Staaten „ihre Unterstützung für die Hungerbekämpfung sofort ausbauen und mehr Geld für Nahrungsmittelhilfe bereitstellen“, fordert die Welthungerhilfe. Die Realität sieht allerdings leider anders aus, es haben bereits einige Gebernationen angekündigt, ihre Ausgaben für Entwicklungshilfe reduzieren zu wollen. Das Geld sitzt eben nicht locker, wenn es gerade im eigenen Land gebraucht wird. Internationale Solidarität? Bitte warten. Auf staatliche Unterstützung sollte sich der globale Süden also besser nicht unbedingt verlassen. Zur Linderung können natürlich private Spenden an karitative Organisationen helfen, wobei zu befürchten ist, dass auch hier die Motivation nachlässt, wenn aufgrund Quelle: globalhungerindex.org Unterernährung der Bevölkerung, 2018 – 2020 10% 20% 30% 40% 50% Somalia 60% 70% 59,5% Irak 37,5% Rep. Kongo 37,7% Liberia 38,9% Kongo 41,7% Norkorea 42,4% Madagaskar 43,2% Jemen 45,4% Haiti 46,8% Zentralafrika 48,2% 0% September 2022 – GELD-MAGAZIN . 19

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