GELD-Magazin, September 2022

September 2022 – GELD-MAGAZIN . 13 die aufgrund der umfangreichen Wasserkraftwerke kaum Kostensteigerungen hat und dennoch die Strompreise aufgrund der Merit-Order-Regel (siehe Grafik links unten) kräftig anhebt bzw. angehoben hat. Auch wenn die Preissteigerungen verwerflich wirken, hat die Merit-Oder-Regel ihren Sinn. Sie stellt sicher, dass nicht alle zum günstigsten Stromanbieter wechseln, der die entsprechende Produktionsleistung nicht aufbringen könnte. Bei Versorgern, die Strom aus Erneuerbaren Energien erzeugen – z.B. dem Verbund – oder auch bei der Öl- und Gasförderung bzw. -weiterverarbeitung (z.B. OMV) fallen damit hohe sogenannte „Übergewinne“ (windfall profits) an. So wird heuer, wenn wir beim Beispiel Verbund bleiben, ein Nettogewinn von etwa zwei Milliarden Euro erwartet anstatt der „üblichen“ rund 560 Millionen Euro (Durchschnitt von 2017 bis 2021). Ähnlich rechnet sich das bei den übrigen Stromproduzenten aus Alternativen Energien wie Windpark- oder Solaranlagenbetreibern. Aber auch die Ölmultis BP, Chevron oder Exxon vervielfachten ihren Gewinn, ebenso wie die heimische OMV. Während die EU bereits im März die rechtlichen Grundlagen für eine Übergewinnsteuer geschaffen hat und diese auch in einigen Ländern bereits beschlossen wurde, wird in Österreich noch darüber gestritten. Spanien hat bereits Nägel mit Köpfen gemacht und will daraus in den kommenden zwei Jahren rund sieben Milliarden Euro mehr einnehmen und für Sozialausgaben verwenden, in Belgien und Italien ist sie bereits beschlossene Sache. Förderungen durch den Staat Um die z.T. dramatischen Auswirkungen der Preisanstiege abzufedern – ein Drittel aller Haushalte (1,4 Mio.) kann mittlerweile seine Lebenserhaltungskosten nicht mehr decken –, brachte die Österreichische Bundesregierung im April und im Juni Anti-TeuerungsPakete auf den Weg. Sie betreffen neben der Abschaffung der Kalten Progression Energiekostenzuschüsse (150 Euro/Haushalt; für Unternehmen kostenabhängig) und einen „Klima-Bonus“ von 250 Euro sowie einen Teuerungsausgleich in der Höhe von 250 Euro für alle. Ende August wurde angesichts der brisanten Situation beschlossen, den Klima- und Antiteuerungsbonus von insgesamt 500 Euro an alle Erwachsenen noch im September auszubezahlen. Österreicher unter 18 Jahren erhalten 250 Euro. Das Geld wird automatisch aufs Konto überwiesen, sofern die Daten beim Finanzamt oder der Pensionsversicherung hinterlegt sind, andernfalls erhalten die Menschen via eingeschriebenen Brief einen Gutschein, der in Geschäften oder auch bei der Bank eingelöst werden kann. Ebenso wird eine zusätzlich Familienbeihilfe in der Höhe von 180 Euro ausbezahlt und nicht zuletzt wurde die ursprünglich geplante Einführung der CO2-Abgabe von Juli auf Oktober verschoben. Weniger als Förderung gedacht, als vielmehr zur Sicherung der Versorgung mit Erdgas, wird Unternehmen der Umstieg auf Alternative Energiequellen finanziert – also z.B. eine Umrüstung von Erdgas auf Erdöl. Selbst beim Verbund wird eine Umrüstung des Gaskraftwerkes Mellach auf den Brennstoff Kohle überlegt. Ein Gesetzesvorschlag zur Erstattung von derartigen Umrüstkosten (insgesamt bis zu 250 Mio. Euro) wurde jedoch Ende August im Parlament abgelehnt. Da Einmalzahlungen zur Unterstützung der Haushalte naturgemäß eine enden wollende Wirkung haben, schlug das Wifo in einem Arbeitspapier vor, jedem Haushalt eine bestimmte Höchstmenge an Energiebezug (Energiegrundkontingent) zu einem Fixpreis/ MWh zukommen zu lassen. Die Differenz zum aktuellen Marktpreis würde mit Steuergeld subventioniert. Über das Grundkontingent hinaus würde der normale Marktpreis zur Verrechnung kommen. Fazit Auch wenn die Aussicht auf eine Rezession im Winter wenig rosig erscheint, ist mit einer Art „natürlicher Korrektur“ zu rechnen. Aufgrund der horrenden Preissteigerungen wird – neben Energiesparmaßnahmen im kommunalen Bereich – auch bei Privaten deutlich Strom und Gas eingespart werden. Erreichen die Reduzierungen einen zweistelligen Prozentbereich, könnten wir trotz eines möglichen Lieferstopps durchaus ohne Rationierungen durch den Winter kommen. Energielenkungsfall Sollten die schlimmsten Befürchtungen eintreten und es zu einem Gaslieferstopp aus Russland kommen und eine unmittelbar drohende oder bereits eingetretene Störung der Erdgasversorgung entstehen, muss die Energieministerin tätig werden und mittels Verordnungen die Verteilung regeln. Neben Aufrufen an die Bevölkerung, Energie zu sparen, würden vermutlich nach wenigen Wochen bereits erste Abschaltungen in Teilen der Industrie erfolgen müssen. Priorisiert wird dabei nach dem Grad der Dringlichkeit, der Substituierbarkeit und den volkswirtschaftlichen Auswirkungen. Kurzarbeit und eine höhere Arbeitslosigkeit wären die Folge. Es käme zu zahlreichen Engpässen in Lieferketten. Haushalte und kritische Infrastruktur – wie Krankenhäuser und Stromversorgung – haben jedoch prinzipiell Vorrang. Über geplante Lenkungsmaßnahmen hat die Energieministerin den Energielenkungsbeirat zu informieren sowie den Hauptausschuss des Nationalrats damit zu befassen. (Verfassungsrechtlich gilt bei Eingriffen in Grundrechte das Verhältnismäßigkeitsprinzip, gelindere Mittel müssen ausgeschöpft werden.)

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