GELD-Magazin, Juli/August 2022

Das beste Pferd im Stall Das Zugpferd der Gruppe ist die Semperflex. Im ersten Quartal konnte alleine in diesem Unternehmensteil der Umsatz um 46 Prozent auf 80 Millionen Euro gesteigert werden und das EBITDA auf 20 Millionen Euro – 25 Pro- zent EBITDA-Marge? Wie ist das möglich, in einem so schwierigen Umfeld? Gelungen ist das deswegen, da hohe Anstiege bei allen In- putfaktoren zeitnah an Kunden weitergege- ben werden konnten. Effizienzsteigerungen und Skaleneffekte haben zusätzlich zu dem guten Ergebnis beigetragen. Als Weltmarkt- führer bei Hydraulik- und Industrieschläu- chen ist alleine dieser Bereich, der zu 100 Prozent der Semperit gehört, 600 bis 700 Millionen Euro wert. Deutlich geringer performen die Sparten Semperform und Semperseal, die ebenfalls zur Industriesparte gehören. Hier gibt es jede Menge Raum für Verbesserung. Beide Sparten sind zu klein und mit einer EBITDA- Marge weit unter zehn Prozent und einer schwarzen Null im ersten Quartal kein Aus- hängeschild. Dabei konnten in beiden Be- reichen schöne Umsatzanstiege erzielt wer- den. Die stärker als erwarteten Inputfaktoren konnten allerdings nicht in vollem Umfang weitergegeben werden. Hier könnten Zu- käufe, die die Wettbewerbsfähigkeit stärken, durchaus Sinn machen. Aber auch Semper- form ist eine sehr kleine, wenn auch sehr profitable Division. Obwohl der Umsatz um 33 Prozent auf 26,2 Millionen Euro gestei- gert wurde, blieben unter dem Strich 2,1 Millionen Euro als EBIT über. Zwickmühle Die derzeitige Marktkapitalisierung von Semperit liegt knapp unter 400 Millionen Euro. Berücksichtigt man das Cash (abzüg- lich der Pensions- und Steuerverbindlichkei­ ten) liegt der Enterpreis Value (verschul- densfreier Unternehmenswert) bei 350 Milli- onen Euro. Man sieht auf den ersten Blick, dass nach einem Verkauf der Handschuh- sparte Semperit nur mit drei bis vier Mal dem EBITDA bewertet ist. Im internationalen Vergleich gibt es kein Unternehmen mit in- takten Wachstumsaussichten und Welt- marktführern im Produktportefeuille, das so günstig bewertet wird. Die Frage, die sich aufdrängt, ist, was sind die Gründe für die vergleichsweise extrem niedrige Bewertung an der Börse? Argumente wie Energiekrise, stark steigende Rohstoffe, Einbruch der Konjunktur etc. kann man nicht gelten lassen, da dies alle Industrieunternehmen gleichermaßen trifft. Forscht man weiter, dann wird klarer, dass ein Teil des Problems möglicherweise der Hauptaktionär ist. Die B&C Holding, die 54 Prozent der Semperit-Aktien hält, und bisher auch den gesamten Aufsichtsrat stellt, hat sich bei ihren letzten Akquisitionen nicht mit Ruhm bekleckert. Im Gegenteil, Schur Flexi- bles dürfte ein 100e-Millionen-Euro-Grab für die B&C Holding werden. Der dafür verant- wortliche Manager, damals noch Vorsitzen- der des B&C Holding-Vorstandes, wurde zwar sang- und klanglos von seinem Posten entfernt, allerdings hält er immer noch die Geschicke von Semperit als Aufsichtsrats- vorsitzender in Händen. Das ist mit Sicher- heit nicht vertrauensbildend, da ja Semperit selbst vor großen Akquisitionen steht. Ass im Ärmel Ein mit Sicherheit strategisch guter Schach- zug, um die aufgebrachte Investorengemein- de zu beruhigen, wäre es, endlich vom Rück- kauf eigener Aktien Gebrauch zu machen. Immerhin stehen dem Unternehmen genü- gend liquide Mittel zur Verfügung, um den Kursturbo zu zünden. Dabei würde man gleich zwei Fliegen mit einem Schlag erle- gen. Stünde der Aktienkurs und die Bewer- tung der Semperit höher, wären auch Akqui- sitionen leichter zu argumentieren. Wenn das Übernahmetarget nicht gleich günstig bewertet ist wie der Übernehmer, macht wohl eine Übernahme wenig Sinn. Fazit Auf Basis der derzeitigen Bewertung müsste der Kurs der Aktie um mindestens 40 Pro- zent steigen, um nur den Buchwert (Eigen- kapital/Aktie) zu erreichen. Abgesehen da- von hat die Erste Bank, nachdem das erste Quartal 2022 veröffentlich wurde, das Kurs- ziel mit 36,50 Euro angegeben. Aus heutiger Sicht wäre das fast eine Kursverdoppelung. Seit dem Hoch bei 40 Euro gab der Aktien- kurs wieder um mehr als 50 Prozent nach. Mittlerweile notieren die Papiere bei einem Kurs-Umsatz-Verhältnis von nur 0,45 und 30 Prozent unter dem Buchwert. KURSVERLAUF DER SEMPERIT-AKTIE 2016 2017 2018 2019 2020 2021 ´22 in EUR 40 30 20 15 10 7,50 Semperit in Zahlen ISIN AT0000785555 Kurs (29.06.2022) 19,06 € Marktkapitalisierung 392 Mio.€ Eigenkapital 560 Mio.€ Netto Cash 144 Mio.€ Nettoumlaufvermögen 113 Mio.€ Umsatz 2021 1.182 Mio.€ Umsatz 2022e 908 Mio.€ Gewinn 2021 247,5 Mio.€ Gewinn 2022e 17,7 Mio.€ KGV 2021, 2022e 2,4, 21,9 Dividende 2021, 2022e 1,50 €, 0,83 € Div.-Rendite 2021, 2022e 7,9 %, 4,4 % Die überaus erfreuliche Performance unserer Unternehmensgruppe im 1. Quartal 2022 ist vor allem auf die sehr gute Entwicklung des Sektors Industrie zurückzuführen. Karl Haider, CEO der Semperit AG Holding Juli/August 2022 – GELD-MAGAZIN . 63

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