GELD-Magazin, Juli/August 2022

60 . GELD-MAGAZIN – Juli/August 2022 AKTIEN . Österreich A n den Börsen ändern sich die Er- wartungen. Die Sorge, dass Euro- pas Wirtschaft in absehbarer Zeit in eine Rezession gleiten könnte, nimmt zu. Zeitgleich dämpft dies die Befürchtungen über eine stark weitersteigende Inflation – immerhin gab im Juni bereits der Verbrau- cherpreisindex in Deutschland von 7,9 auf 7,6 Prozent nach. Eine wirkliche Entspan- nung ist daraus noch nicht abzulesen, denn in Deutschland wirken Tankrabatt und die Neun-Euro-Tickets inflationsbremsend. In Gesamteuropa dürfte die Inflation im Juni noch leicht ansteigen. Bedenklich ist hinge- gen, dass der S&P Global Flash Deutschland für Juni sinkende Auftragseingänge – vor allem im Export – und eine rückläufige In- dustrieproduktion ausweist. Dies ist übrigens auch in Österreich bemerkbar. Zudem trübt sich die Kauflaune der Konsumenten ange- sichts der hohen Inflation ein. Dementspre- chend fielen die Geschäftsaussichten der Un- ternehmen so schwach aus, wie seit zwei Jahren nicht mehr. Positiv daran ist aber, dass auch der Anstieg der Einkaufspreise in der Industrie trotz anhaltend hohem Niveau schwächer ausfiel als in den vergangenen 16 Monaten zuvor. Die Preise für Industrieroh- stoffe (Kupfer, Aluminium, Nickel etc.) sind bereits seit Ende März rückläufig. Damit lässt sich eine weitere Abkühlung der Wirt- schaft erwarten, womit sich Anleger derzeit von zyklischen Werten fernhalten sollten. Nicht so stark betroffen von der Dämpfung ist der Dienstleistungssektor, der noch von der Öffnung nach den Corona-Lockdowns profitiert, aber unter anhaltendem Personal- mangel leidet. Alles in allem stehen der Bör- se weiterhin volatile Zeiten bevor, insbeson- dere, da von Seiten der Energieversorgung Unsicherheit besteht. Ein plötzlicher Stopp der Gaslieferungen aus Russland würde Ein­ schränkungen von energieintensiven Produk­ tionen bedeuten. Fiskalische Unterstützun­ gen dürften dann aber auf Schiene gebracht werden, um die negativen Auswirkungen auf die Unternehmen zu verringern, ebenso, wie die zuletzt von der Regierung dotierten 450 Millionen Euro für Energiekostenzuschüsse. Einige Unternehmen haben bei ihrer Ener- gieversorgung bereits in Eigenregie vorge- sorgt und sich einen mehrmonatigen Vorrat an Erdgas zugelegt – wie z.B. voestalpine oder Wienerberger. Der niederösterreichi­ sche Energieversorger EVN kaufte im Mai aus Nordafrika ein TWh Erdgas in Form von LNG und bezahlte dafür 108 Millionen Euro. Das war zwar sehr teuer, aber die EVN argu- mentiert damit, dass ihr die Liefersicherheit an ihre Kunden wichtig sei. Das Thema Gas wird uns noch über Monate beschäftigen und besonders im Herbst wieder vakant wer- den, wenn es darum geht, die Füllstände der Speicher für den Winterbedarf zu bewerten. Einige Erfolgsmeldungen Trotz aller volkswirtschaftlichen Tristesse punkten einige Unternehmen mit guten Meldungen. So erhöhte AT&S neuerlich den Ausblick trübt sich ein Während zahlreiche Unternehmen noch gute Zahlen für das 1. Quartal publizieren, lassen sinkende Auftragseingänge ein schwieriges zweites Halbjahr erwarten. Der Konjunktur droht ein deutlicher Abschwung. MARIO FRANZIN Absturz. Mit dem Schwenk der EZB, sich doch zu einem dringenden Handeln zu ent- scheiden, kippte der ATX wieder nach unten. Nun testet er das Tief bei 2.900 Punkten. Zu- letzt fiel er bei dünnem Handel knapp da- runter. Noch ist nicht ganz klar, ob wir eine Fortsetzung des Bärenmarktes sehen werden oder die Ausbildung eines Doppeltiefs als Bo- denbildung bzw. Umkehrformation. ATX-INDEX . Tief wird nochmals getestet Ausblick für das laufende Geschäftsjahr (sie- he Kasten rechts). Das Kursziel für den Halb- leiterhersteller wurde übrigens auf 80 Euro angehoben, was ein Kurspotenzial von rund 60 Prozent eröffnet. So wie AT&S von der Er- weiterung des Werkes in Chongqing und dem Neubau in Thailand langfristig profi- tiert, setzt auch Lenzing konsequent die Er- weiterung der Produktionskapazitäten um. Heuer nahm das neue Werk in Thailand die Produktion auf, jenes in Brasilien sollte noch heuer starten. Das bedeutet für heuer und im kommenden Jahr stark steigende Umsatz- und Ertragskennzahlen, woraufhin der Vor- stand ab 2023 eine jährliche Mindestdivi­ dende von 4,50 Euro je Aktie in Aussicht stellte (siehe Kasten rechts). Positiv sticht auch der Airline- und Event­ caterer Do&Co hervor, der im Geschäftsjahr 2021/22 den Umsatz auf 705,2 Millionen Euro fast verdreifachen konnte. Das EBIT drehte von minus 27,3 auf plus 42,4 Millio- nen Euro. Zudem blickt das Management mit Zuversicht auf das mit 1. April angelaufene Geschäftsjahr 2022/23. Einige Großaufträge sollten sich heuer in den Zahlen positiv nie- derschlagen. Das bedeutet voraussichtlich ei- nen Umsatz über gut einer Milliarde Euro 2022 2021 4.000 3.000 3.200 3.400 3.800 3.600 2.800

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