GELD-Magazin, Juli/August 2022

D as Auto ist nicht nur Liebkind vie- ler Österreicher, wobei man sich in nicht allzu ferner Zukunft auf erhebliche Umbrüche rund um den fahr- baren Untersatz einstellen muss: „In Europa dürfen wir bis zum Jahr 2030 sicher damit rechnen, dass wir auf der Langstrecke Funk- tionen wie den Autobahnpiloten sehen wer- den“, so Uta Klawitter, sie leitet das zentrale Rechtsservice der Audi AG. Dass wir schon bald „schlafend ins Wochenende fahren können“, glaubt die Expertin aber eher nicht: „Für Fahrzeuge, die privat genutzt werden, fehlt es in Europa noch an tech- nischen Regelwerken zur Zulassung einer Level-4-Funktion. Diese erwarten wir frühe- stens 2024. Daneben bedarf es noch der Einführung von Regelungen in dem jewei- ligen nationalen Straßenverkehrsrecht.“ Zur Erklärung: Bei Level 4 kann das Fahrzeug zum Beispiel auf der Autobahn oder im Parkhaus bereits komplett autonom fahren. In diesen Bereichen darf sich das Fahrzeug auch ohne Insassen bewegen. Ein Steuer ist aber noch an Bord, so dass man die Mög- lichkeit hat, einzugreifen. Erlaubte Alko-Fahrt In der höchsten Stufe (Level 5) fährt das Fahrzeug vollständig autonom und bei Be- darf auch ohne Insassen. „Und das in allen Verkehrssituationen. Im Auto gibt es nur noch Passagiere, es gibt kein Lenkrad mehr. Logischerweise brauchen die Passagiere dann auch keinen Führerschein mehr, und man kann auch betrunken mitfahren“, wird auf der Info-Plattform www.insideevs.de er- klärt. Zum Beispiel will Volvo mit seinen künftigen E-Autos „unsupervised driving“ ermöglichen – womit Level 4 oder Level 5 gemeint sein kann. Das Modell „Trinity“ von Volkswagen soll 2026 bei Stufe 2 plus star- ten und bis zu Level 4 kommen. Auch der umtriebige Elon Musk ist mit Tesla am auto- nomen Fahren höchst interessiert, ebenso Mega-Konzerne abseits der Automobilbran- che, vor allem Google. Es handelt sich also um keine ferne Science Fiction. In Deutsch- land, in vielen Bereichen Vorreiter im auto- nomen Fahren, wurde Stufe 4 bereits ge- setzlich antizipiert: Das bedeutet, auf be- stimmten Strecken kann der Wagen allein dahinbrausen und muss nicht mehr vom Fahrer überwacht werden. Bis es zu Level 5 kommt, wird es hingegen noch sehr lange dauern, wann es soweit sein könnte, ist selbst unter ausgewiesenen Experten um- stritten. Es ist gut möglich, dass erst künf- tige Autofahrer-Generationen in diesen Ge- nuss kommen werden. E-Autos: Gemischte Akzeptanz Aber nicht nur autonomes Fahren hält die Branche in Bewegung; Deloitte untersuchte in einer weltweiten Studie, wie Verbraucher zu den großen Themen stehen, die die Au- tomobilindustrie aktuell umtreiben. Im Fo- kus stehen dabei Elektromobilität, Mobility Services und die Präferenzen der Konsu- menten beim zukünftigen Autokauf. Einige interessante Ergebnisse: Das Interesse der Verbraucher an BEVs (Batterie-Elektrische Vehikel) ist in Südkorea, China und Deutschland am größten, während japa- nische Verbraucher deutlich HEVs (hybrid- elektrisch) bevorzugen. In den USA liegen nach wie vor die Verbrennungsmotoren in der Gunst der Konsumenten ganz vorne. Das Interesse der Verbraucher an E-Fahr- zeugen gründet weltweit vornehmlich auf der Erwartung von niedrigeren Kraftstoff- kosten, dem Bewusstsein um den Klima- MÄRKTE & FONDS . Mobilität 2.0 Alles einsteigen! Hallo, Taxi! Weitere Zwischen-Etappe im Bereich des autonomen Fahrens erreicht: Die Robotaxis der Unternehmen Waymo und Cruise dürfen in Kalifornien Geld für die Beförderung von Passagie- ren verlangen. Es muss im Normalfall zwar zur Sicherheit noch ein Fahrer am Steuer sitzen, wird aber kein Geld für die Beförderung genommen, kann man sich komplett ohne menschlichen Aufpasser zum Ziel befördern lassen. Waymo gilt als eines der vielverspre- chendsten Unternehmen für die Ent- wicklung von Technologien für autono- me Fahrzeuge. Das Unternehmen hat insgesamt 630 autonome Fahrzeuge auf den Straßen Kaliforniens, von de- nen 71 komplett ohne Fahrer dahin- brausen. Große Namen Cruse ist wiederum ein ehemaliges Start-up, das 2016 von General Motors übernommen wurde. Der Autokon- zern ist aber nicht der einzige Groß- investor, auch Microsoft hat sich an einer Finanzierungsrunde von zwei Milliarden Dollar beteiligt. Ebenso haben Honda und Softbank an einer Finanzierungsrunde teilgenommen. Es sieht so aus, als würden große Na- men auf autonome Autos abfahren. Autonomes Fahren, Bio-Treibstoff, E-Mobilität & Co. halten die Mobilitätsbranche sprichwörtlich in Bewegung. Das öffnet neue Milliardenmärkte mit Anlagechancen, Start-ups und milliardenschwere Multis mischen mit. HARALD KOLERUS Credit: Gorodenkoff/stock.adobe.com 40 . GELD-MAGAZIN – Juli/August 2022

RkJQdWJsaXNoZXIy MzgxOTU=