GELD-Magazin, Juni 2022

Juni 2022 – GELD-MAGAZIN . 9 Annexion der Krim Die nun offensichtliche weitere Annäherung der Ukraine an die EU und der Sturz von Janukowytsch waren für Kremlchef Wladi- mir Putin der Anlass für die umgehende Be- setzung und Annexion der Krim sowie die Unterstützung der Separatisten in der Ost­ ukraine. Dazu muss gesagt werden, dass auf der Krim etwa mehr als die Hälfte der Bevöl- kerung (1,1 Mio.) russischstämmig ist und in Sewastopol Russlands Schwarzmeerflotte stationiert ist. Die Krim war bereits seit 1772 ein strategisch wichtiger Zugang Russlands zum Schwarzen und Asowschen Meer. Bis 1954 gehörte sie zum Russischen Reich und wurde unter Nikita Chruschtschow inner- halb der Sowjetunion der Einfachheit halber an die Ukrainische Sozialistische Sowjetre- publik angegliedert. Sie verblieb nach der Auf­ lösung der Sowjetunion (unter Boris Jelzin) innerhalb der Ukraine, was Putin, dem Nach- folger Jelzins, immer ein Dorn im Auge war. Politische Folgen des Euromaidan Bei den Neuwahlen am 25. Mai 2014 setzte sich der Oligarch Petro Poroschenko im er- sten Wahlgang gegen Tymoschenko durch, mit dem vornehmlichen Versprechen, den Krieg in der Ostukraine zu beenden. Fünf Jahre und zigtausende Tote später waren die Umfragewerte für Poroschenko katastrophal niedrig – ihm wird auch nachgesagt, dass er die von ihm gegründete Antikorruptionsbe- hörde dafür genützt hätte, sich seiner Geg- ner zu entledigen. Der entstandene Wider- willen in der Bevölkerung führte 2019 bei den Präsidentschaftswahlen zu einem Erd- rutschsieg (73 % der Wähler) von Wolody- myr Selenskyj, einem ehemaligen Schauspie- ler, Medienprofi und politischen Quereinstei- ger. Als Publikumsmagnet kam ihm sein Be- kanntheitsgrad zugute. Unterstützt wurde Selenskyj im Wahlkampf aber maßgeblich auch von Oligarch und Medienzar Ihor Kolo- mojskyj, was Selenskyjs Wahlversprechen, gegen Korruption anzukämpfen, konterka- rierte. Dementsprechend sanken mangels politischer Erfolge auch dessen Umfragewer- te – bis zum Beginn des Krieges. Die Europäische Union und auch die USA ha- ben insbesondere seit dem Euromaidan und der Annexion der Krim durch Russland gro­ ßes Interesse daran, die Ukraine als geostra- tegischen Puffer zu Russland und als Wirt- schaftspartner in ihrer Unabhängigkeit zu unterstützen. So wurde nach dem Sturz von Juschtschenko im März 2014 das EU-Assozi- ierungsabkommen, das bereits im Dezember 2011 beim EU-Ukraine-Gipfel in Kiew para- phiert werden sollte, aber wegen der Inhaf- tierung Tymoschenkos aufgeschoben wurde, von Poroschenko nun unterzeichnet. Das war für Russlands Präsidenten Wladimir Putin ein Debakel, da das Assoziierungsabkommen zwischen der EU und der Ukraine in Konkur- renz zur Zollunion Russlands mit der Ukra- ine stand, über die damals ein Großteil der Exporte der Ukraine in die GUS-Staaten lief. Der deutsche Altkanzler Helmut Schmidt be- zeichnete damals in einem Interview im Mai 2014 die Politik der EU-Kommission als un- fähig und größenwahnsinnig. Sie mische sich in die Weltpolitik ein und provoziere da- mit die Gefahr eines Krieges. Die Bürokraten in Brüssel hätten die Ukraine vor die „schein- bare Wahl“ gestellt, sich zwischen West und Ost entscheiden zu müssen und damit den Konflikt statt des Dialoges mit Russland zu bevorzugen. In der Folge wurde das ukraini­ sche Militär von westlichen Partnern ausge- bildet und z.T. ausgerüstet. Zudem wird die Ukraine aktuell mit umfangreichen Waffen- lieferungen und nachrichtendienstlichen Die Ukraine als „mitten in Europa“ zu be- zeichnen ist gewagt. Genau genommen liegt sie geografisch gesehen weiter im Osten als Weißrussland – also östlich von Osteuropa – und wird derzeit nach ehemals russischem Vorbild von mehreren Oligarchen beherrscht. Fact zur Ukraine Fläche: 604.000 km 2 und damit das flächenmäßig größte Land auf dem europäischen Kontinent. Einwohner: 44,13 Millionen (lt. Welt- bank) BIP: 198,32 Mrd$ (lt. Statista) Währung: Hrywnja (1 Euro = 31,48 UAH) Die Grenze zu Russland ist etwa 2.000 Kilometer lang. Quelle: Twitter Ukraine War Map / @War_Mapper

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