GELD-Magazin, Juni 2022

Geschichtsstunde. Der Ukraine-Krieg hält die Welt in Atem. Weil sich die Ereignisse überschlagen, fehlt es natürlich noch an umfassenden Arbeiten, die sich mit den aktuellen Ereignis- sen in Buchform befassen. Es lohnt sich aber, einen Blick in die weiter zurückliegende Geschichte der beiden Konfliktpar- teien zu werfen, den das vorliegende Werk profund bietet. Hier wird aufgegriffen, dass sich Russen und Ukrainer seit Jahrhunderten als Geschwister-Völker bezeichnen, wobei sich die Russen in der Rolle des großen Bruders sehen. „Ungleiche Brüder“ des Historikers und Osteuropa-Spezialisten Andreas Kappeler erschien in seiner ersten Auflage 2017 und lässt un- ter anderem die Eroberung der Krim und der Gebiete im Süd- osten der Ukraine 2014 Revue passieren. Das Buch trägt aber auch zum besseren Verständnis des aktuellen Kriegs bei, weil es eben historische Hintergründe der wechselhaften Bezie- hungen zwischen der Ukraine und Russland beleuchtet. Das beginnt bei der Kiewer Rus im Mittelalter und reicht bis zur Eingliederung des ukrainischen Territoriums in die Sowjetuni- on und zur Unabhängigkeit des Landes im Zuge des Zerfalls des kommunistischen Imperiums. Kappeler schreibt hierzu: „Seit dem 18. Jahrhundert zeigte sich im Verhältnis dieser eng miteinander verbundenen Völker (Russen und Ukrainer) zu- nehmend eine Asymmetrie. Sie gipfelte darin, dass Russland im 19. Jahrhundert die Kleinrussen, wie die Ukrainer damals offiziell hießen, nicht als eigenständige Nation mit einer von Russland getrennten Geschichte anerkannte. Diese Sicht hat sich in Russland bis heute erhalten und ist auch im Westen verbreitet.“ Und es ist wohl auch dieser Blickwinkel, der Putin zum Überfall der Ukraine veranlasste. Mit dem Effekt, dass sich spätestens jetzt die Ukraine als Nation verfestigt. Ungleiche Brüder Andreas Kappeler. Verlag: C.H.Beck. 267 Seiten. ISBN: 978-3-406-79006-5 BUCHTIPPS . Neuerscheinungen & Pflichtlektüre Credits: beigestellt Firmen-Sinfonie. Eines wurde schon oft empirisch erwiesen und ist auch logisch leicht nachvollziehbar: Familien- bzw. In- habergeführte Unternehmen sind besonders erfolgreich, eben weil die Firma ans Herz gewachsen ist, möglicherweise müh- sam aufgebaut wurde und es daher um viel mehr als „nur das schnelle Geld“ geht. Allerdings steht das Family-Business auch vor zumindest potenziellen Schwierigkeiten: die Besetzung von Top-Führungspositionen. Da diese selten allein aus der Familie heraus gestellt werden können, sind die Unternehmen auf Spitzenkräfte von außen angewiesen. Die Suche nach ex- ternem Führungspersonal ist allerdings kein leichtes Unter- fangen. Damit Unternehmerfamilien in dieser komplexen Ge- mengelage zielsicher Kandidatinnen und Kandidaten finden und auswählen können, haben das Autorenduo Marc Koniecz- ny und Marc Viebahn das sogenannte Sinfonie-Konzept entwi- ckelt. Das liest sich so: „Bei einer gelungenen Sinfonie ver- schmelzen sehr unterschiedliche Instrumente und ihre Musi- ker zu einem Orchester. Das Orchester ist dann weit mehr als die Summe der Musiker.“ Das klingt zunächst etwas blumig, wird aber schnell konkreter. Denn anhand von sieben Erfolgs- faktoren sollen genau die passende/n Führungskraft/Füh- rungskräfte ermittelt werden, der Inhaber das eigene Lebens- werk anvertrauen können. Hier sei neben dem Sinfonie-Sym- bol eine weitere Metapher erlaubt: Die Chemie muss stimmen. Um insgesamt verlässliche Entscheidungen fällen können, sind nicht nur harte Fakten wichtig, sondern auch das Verste- hen der zwischenmenschlichen Chemie. So kann durch die richtige Führungskräfte-Auswahl aus „Fremdmanagement“ das werden, was einem Familienmitglied am nächsten kommt: „Wahlmanagement“. Wahlmanagement gewinnt Konieczny/Viebahn. Verlag: Campus. 264 Seiten. ISBN: 978-3-593-51552-6 74 . GELD-MAGAZIN – Juni 2022

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