GELD-Magazin, Juni 2022
Credit: Archiv 66 . GELD-MAGAZIN – Juni 2022 rungen sind bereits teurer geworden – zu- mindest fix verzinste Kredite. Hier sind die Refinanzierungskosten in den vergangenen Wochen seit Ausbruch des Ukraine-Krieges deutlich gestiegen. Ein Kredit mit Fixverzin- sung für bspw. 15 Jahre kostet bereits dop- pelt so viel, und die Swap-Sätze steigen der- zeit wöchentlich weiter an. Alles, was zu ei- ner Verteuerung führt, spürt zum Schluss der Käufer einer Wohnung bzw. der Immo- bilieninvestor“, und er ergänzt: „Letztend- lich könnte diese Entwicklung zu einem Rückgang an Einkäufen von Projektliegen- schaften durch Bauträger führen, was zu ei- ner Senkung bzw. ,Normalisierung‘ der An- kaufspreise führen könnte. Konsumenten könnten davon profitieren, wenngleich die höheren Baukosten damit nur zum Teil kom- pensierbar wären.“ Neue Nachfragetrends Je länger jüngste Baupreistrends anhalten, desto stärker beeinflussen dann diese die Nachfrage größerer potenzieller Wohnungs- käuferschichten. Die nachfolgenden Ent- wicklungen könnten eine adäquate Reaktion der Interessenten sein: Trend 1: Minimalismus -Weniger ist mehr Während wohlhabende Immobilienkäufer der Erbengeneration trotz explodierender Baukosten anhaltend in Immobilien inve- stieren, muss sich eine größere Gruppe po- tenzieller Immobilienkäufer immer mehr mit der Reduzierung von Ausgaben ausein- andersetzen. Das Ganze beginnt schon mit einem minimalistischen Lifestyle ohne Auto und somit teurer Stellplätze und wenn mög- lich ohne Stauraum im Keller. Das Leben im Single-Haushalt erstreckt sich in Räumlich- keiten mit klaren rechteckigen Strukturen auf 25 bis 30 Quadratmeter. Selbst in teuren Städten wie Wien oder Innsbruck könnte sich so etwas im Neubau in der Preiskatego- rie zwischen 180.000 und 270.000 Euro rea- lisieren lassen. Überproportionale Preis- und Mietsteigerungen bei kleinen Wohnein- heiten bis maximal zwei Zimmer und guter Infrastruktur in der näheren Umgebung wä- ren unter diesen Aspekten laut Meinung des Autors (Kordovsky) auch noch in den kom- menden Jahren möglich. Trend 2: Leben am Land Mittlerweile verlagert sich der Boom immer mehr in die Peripherie. Wer die Möglichkeit hat, vom Homeoffice aus zu arbeiten, ent- deckt immer mehr die Vorzüge ländlicher Gegenden. Dabei gibt es zwei Möglichkei ten: Entweder man erwirbt einen günstigen Baugrund um ca. 50.000 bis 70.000 Euro und lässt darauf ein einfaches schlüsselfer- tiges Fertigteilhaus darauf errichten, was insgesamt zwischen 320.000 und 350.000 Euro kostet oder man erwirbt teils repara- turbedürftige Häuser unter 150.000 Euro. Der Nachteil liegt im zukünftigen Sanie- rungsbedarf und einem latenten Risiko, dass eines Tages thermische Sanierungen vom Staat vorgeschrieben werden könnten. Trend 3: Leben in Miete Wer in der Großstadt bleiben möchte oder aus Jobgründen muss, hat oft keine andere Wahl, als zu mieten, wobei der leistbare Wohnraum zunehmend kleiner wird. Der Vorteil des strengen österreichischen Mieter- schutzes steht dabei dem Nachteil poten- zieller Mietpreissprünge im Falle eines erfor- derlichen Umzugs gegenüber. Weil aber be- reits mit den strengeren Wohnkreditverga- berichtlinien zunehmend mehr Marktteil- nehmer mieten müssen, könnte die stärkere Mietnachfrage die Mietpreise am freien Markt nach oben treiben. Dann könnte aber wieder der Staat regulierend zugunsten der Mieter (große Wählergruppe) einschreiten. Neue Mietzinsobergrenzen, vor allem bei äl- teren Gebäuden, sind – nach der nächsten Nationalratswahl – ein denkbares Zukunfts- szenario. IMMOBILIEN . Steigende Baukosten „Alles, was zu einer Verteuerung führt, spürt zum Schluss der Käufer einer Wohnung bzw. der Immobilieninvestor.“ Stefan Koller, Geschäftsführer der PERICON GmbH Auswirkungen auf Bauherrenmodelle „Bauherrenmodelle sind nach wie vor umsetzbar, wenngleich auch hier der vom Bauherrn zu erbringende sog. ‚Nettoeinsatz‘ parallel zu den Markt- preisen in den vergangenen Jahren stetig gestiegen ist. Lag man in den 2000er Jahren bei einem Bauherren- modell unter Berücksichtigung der begünstigten Abschreibungen und Zuhilfenahme von Fördermitteln noch bei einem Nettoeinsatz zwischen 1.000 bis 1.500 Euro pro m², muss man heute je nach Lage bereits mit dem Dop- pelten rechnen“, so Rudolf Leitner. Und Stefan Koller ergänzt: „Eine Anpassung der Wohnbau- und Sanierungsförde- rungen an die mittlerweile weit höheren Baukosten wäre mehr als hilfreich. Dennoch stellen Bauherren- modelle und damit generell die Investition in Wohnimmobilien nach wie vor eine werthaltige und auch nachge- fragte Art der Kapitalanlage und Altersvorsorge dar. Wohnen ist und bleibt ein Grundbedürfnis, sowohl in guten als auch in schlechten Zeiten, weshalb die Nachfrage immer gegeben sein wird. Wichtig sind dabei auch weiterhin die Auswahl der Lage, die Bauqualität und letztlich das Investmentmodell hinsichtlich einer optimalen steuerlichen und fördertech- nischen Gestaltung.“
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