GELD-Magazin, Mai 2022
36 . GELD-MAGAZIN – Mai 2022 tigt ständig eine Vielzahl von Proteinen. Diese werden konsequent recycelt, sobald sie das Ende ihres Zyklus erreicht haben. Bei diesem Prozess werden Proteine mit einem Marker namens Ubiquitin markiert und dann in einer Art Abfallbehälter, dem Proteasom, abgebaut und vernichtet. Eine neue Therapie verwendet den Ubiquitin- Proteasom-Prozess, um Proteine zu entfer- nen, die für die einwandfreie Funktion von Krebszellen unerlässlich sind. Datenflut bei neuen Medikamenten „Die Biotechbranche ist das größte Innovati- onslabor in der Medikamentenentwicklung: mehr als die Hälfte aller jährlich neu zugel- assenen Arzneien kommt aus den Labors von Biotechfirmen“, erklärt Daniel Koller, Head Investment Team BB Biotech bei Bellevue As- set Management. „Zudem sind die Kassen großer Biopharma-Firmen insgesamt prall gefüllt. Das ist eine wichtige Voraussetzung für zukünftige M&A-Aktivitäten. Die größten Chancen sehen wir in der Onkologie, den seltenen genetisch bedingten Erkrankungen und bei Nerven-Erkrankungen. Ein Beispiel dafür ist CTX-001 von Crispr Therapeutics und Vertex. Im Herbst 2022 sollen Daten für Patienten mit Beta-Thalassämie und Sichel- zellenanämie (Hämoglobinmangel) vorlie- gen und bis Jahresende sollen Zulassungsan- träge folgen. Der Marktstart ist für 2023 gep- lant. Weiters erwarten wir uns klinische Er- folge vor allem mit Zelltherapien und Im- muntherapien, bei denen das körpereigene Immunsystem dazu stimuliert wird, Tumor- zellen anzugreifen und auszuschalten“, so Koller. Als gentechnische Therapien haben sich die Antisense-, und small interfering RNA (siRNA) etabliert. „Beiden Technolo- gien gemein ist, dass sie einzelne Schritte in der Übersetzung von genetischen Informati- onen unterbinden. Auf diese Weise lässt sich die Expression bestimmter krankheitsauslö- sender Gene abschalten oder herunterfah- ren“, schließt Koller. MÄRKTE & FONDS . Biotechnologiefonds Was spricht fundamental für Biotech? Gesundheit ist ein Megatrend. Kaum eine Branche bietet langfristig orientierten Anlegern bessere Wachstumsperspektiven als der Biotechnologie-Sek- tor, der sich gegenwärtig in einem neuen Innovati- onszyklus befindet. In den letzten fünf Jahren wur- den in den USA 330 neue Therapien zugelassen. Dieser Trend dürfte sich weiter fortsetzen, da sich das Innovationstempo beschleunigt. So nahm die Anzahl der sich in der klinischen Prüfung befind- lichen Entwicklungsprojekte von knapp 4.000 im Jahr 2015 auf über 5.500 im Jahr 2021 zu. Experten zufolge soll der globale Biotechnologie-Markt zwi- schen 2021 und 2030 von 540 Milliarden auf über eine Billion Dollar anwachsen. Welches sind die wichtigsten Trends im Biotech- Sektor? Im Investoren-Fokus liegen derzeit drei Wachstums- bereiche: die Präzisionsmedizin, die RNA-Technolo- gie sowie Genome-Editing. Die Präzisionsmedizin ermöglicht eine maßgeschneiderte Behandlung, die zielgerichtet in das Krankheitsgeschehen eingreift. Das klassische Anwendungsfeld ist die Onkologie. Ein zweites bedeutendes Wachstumsfeld ist die RNA-Technologie. Das bekannteste Beispiel sind die mRNA-Impfstoffe zur Bekämpfung der Covid-19- Pandemie. mRNAs sind aber bloß nur ein Teilgebiet der RNA-Technologie. Beispielsweise befinden sich bereits RNA-Therapeutika am Markt, mit deren Hilfe die Produktion krankheitsverursachender Moleküle stillgelegt werden kann. Wie sehen Sie die Gentherapie? Das Genome-Editing sieht vielversprechend aus. Hierbei werden molekulare Scheren (auch Gensche- ren genannt) genutzt, um das menschliche Genom zu verändern und lebensbedrohliche Erkrankungen potenziell zu heilen. Dabei wird direkt auf der DNA- bzw. RNA-Ebene operiert. Das Biotech-Unterneh- men Intellia Pharmaceuticals publizierte erste posi- tive klinische Proof-of-Concept-Daten bei der Stoff- wechselstörung Amyloidose, bei der es zu toxischen Ablagerungen im Körper kommt. Das krankheitsver- ursachende Protein konnte mittels Genschere um ca. 90 Prozent reduziert werden. Mario Linimeier, Fondsmanager des Medical BioHealth . INTERVIEW „Trotz des Wachstums potenzials weist der Biotech-Sektor einen Bewertungsabschlag von über 30 Prozent gegenüber dem S&P 500 auf.“
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