GELD-Magazin, April 2022
Die Preise für Wohnimmobilien liegen rund 30 Prozent über dem fundamental gerechtfertigten Niveau. Weitere Preisanstiege in Deutsch- land und Österreich? „Perspektivisch rechnen wir mit weiteren Preisanstiegen, wenngleich sich diese Dyna- mik abschwächen dürfte. Einerseits ist die Nachfrage nach Wohnraum unelastisch und dürfte, insbesondere in wirtschaftsstarken Ballungsräumen und Regionalstädten, auch künftig weiterwachsen. Gleichzeitig bleibt das Fertigstellungsvolumen hinter der Nach frage zurück. Leerstände sind häufig ge- ring“, so Martin Lippmann, Immobilien-Re- search (DACH und CEE), bei der DWS. An- haltende institutionelle Nachfrage und stei- gende Baukosten sind weitere Faktoren. „Auf regionaler Ebene sind Standorte mit echtem Aufholpotenzial aufgrund des lan- desweiten Preisauftriebs schwer zu finden. Allerdings bieten Regionalstädte häufig so- lide Fundamentaldaten, die mit der Ent- wicklung in Ballungsräumen mithalten kön- nen. Aufgrund dieser Wachstumspotenzi- ale, verbunden mit moderateren Einstiegs- preisen und steigender Investitionsneigung, ergeben sich dort durchaus Investitions chancen“, so Martin Lippmann. Zunehmende Risiken Immobilien konkurrieren als Renditeob- jekte mit Anleihen um die Gunst der Anle- ger. Sollten die Notenbanken zur Inflations- bekämpfung radikalere Zinserhöhungen durchführen und die Anleihenrenditen stär- ker steigen, kann das durchaus die Immobi- lienpreise unter Druck setzen. Lippmann re- lativiert: „Diese mögliche Entwicklung se- hen wir grundsätzlich auch, allerdings er- warten wir in den kommenden Jahren ein anhaltend starkes Mietwachstum, insbeson- dere im Neubausegment, was mögliche Preis rückgänge durch Renditeanstiege unserer Einschätzung nach überkompensiert. Erst wenn steigende Fertigstellungsvolumen den Nachfragedruck signifikant mindern und Leerstandsniveaus in Richtung fünf Prozent klettern, dürfte sich dies deutlicher in der Preisbildung niederschlagen.“ Ein unter Risi- koprämien-Aspekten kritischer Punkt ist: Wenn Bundesanleihenrenditen auf ein Ni- veau um die zwei Prozent steigen, dürften auch die Anfangsrenditen im Wohnungs- markt anziehen, da sie bei Premiumobjek ten bereits unter zwei Prozent liegen. Laut Meinung des Autors (Kordovsky) könnte noch ein möglicher Rückzug rus- sischer Oligarchen und wohlhabender Im- mobilienbesitzer aus Schwellenländern das Luxus-Segment unter Druck setzen. Weitere Risiken drohen von staatlicher Seite: Leer- standsabgaben in größeren Städten und Vermögenssteuern für „Reiche“ stellen ein zukünftiges Risikopotenzial dar. Behörden reagieren – Immokredite in Österreich bald schwerer zugänglich Während in Deutschland Banken mit höheren Kapitalpuffern konfron- tiert sind, empfiehlt hierzulande das FMSG der FMA, eine maxima- le Beleihungsquote in Höhe von 90 Prozent, eine Schuldendienstquo- te in Höhe von 40 Prozent und eine Laufzeitbeschränkung in Höhe von 35 Jahren zu verordnen. Ein Ausnah- mekontingent in Höhe von insgesamt 20 Prozent soll den Kreditinstituten ausreichend Flexibilität gewährlei- sten. Darüber hinaus ergänzt das FMSG die bestehende Leitlinie zur nachhaltigen Immobilienkreditver- gabe an private Haushalte um eine Begrenzung der Schuldendienstquo- te in Höhe von 30 Prozent für Kre- dite mit einer Laufzeit von über fünf Jahren, wenn die Zinsbindung kürzer als die Hälfte der Laufzeit des Kredits ist. Eine konkrete Verordnung winkt, Medienberichten zufolge ab Juli. „Insbesondere im Neubausegment erwarten wir in den kommenden Jahren ein anhaltend starkes Mietwachstum, was mögliche Preisrück gänge durch Rendite anstiege nach unserer Einschätzung über- kompensiert.“ Martin Lippmann, Immobilien- Research (DACH und CEE), DWS April 2022 – GELD-MAGAZIN . 61
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