GELD-Magazin, April 2022
ZUR PERSON Dr. Manfred Schlumberger ist seit 2019 Vorstand und Leiter des Portfoliomanagements bei StarCapital. 2017 bis 2018 war er Vorstand und Co-Leiter Portfoliomanagement des Unternehmens. Zuvor war er in mehreren namhaften Finanzinstitutionen tätig, so als Chief Investment Officer bei der Berenberg Bank, 2001 bis 2016 als Sprecher der Geschäftsführung bei BHF TRUST und 1994 bis 2001 als Generalbevollmächtigter bei der Frankfurter Volksbank. Schlumberger absolvierte erfolgreich das Studium der Wirtschaftswissenschaften mit Abschluss als Diplom-Ökonom, Pro- motion zum Dr. rer. pol. einer Liquiditätsverknappung einhergehen. Aber auch bei diesem Thema wird sehr vor- sichtig vorgegangen, um mögliche Schocks zu vermeiden. Quantitative Tightening würde frühestens erst Mitte des heurigen Jahres einsetzen und auch dann wiederum nur in kleinen Schritten. Und wie agiert jetzt die EZB in diesem schwierigen Umfeld? Noch vorsichtiger. Sie wird weniger und ir- gendwann gar keine Anleihen mehr kaufen. Das erfolgt in homöopathischen Dosen, ebenso wie eventuelle Zinsschritte. Viel- leicht könnte heuer eine Erhöhung von einem Viertelprozentpunkt erfolgen - aber selbst das halte ich für unwahrscheinlich. Die Bilanz tatsächlich abzubauen, wäre für die EZB zu riskant, sie hat ja mehrere Auf- gaben zu erfüllen, etwa die Stabilität der Euro-Zone sicherzustellen. Wechseln wir jetzt zur Anlagestrategie: Wie sollten sich Anleger in diesen turbu- lenten Zeiten wappnen? Flexibilität und ein gewisser Cash-Bestand sind anzuraten, um auf mögliche günstige Kaufgelegenheiten reagieren zu können. An Aktien führt in der gegenwärtigen Situa- tion kaum ein Weg vorbei, Rohstoffe zur Di- versifizierung des Portfolios können dabei nicht schaden. Prinzipiell rücken profitable Value-Werte weiter in den Vordergrund, ich denke aufgrund der hohen Preise vor allem an Aktien aus dem Grundstoff-, Versorger- und Energiesektor. Das gilt natürlich nur, wenn sie nicht direkt von russischen Liefe- rungen abhängig sind. Aber denken sich das nicht alle Inve- storen, was zu einer Überbewertung der Energie-Titel führen könnte? Kurzfristige Übertreibungen und anschlie- ßende Korrekturen sind nicht ausgeschlos- sen. Tatsächlich sind solche Aktien aber günstig bewertet, sie weisen fast alle ein einstelliges KGV auf. Aus meiner Sicht bie- ten Energie- und Rohstoffaktien auf Sicht von zwölf Monaten das größte Potenzial. Weniger optimistisch sind Sie für Tech- nologie- und Wachstumswerte, warum? Konzerne wie Amazon, Apple oder Alpha- bet verdienen sehr viel Geld, sie haben mit steigenden Zinsen wenig Probleme. Bei un- profitablen hochverschuldeten Unterneh- men, häufig aus dem Technologiesektor, schlagen sich höhere Zinsen aber unmittel- bar auf der Kostenseite nieder. Deshalb bin ich bei solchen Titeln vorsichtig, sie haben noch schwierige Zeiten mit einer tenden- ziellen Underperformance in den kommen- den sechs bis neun Monaten vor sich. Ende des Jahres könnte die Bewertung dann wie- der besser aussehen. Zu Vorsicht raten sie auch bei Kryptos ... Hier lautet das große Problem: Wie soll man sie bewerten? Denn ihr innerer Wert beträgt null. Das ist zwar auch bei Papier- geld der Fall, hier bürgen aber Zentralban- ken bzw. Staaten für den Wert. Das ist bei Bitcoin und Co. nicht so, deshalb haben Kryptos in unseren Portfolios keinen Platz. www.starcapital.de April 2022 – GELD-MAGAZIN . 27
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