GELD-Magazin, März 2022

Geschäftsführer der Koban Südvers und Vorsitzender des Rechtsausschusses der Versicherungsmakler. Ob der zusätzlichen Bürokratie auch ein dementsprechender Kundenvorteil gegenübersteht, ist für den Maklerexperten noch nicht geklärt, da die Praxistauglichkeit der Maßnahmen noch überprüft werden muss. „Die Maßstäbe in der Betreuung der Versicherungskunden waren schon bisher von den strengen Anfor- derungen des Maklergesetzes geprägt“, so Koban. Auch die Konsumentenschützer mo- nierten in der EIOPA-Studie, dass der oft ge- rügte Wünsche-und-Bedürfnis-Test manch- mal zu formalistisch oder gar nicht existent ist und die Kunden manchmal dazu ge- bracht werden, ein Kästchen anzukreuzen, somit die formalistischen Anforderungen erfüllt werden, was vor allem für den On- line-Verkauf gilt. Dabei sind sich alle Grup- pierungen einig, dass hier vor allem im On- line-Bereich vieles nicht ideal läuft. Auch Peter Humer, Vorstand für Kunde & Markt Österreich der UNIQA, gibt zu, dass die ver- pflichtende Bedarfsprüfung online schwie- riger umzusetzen ist als im persönlichen Ge- spräch. Humer plädiert daher auch für Ver- besserungen insbesondere beim Online-Ver- kauf von Versicherungsprodukten, um den Kaufprozess für Kunden einfacher zu gestal- ten. Rechtsexperten raten gerade bei kom- plexeren Produkten, aus Haftungsgründen nicht vollständig auf ein automatisiertes Verfahren zu vertrauen, sondern Telefon oder Live-Chat-Funktion verpflichtend vor- zuschreiben. „Dadurch kann das Versiche- rungsunternehmen zumindest nochmals nachfragen bzw. prüfen, ob der Versiche- rungsnehmer die Fragen bzw. das Produkt verstanden hat“, schreibt der Rechtsanwalt Martin Pichler in einem Aufsatz über die Ausgestaltung der IDD. Versicherungen positiv eingestellt Die Versicherungen sehen jedenfalls nicht alles so schwarz was die IDD betrifft. Peter Humer streicht heraus, dass die einheit- lichen Qualitätsstandards in der Beratung durch das verpflichtende Beratungsproto- koll gewährleistet sind und sich positiv auf die Kundenzufriedenheit auswirken. Sonja Steßl, Vorstandsdirektorin der Wiener Städ- tischen, wiederum begrüßt, dass die IDD der Digitalisierung, insbesondere bei den Ansprachekonzepten für Kunden, zusätz- lichen Schwung verliehen hat, muss jedoch auch zugeben, dass sich der Betriebsauf- wand signifikant durch die IDD erhöhte. „Die IDD beschäftigt zahlreiche Unterneh- mensbereiche wie Recht, Vertrieb, Marke- ting und IT, die etwa die Produktentwick- lungsprozesse neu aufgesetzt haben“, so Steßl. Was für die Versicherungen – in Be- zug auf den erhöhten administrativen Auf- wand – gilt, gilt für die Makler in noch stär- kerem Ausmaß. „Man hat mit der IDD das Kind mit dem Bade ausgeschüttet und drängt damit den durchschnittlichen Mak- ler mittelfristig aus dem Markt“, so Schäfer, weil dieser organisatorisch und wirtschaft- lich kaum in der Lage sein kann, alle diese bürokratischen Auflagen und Hindernisse zu erfüllen. Die EIOPA-Studie zeigt auch ei- nen Rückgang der Maklerschaft seit 2016 auf, bezeichnet diesen jedoch als „Konsoli- dierung des Marktes“. „Die verpflichtende Bedarfsprüfung ist online schwieriger umzusetzen als im persönlichen Gespräch.“ Peter Humer, Mitglied des Vorstands, Kunde & Markt Österreich der UNIQA Group IDD Die Versicherungsvertriebs-Richtli- nie trat mit 28.1.2019 in Österreich in Kraft. Einige wesentliche Eck- punkte der Richtlinie sind folgende: Versicherungsanlageprodukte: Ausgehend vom Regime der Finanz- dienstleistungen (MIFID) wird ein höheres Schutzbedürfnis des Kunden für Versicherungsanlageprodukte eingeführt, das sich in verschärften Bedingungen für den Informations- und Beratungsprozess niederschlägt. Informations-, Beratungs- und Dokumentationspflichten: Es wird vom Grundsatz der Be- ratungspflicht für alle Absatzka- näle ausgegangen, bestimmte Ausnahmen sind möglich (zum Beispiel für Einfachagenten). Weiterbildung: Die vermittelnden Zielgruppen haben sich im Grundsatz ab dem 1.1.2019 mit mindestens 7,5 bzw. 15 Nettostunden pro Jahr weiterzubil- den, um die Aktualität und Qualität der Beratung fortlaufend sicher- zustellen. Die zuständigen Fach- organisationen in der Wirtschafts- kammer haben die Kompetenz zur Erlassung von Verordnungen zu Lehrplänen für die Weiterbildung. Veröffentlichung von Sankti- onen gegenüber Vermittlern: Das Bundesministerium für Digi- talisierung hat auf seiner Website verwaltungsrechtliche Sanktionen oder Maßnahmen oder Sanktionen von Vermittlern bei Verstößen ge- gen die Gewerbeordnung bzw. die Standesregeln - unter Beachtung des Datenschutzrechts, der Verhält- nismäßigkeit - zu veröffentlichen. März 2022 – GELD-MAGAZIN . 73

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