GELD-Magazin, März 2022
Credit: beigestellt/Archiv 20 . GELD-MAGAZIN – März 2022 Institut nach möglichen Auswirkungen des „Klimakampfes“ gefragt: „Die Verteilungs- problematik stellt sich bei der Eindämmung der Klimakrise tatsächlich in vielfältiger Weise. Die CO 2 -Bepreisung ist dabei nur ein Aspekt. Wir müssen unser gesamtes Wirt- schaftssystem von fossilen Energieträgern befreien.“ Konflikte rund um Jobs Das wird laut Tölgyes auch zu Verwer- fungen am Arbeitsmarkt führen: „In vielen Sektoren werden Jobs verloren gehen, in anderen Sektoren werden neue entstehen. Auch unser Konsumverhalten wird sich än- dern müssen. All diese Vorgänge beinhalten verteilungspolitisches Konfliktpotenzial.“ Ob dieses Potenzial schlussendlich tatsäch- lich in Konflikte mündet, hängt laut dem Ökonomen davon ab, welche staatlichen Maßnahmen gesetzt werden: „Im Bereich des Arbeitsmarktes wird es etwa darauf an- kommen, Umschulungsmaßnahmen anzu- bieten und aktive Arbeitsmarktpolitik, etwa in Form von Jobgarantien in klimafreund- lichen Wirtschaftssektoren, zu betreiben. Beim Konsum sollte vor allem der Luxus- konsum – wie Vielfliegerei – stärker besteu- ert werden.“ Dazu eine Berechnung von Momentum: Ein Mensch, der zum obersten Prozent der Einkommensverteilung zählt, verursacht pro Jahr 15-mal so viele Emissi- onen (rund 150 Tonnen CO 2 -Äquivalente pro Jahr), wie ein Mensch mit mittlerem Einkommen (rund 10 Tonnen CO 2 -Äquiva- lente pro Jahr). Tölgyes weiter: „Auch auf die Unterstützung für Haushalte mit nied- rigem Einkommen wird es ankommen. Im Bereich der Energie bedarf es etwa gezielter Förderungen für Haushalte, die sich keinen Heizungstausch leisten können. Insbeson- dere bei Mietern, die in Mehrparteienhäu- sern leben, fehlt hier noch eine Lösung. Denn die sind nicht für den Heizungstausch verantwortlich, zahlen aber die höheren En- ergiepreise. Gerade für Haushalte mit nied- rigem Einkommen und hohen Energieko- sten wäre es zudem wichtig, Sozialleistun- gen armutsfest zu machen und Inflationsan- passungen vorzunehmen.“ Populistische Gegenbewegungen Fassen wir zusammen: Niedrigere Einkom- mensschichten werden von der Energiewen- de besonders stark betroffen sein. Was meint nun Bank Austria-Ökonom Bruckbau- er zu den bisher vorgesehenen Kompensati- onsplänen der Regierung? „Auf dem derzei- tigen Niveau der CO 2 -Bepreisung dürften die Maßnahmen ausreichen, will man je- doch mit der Bepreisung tatsächlich die Kli- maziele erreichen, werden mehr als 30 Euro pro Tonne notwendig sein. Dann wäre eine lineare Entlastung aller Haushalte wahr- scheinlich kaum finanzierbar, man muss dann zielgerichteter agieren. Gelingt es je- doch mittels massiver Investitionen, ausrei- chend grüne Energie zu erzeugen, könnten Ausgleichszahlungen geringer ausfallen, al- lerdings wird auch dies dem Staat Geld ko- sten. So wie die Globalisierung ist auch die Energiewende grundsätzlich gut, will man aber breite Akzeptanz, so muss man die am stärksten negativ betroffenen Gruppen wohl unterstützen, sonst wird es populistische Gegenbewegungen geben, wie wir es in den letzten zehn Jahren erlebt haben.“ Das kann natürlich nicht im Sinne einer stabilen De- mokratie sein, wobei natürlich definiert werden muss, wer wieviel im Rahmen mög- licher Kompensationen erhält. Für Diskussi- onsstoff ist reichlich gesorgt. Stark gestiegen: Preise für CO 2 -Zertifikate und Erdgas Die Energiekosten sind bekanntlich im Zuge der Corona-Pandemie extrem angestiegen, hier ver- deutlicht am Beispiel Erdgas. Auch die Preise der CO 2 -Zertifikate im EU-Emissionshandelssystem haben deutlich angezogen. Der Konsument ächzt jetzt schon unter der Belastung. Quellen: EEX, European Energy Exchange, Refinitiv, UniCredit WIRTSCHAFT . Nachhaltigkeit und Gesellschaft „Will man eine breite Akzeptanz der Energiewende, so muss man die am stärksten negativ betroffenen Gruppen wohl unterstützen.“ Stefan Bruckbauer, Chefökonom der UniCredit Bank Austria in Euro pro Tonne und Euro pro Megawattstunde, Monatsdurchschnitt 10 20 30 40 50 60 0 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 Erdgas CO 2 -Zertifikate
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