GELD-Magazin, März 2022

„Ökonomische Atombombe“ Der Ausschluss aus SWIFT wird martia- lisch gerne auch schon mal als „Mutter aller Sanktionen“ oder „ökonomische Nuklearwaffe“ bezeichnet. Ironie der Geschichte ist, dass ein „SWIFT-Raus- wurf“ gerade den Iran im Rahmen des Atomprogramms des Landes traf. Bekanntlich wollen vor allem die USA dem Mullah-Regime nicht abnehmen, dass die AKWS nur der friedlichen Nut- zung dienen ... Politische Ränke Deshalb wurde der Iran vorüberge- hend von SWIFT ausgeschlossen, auch auf Gutheißen Europas. Nach erfolg- reichen internationalen „Atomgipfel- treffen“ in Wien sind die Sanktionen wieder aufgehoben worden. Was dann folgte, ist ein ausgesprochenes Politi- kum: In den turbulenten Trump-Jahren kippten die USA einseitig das Nuklear- abkommen und sprachen sich für ei- nen neuerlichen „SWIFT-Exit“ des Iran aus. Hier spielte wiederum die EU nicht mit, weshalb die Bemühungen der Vereinigten Staaten im Sand ver- liefen. Unter dem neuen Präsidenten Biden sind jetzt wieder Verhandlungen angesagt. SWIFT als ultimatives Druck- mittel schwebt dabei im Hintergrund. rückgreifen muss.“ Möglich ist die Umge- hung eines SWIFT-Ausschlusses durch Part- nerinstitute eines betroffenen Landes, die eine Niederlassung innerhalb der EU haben, über diese könnte dann der Zahlungsver- kehr erfolgen. Allerdings könnte auch hier ein Riegel vorgeschoben werden, weil SWIFT eben auch über die Möglichkeit ver- fügt, einzelne Institute auszuschließen. Man sieht also: SWIFT ist ein durchaus mächtiges Instrument, über das politischer Druck ausgeübt werden kann. Allerdings gibt es auch Fallstricke. Denn aus der Netzwerkökonomie ist hinreichend be- kannt (und ohnedies logisch), dass nicht nur das sanktionierte Land wirtschaftlich leidet, sondern auch dessen Ex- und Import- partner. Generell werden die Handelsbezie- hungen und deren Volumina durch einen „SWIFT-Bann“ geschwächt. Somit ist SWIFT als politische Waffe ein scharfes aber zu- gleich zweischneidiges Schwert, dessen Ein- satz sehr genau überdacht werden muss. Russland schlägt zurück Dennoch ist es für Staaten, die mit dem We- sten nicht immer in (euphemistisch ausge- drückt) absolut harmonischen Beziehungen stehen, unangenehm, dass ein solches Da- moklesschwert im Raum schwebt. Deshalb hat Russland bereits fleißig an einem Alter- nativsystem zu SWIFT gearbeitet: Dem „System for Transfer of Financial Messages“ (SPFS), das 2014 und 2015 entwickelt wur- de – also nicht ohne Zufall, als der Ukraine- Konflikt das erste Mal heiß lief. Dieses Sys- tem umfasst etwa 400 Banken – allerdings fast nur russische Institute –, deren Reich- weite bisher kaum über die russischen Grenzen hinausgeht. Wie eine richtige Kon- kurrenz zu SWIFT sieht das also nicht aus. Chinas Alternative Da hat das Reich der Mitte schon erheblich größeres Potenzial aufzuweisen, immerhin handelt es sich um die zweitgrößte Volks- wirtschaft der Welt. Und so finden sich im „China International Payments System“ be- reits rund 100 Partnerländer und circa 1000 teilnehmende Institute (siehe unten). Ten- denz wahrscheinlich weiter aufsteigend. Aber gleichgültig, wie der Wettbewerb der internationalen Transfersysteme weiter- geht, bleibt festzuhalten: Es muss wohl überlegt sein, bevor SWIFT oder seine Epi- gonen als Waffe eingesetzt werden. Das letzte, was unserer Welt jetzt noch fehlte, ist ein „heißer“ ökonomischer Krieg. Stein des Anstoßes: Atomkraftanlagen im Iran führten zum SWIFT-Ausschluss. Chinas eigener Weg Das Reich der Mitte startete sein „China International Payment System“ (CIPS) bereits im Jahr 2015. Über diese Plattform können Geschäfte in Renminbi ein- facher, schneller und günstiger abgewickelt werden, und natürlich wird hier ein Konkurrenzsystem zu SWIFT aufgebaut. Anfangs waren an CIPS laut Reu- ters nur 19 Geldhäuser angeschlossen, darunter übrigens auch die Deutsche Bank. Mittlerweile ist das chinesische Netzwerk auf rund 1000 Finanzinstitute und circa 100 Mitgliedernationen herangewachsen. Wie man es also von der Volksrepublik gewohnt ist, macht sie keine halben Sachen und legt Tempo vor. Einen Nachteil hat CIPS aber auf jedem Fall gegenüber dem bis dato domi- nierenden SWIFT-System, wo Transaktionen in allen Währungen abgewickelt werden können: Über CIPS laufen nur Geschäfte in Renminbi. Werden Transak- tionen in Dollar benötigt, ist man also schnell wieder auf SWIFT angewiesen. März 2022 – GELD-MAGAZIN . 15

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