GELD-Magazin, Februar 2022
MATCH Geopolitik: Kriegsgefahr steigt Krisenherde. Noch wird zum Glück nicht scharf geschossen, die Bedrohungsla- ge rund um den Globus verschärft sich aber. So lässt Putin an der Grenze zu Eu- ropa massenhaft Truppen aufziehen, also vor den Toren Europas. Unklare Aus- sagen von Joe Biden machen die Sache nicht gerade besser, er meinte ein „ge- ringfügiges Eindringen“ Russlands in der Ukraine hätte nicht so harte Konse- quenzen wie eine großangelegte Invasion. Nicht das erste seltsame Wording des US-Präsidenten. Aber auch anderenorts steigen die Spannungen. Ein „Dauer- brenner“ sind die Gebietsansprüche Chinas im Südchinesischen Meer, die jetzt zunehmend in den Mittelpunkt rücken. Zehrid Osmani, Leiter für globale und langfristige Aktienstrategien bei Martin Currie, kommentiert: „In der zweiten Jahreshälfte liegt der Fokus auf der voraussichtlichen dritten Amtszeit von Chi- nas Präsident Xi Jinping, die ihm den Weg zu einer noch längeren Amtszeit eb- nen soll. Das könnte ein ausgeprägteres territoriales Streben um Taiwan auslö- sen, was wiederum zu einem Aufflammen der grenzüberschreitenden Span- nungen und einer Zunahme der geopolitischen Risiken führen könnte. All dies preist der Markt bisher nicht ein.“ KESt: AufWiedersehen? „Spekulationsfrist“. Für Aufsehen sorgt Österreichs neuer Finanzminister Magnus Brunner. So dachte er laut über die Wiedereinführung der Behaltefrist für Aktien und Fondsprodukte nach. Somit würde er der Finanzbranche, Industrie und wohl auch nicht weni- gen ÖVP-Wählern entgegenkommen, die sich seit langem für eine Abschaffung der Wertpapier-KESt aussprechen. Pro-Argumente: Investitionen würden entlastet, der Börsestandort Wien gestärkt. Die Be- haltefrist würde außerdem kurzfristige Spekulati- onen weniger attraktiv machen. Auf der anderen Sei- te des politischen Spektrums wird hingegen scharf gegen diese Pläne geschossen. Andreas Stangl, Präsi- dent der Arbeiterkammer Oberösterreich, meint, die „Spekulationsfrist“ wäre ein bis zu 300 Millionen Euro teures und ökonomisch unsinniges Steuer geschenk an die reichsten zehn Prozent der Haus- halte und die Finanzindustrie: „Die Schieflage im Steuersystem wird dadurch noch größer, denn 80 Prozent der Steuereinnahmen kommen ohnehin von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sowie den Konsumentinnen und Konsumenten.“ Man darf auf heiße Diskussionen gespannt sein. Gut gerüstet. Cybergefahren sind 2022 die größte Sorge für Unternehmen weltweit, so das Allianz Risk Barome- ter, das heuer zum elften Mal veröffentlicht wurde. Die Be- drohung durch Ransomware- Angriffe, Datenschutzverlet- zungen oder IT-Ausfälle be- unruhigt viele Firmen noch mehr als Geschäfts- und Lie- ferkettenunterbrechungen (Platz 2), Naturkatastro- phen (3) oder die Covid-19-Pandemie (4). In Öster- reich klettern hinter Cybergefahren (1) und Betriebs- unterbrechungen (2) erstmals Ausfälle bei kritischer Infrastruktur unter die Top-3-Risiken (von Platz 10 auf 3), größter Aufsteiger ist die Sorge vor einem Fachkräftemangel (von Platz 17 auf 8). „Störungen des Betriebes bleiben insgesamt das wichtigste Risi- kothema“, fasst Stefanie Thiem zusammen, sie ist Hauptbevollmächtigte der AGCS (Allianz Global Cor- porate & Specialty). Stefanie Thiem, Hauptbevollmächtigte AGCS Größtes Risiko: Cyberangriffe MATCH DES MONATS Duell der Giganten. Vor dem Ausein- anderdriften der Geldpolitik in den beiden größten Volkswirtschaften der Welt warnt Philippe Waechter, Chef- volkswirt bei Ostrum Asset Manage- ment. Während die Fed damit beginnt, ihre Geldpolitik zu straffen, senkt ihr Gegenstück in China, die PBOC, den Mindestreservesatz und den Zinssatz für einjährige Kredite. Diese Geldpoli- tik zielt darauf ab, die Binnenkonjunk- tur zu stützen, um eine robuste Wachs- tumsrate aufrechtzuerhalten. Die PBOC will die Dynamik Chinas wiederbele- ben, wobei das Risiko einer Abwertung des Renminbi und eines Aufwärts- drucks auf die Rohstoffpreise besteht. Der härtere Ton der Fed hingegen wird den globalen Konjunkturzyklus bela- sten. Der Experte kommentiert: „Die- ser zyklische Gegensatz wird das Jahr 2022 bestimmen und neue Spannun gen und Volatilität bei Währungen und Rohstoffpreisen hervorrufen. Die poli- tische Dimension dieser Konfrontation wird uns in Atem halten.“ VS USA CHINA Februar 2022 – GELD-MAGAZIN . 7
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